Buxtehude. Jurten-Module mit viel Holz stehen auf demontierbaren Pfeilern. Naturerlebnis gehört zum Konzept der ungewöhnlichen Kita.
Am Anfang stand eigentlich die Suche nach einer provisorischen Zwischenlösung: Weil in der Buxtehuder Ortschaft Hedendorf dringend eine größere Kita gebaut muss, suchte die städtische Verwaltung zunächst nach mobilen Möglichkeiten, um Kinder während der Bauzeit unterbringen zu können. „Wir haben da großen Handlungsdruck“, sagt Andrea Lange-Reichardt, Leiterin der Fachgruppe Jugend und Familie.
Bei der Recherche stieß ihr Team dann auf das Kita-Konzept der süddeutschen Firma LivingCircles GmbH, das die pädagogische Idee der meist eher kleinen Waldkindergärten mit den üblichen festen Kindergarten-Gebäuden kombiniert: Das Ergebnis ist ein „Naturkindergarten“, der aus verschiedenen Modulen, die an Jurten, also an Rundzelte von Nomaden, erinnern und zu wesentlichen Teilen aus Holz bestehen. Sie stehen nicht auf einem festen Betonfundament, sondern auf 60 Zentimeter hohen Holzpfählen und könnten auch demontiert und verlagert werden. „Wir waren von dem Konzept begeistert“, so Lange-Reichardt.
Neue Jurten-Kita am Waldrand ist für 100 Kinder geplant
Die Begeisterung war am Ende so groß, dass jetzt nach diesem Prinzip auf dem früheren Waldsportplatz in unmittelbarer Nähe der bisherigen Kita ein komplett neuer, vierzügiger Kindergarten für 100 Kinder dauerhaft entstehen soll, der den alten ersetzen wird. Die Kita-Jurten werden später von drei Seiten vom dortigen Neukloster Forst umsäumt sein, zusätzlich zum 4000 Quadratmeter großen Gelände sollen auch 1000 Quadratmeter Wald vom Forstamt dazu gepachtet werden. Von LivingCircles und dem örtlichen Büro „Architekten Horneburg“ gibt es für das Vorhaben bereits einen Vorentwurf. Mit rund 6,4 Millionen Euro wird der Bau kalkuliert. „Das ist vergleichbar mit üblichen Kita-Kosten“, sagt Lange-Reichardt.
Der Verwaltungsausschuss des Stadtrates hat inzwischen diesem Entwurf einstimmig bei drei Enthaltungen zugestimmt und die Verwaltung beauftragt, eine Ausschreibung vorzubereiten.
Damit dürfte Buxtehude dann im Norden ziemliches Neuland betreten, zumindest ist ein solcher Naturkindergarten in Niedersachsen bisher einmalig, wie Lange-Reichardt sagt. Die Stadt musste daher der zuständigen Landesbehörde das Konzept vorstellen, bekam jetzt aber schriftlich die grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit. Verwaltung und örtliche Kita-Leitung haben zudem für das ungewöhnliche Jurten-Ensemble ein eigenes pädagogisches Konzept erarbeitet. „Die Kindertagesstätte als Bestandteil der Natur ermöglicht den Kindern eine andere Wahrnehmung ihrer Umwelt und fördert ihre natürliche Wertschätzung“, heißt es darin. Einen üblichen Spielplatz im Außenbereich werde es beispielsweise dort nicht geben, sagt Lange-Reichardt. Wald und Kita-Garten böten genug Anregungen. Hoch- und Gemüsebeet sind dort geplant, genauso wie „kleine Inseln“ für Tiere wie zum Beispiel Eidechsen.
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Die Kinder würden auch deutlich mehr Zeit außerhalb der Gebäude verbringen als in üblichen Kitas. So wird der Mehrzweckraum nur über Stege oder Wege durch den Garten zu erreichen sein. Ein Regenschauer auf dem Weg zum gemeinsamen Essen gilt im Naturkindergarten nicht als Problem, sondern als Herausforderung, heißt es in einer Beschreibung.
Große Fenster und Glaskuppel bieten Blick auf Wald
Pädagogik und Bauweise sollen sich dabei ergänzen: Die Gebäudestruktur passe sich durch ihre Materialien an die Umgebung an und die Architektur werde auf das Naturerlebnis ausgerichtet sein, heißt es weiter in der Beschreibung des Projekts. Geplant sind vier jeweils 50 Quadratmeter große Jurten, die als Gruppenräume dienen. Hinzu kommt eine Mehrzweck-Jurte, wo auch gemeinsam das Mittagessen eingenommen werden soll. Nebenräume wie Toiletten, Küche oder Personalzimmer werden als 20-Quadratmeter-Module an die Jurten angedockt. Große Fensterfronten und eine Glaskuppel bieten dabei direkten Blick auf Wald und Himmel.
Ungewöhnliche Wege in der Kita-Planung beschreitet Buxtehude unterdessen nicht nur mit diesem großen Wald-Kindergarten. Auch an anderer Stelle braucht die Stadt neue Kita-Plätze. In Buxtehude-Neuland wurde dazu kürzlich ein altes Bauernhaus gekauft, das jetzt saniert und umgebaut werden soll. Und auch dafür plant das Team Lange-Reichardt ein spezielles und zum Bau passendes Angebot: Diesmal eines, bei dem Tiere wie Hunde als „tiergestützte Pädagogik“ zum Konzept gehören.