Altes Land. Aurora Dinglinger verkauft die Nomaden-Zelte aus der Mongolei in ganz Deutschland. Das wohl schönste steht in ihrem eigenen Garten.
Die Mongolei ist weit weg: Zwischen Hamburg und der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator liegen fast 6500 Kilometer. Reisefreudige Abenteurer und Entdecker träumen sich gern in das Land endloser Steppen, majestätischer Gebirgszüge und der legendären Wüste Gobi. Am besten geht das in den Jurten der Familie Dinglinger im Alten Land.
In Garten der Familie steht nämlich so ein traditionelles Zelt der Nomaden in Zentralasien. Das Beste daran: Die ungewöhnliche Behausung kann für eine Veranstaltung, für nur eine Übernachtung oder einen ganzen Urlaub gemietet werden. Auf der Unterkünfte-Plattform AirBnB ist die Jurte in Hollern-Twielenfleth der absolute Renner.
Jurte bei Hamburg ist der Hit bei AirBnB: Zelt war ein traditionelles Hochzeitsgeschenk
Aurora Dinglinger kommt aus der Mongolei. Sie lernte ihren Mann Volkmar kennen, als der sich beruflich dort aufhielt und sich nicht nur in das Land, sondern auch in seine zukünftige Frau verliebte.
Seit 2009 lebt das Paar im Alten Land. Zur Hochzeit gab es ein großes Geschenk vom Brautvater: eine Jurte. Die Eltern von Aurora Dinglinger brachten das runde Zelt direkt aus der Mongolei zur Feier mit. „So ein Hochzeitsgeschenk ist bei uns üblich, und mein Mann hatte sich schon lange eine Jurte gewünscht“, sagt Aurora Dinglinger.
Jurten werden in der Mongolei in Handarbeit gefertigt
Ihr Vater zeigte seinem Schwiegersohn, wie das traditionelle Zelt aufgebaut wird, wie die einzelnen Scherengitter miteinander verbunden werden: mit Bändern aus Kamelhaut und Seilen aus Kamel-, Ross- und Yakhaar. Diese Tiere gehören zum Leben der Nomaden in Zentralasien. Besonders eins: „Mongolen und Pferde gehören untrennbar zusammen“, sagt Aurora Dinglinger. „Wir sind ein Reitervolk.“
Die Außenhaut der Jurte besteht aus Schafsfilz, der für Dämmung sorgt und besonders gut vor Feuchtigkeit schützt. In der Mitte befinden sich zwei Stürze, verziert mit aufwendigen Schnitzereien. Darüber lässt ein ebenfalls kunstvoll gestalteter Dachkranz Licht ins Zelt, was die bunten Jurtenmöbel zum Leuchten bringt.
Auch die Dekoration kommt aus der Mongolei. „Nur die Matratzen in den Betten stammen aus Deutschland. Unsere Gäste bekamen von den dünnen mongolischen Unterlagen Rückenschmerzen“, sagt Aurora Dinglinger.
Ehepaar verkauft Nomadenzelte und passende Jurtenmöbel
Inzwischen ist auch ihr Mann längst Jurten-Vollprofi und betreut die Käufer, die bei Familie Dinglinger ein originales Nomadenzelt erwerben möchten. Denn das geht auch: Das Ehepaar handelt mit den traditionellen Unterkünften – und die werden nicht etwa im Alten Land nachgebaut, sondern entstehen in der Mongolei in detailreicher Handarbeit.
Auch die handbemalten Holzmöbel, mit denen die Jurte ausgestattet ist, kommen aus dem Heimatland von Aurora Dinglinger. „Unsere familiären Verbindungen ermöglichen uns, authentische mongolische Jurten und Möbelstücke direkt aus der Mongolei zu importieren, wo sie von einheimischen Handwerkern in traditioneller Weise sorgfältig aus Naturmaterialien gefertigt werden“, sagt sie. Die Jurten – auf Mongolisch auch Urguu“ und „Ger“ genannt – seien robust und für den ganzjährigen Aufbau gut geeignet.
AirBnB drehte bereits einen Werbespot in der Jurte
Ihre private Jurte vermieten die Dinglingers schon seit einigen Jahren, seit 2011 über den Online-Vermittler von Ferienwohnungen AirBnB. Der runde Raum hat eine Größe von etwa 24 Quadratmetern, es gibt vier Betten, eine Kommode, einen Tisch und Hocker aus der Mongolei. In einem Ofen kann ein Holzfeuer entzündet werden.
Vor der Jurte stehen europäische Gartenmöbel und ein Grill. Bad und Küche finden sich im Haus der Familie Dinglinger, die dort auch eine weitere „normale“ Ferienwohnung vermietet.
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Doch viele möchten in die Jurte – besonders, seit AirBnB dort einen Werbespot drehte. Nicht selten sind die Gäste im Anschluss so begeistert von der friedlichen, inspirierenden Atmosphäre in der ungewöhnlichen Ferienwohnung, dass sie selbst eine Jurte im Garten haben möchten. Vielfach werden die Zelte aber auch von Gastronomen, Campingplatzbetreibern, Zoos, Schulungseinrichtungen, Therapeuten, Jugendherbergen, Vereinen, Yogalehrern, Kindergärten oder Schulen gekauft.
Gäste loben „einmaliges, positives Ambiente“ im Zelt
Die Jurten gibt es in unterschiedlichen Größen – im Garten der Dinglingers handelt es sich um eine sogenannte fünfwandige Jurte, sie besitzt einen Durchmesser von 5,5 Metern. Es können aber auch kleinere und deutlich größere Jurten erworben werden. Die Verkaufspreise beginnen bei 3000 Euro.
„Die Jurten eignen sich mit ihrem einmaligen, positiven Ambiente für ganz unterschiedliche Einsatzfelder“, sagt Aurora Dinglinger. „Sie können ein persönliches Refugium sein, ein Rückzugsort oder Treffpunkt für die Familie und Freunde. Viele Käufer nutzen sie auch als flexibles Gästezimmer, Seminarraum, Meditationsstätte oder therapeutischen Praxisraum.“ In ihrer eigenen Jurte haben auch schon Firmenevents und kulturelle Veranstaltungen stattgefunden.
Wer möchte, kann viel über das Nomadenleben erfahren
Wenn die Gäste es möchten, erzählt die Mongolin, welch große Bedeutung die Nomadenzelte in ihrer Heimat haben. Dass selbst in der Hauptstadt noch die Hälfte aller Menschen in den traditionellen Zelten lebt. Und dass es viele Regeln gibt, die die Bewohner in der Mongolei beachten müssen.
So steht das Dach einer Jurte für den Himmel. Der schmale Sonnenstrahl, der durch die Rauchöffnung in die Behausung fällt, bewegt sich im Uhrzeigersinn und zeigt den Bewohnern die Uhrzeit an. „Um das Gleichgewicht nicht zu stören, sollten sich die Bewohner nur im Uhrzeigersinn durch die Jurte bewegen“, berichtet Aurora Dinglinger.
Eine Jurte als Ferienwohnung bei Hamburg: Diese Regeln gelten in der Mongolei
Auch werde eine Jurte immer mit dem rechten Fuß zuerst betreten und ohne die Türschwelle zu berühren oder in der Tür zu verweilen. „Das könnte die Jurtengeister verärgern“, sagt die Gastgeberin. Die rechte Seite einer Jurte gelte als die männliche Seite, die linke als die weibliche.
Der Ofen befindet sich immer in der Mitte – dem heiligsten Platz, weshalb die Bewohner der Jurte ihre Füße nie dem Jurtenfeuer entgegenstrecken sollten. „Viele der Regeln bestehen auch heute noch und werden in der Mongolei stets eingehalten. Hier sehen wir das natürlich nicht so eng“, sagt Aurora Dinglinger.
Bei ihr dürfen sich die Gäste entspannen, nach einem Ausflug im Alten Land am Feuer wärmen oder einfach nur auf dem Bett liegen, sich unter die Kamelhaardecke aus der Mongolei kuscheln und ein Buch lesen. Dafür gibt es hier noch eine passende Empfehlung: „Dshamilja“ von Tschingis Aitmatow - ein Buch, das vom Leben der Nomaden in Zentralasien erzählt. Für manche Leser ist dies die schönste Liebesgeschichte der Welt.