Abendblatt-Redakteur Joachim Mischke sah Quentin Tarrantinos Kriegsfilm „Inglourious Basterds“ vorab und ist von Christoph Waltz in der Rolle des sprachbegabten SS-Oberst begeistert.

Hamburg. „Jeder Soldat unter meinem Kommando schuldet mir 100 Nazi-Skalps! Und ich will meine Nazi-Skalps!“ Schöner Satz, das. Brad Pitt als Aldo der Apache, Chef einer jüdischen Killer-Einheit der US-Army im Zweiten Weltkrieg, ist ein beinharter Hund, cool gespielt und mit Spaß am blutigen Drecksjob. Doch was der Österreicher Christoph Waltz in Quentin Tarrantinos Pulp-Kriegsfilm „Inglourious Basterds“ als sprachbegabter SS-Oberst Hans Landa an raffinierter Hinterhältigkeit serviert, hat so ziemlich jeden Filmpreis der Welt verdient. In Cannes wurde er dafür bereits ausgezeichnet; an einen Oscar, so verriet er gerade in einem Interview, denkt er noch nicht. Muss er auch nicht. Das werden ganz bestimmt andere erledigen.

Mit weit über zwei Stunden Lauftzeit hat Tarantino wieder einmal bewiesen, dass er sich kaum bremsen kann beim Fabulieren. Das muss man mögen. „Basterds“ ist – zumindest in der Vorab-Version für Journalisten - zu lang an einigen Stellen, viel zu kurz an anderen – denen mit Waltz nämlich, an dessen Gemeinheiten man sich nicht satt sehen kann. Wie der Mann ein Glas Milch trinkt und von jovial auf todbringend umschaltet, ist ganz großes Tennis. Mag sein, dass sich die Proportionen noch bis zur finalen Kino-Version ändern, und garantiert wird irgendwann ohnehin ein „Director’s Cut“ mit Extra-Überlänge auftauchen.

Worum es geht? Um die „Basterds“, die Jagd auf Nazis im besetzten Frankreich machen sollen, aber auch um einen wahnwitzigen Plan, so ziemlich die gesamte Führung des Dritten Reichs auf einen Schlag ins Jenseits zu bomben.

Ein Western mit NS-Uniformen ist daraus geworden, aber natürlich auch eine Liebeserklärung ans räudige B-Kino und seine überdrehten Stories, mit langer, ruhiger Hand erzählt. Es gibt epische Kammerspiel-Szenen voller großartiger Schauspieler, in die dann – unvermittelt und jeweils nur einige Sekunden lang – eine satte Dosis hübsch inszenierter Brachial-Gewalt hineingrätscht und klassisch tarantinoeske Splattter-Ballette bietet. „Inglourious Basterds“ ist alles Mögliche – nur nicht in eine Schublade pressbar.

Nach dem enormen Wind, den einige der deutschen Tarantino-Schauspieler in den letzten Monaten mal mehr, mal weniger penetrant um sich gemacht haben, ist es schon hübsch, wenn man jetzt sehen kann, wie wenig Konkretes von ihnen im Film auftaucht. Til Schweiger will als Gestapo-Meuchler Hugo Stieglitz ums Verrecken wie John Wayne mit Saulaune rüberkommen und bleibt doch nur Abziehbild, Gereon Burkhards Part wird auch durch die tiefer gelegte Stimme nicht besser. Christian Berkel läuft gerade mal unter ferner liefen durch Bild und Plot. Dafür beweisen August Diehl und Daniel Brühl wieder einmal ihre Qualitäten. Wahnwitzig toll: Martin Wuttke, der jahrelang als Arturo Ui am Theater für diesen Part üben konnte, als Operetten-Hitler und Sylvester Groth, wieder mal, als Bilderbuch-Goebbels.

Man kann „Basterds“, fernab der eigentlichen Story, als Liebeserklärung an gute Schauspieler sehen. Man kann die Handschrift des Kino-Junkies Tarantino wiedererkennen. Ein Kriegsfilm wie so viele ist er jedenfalls nicht. Da von ist er meilenweit. Und jeden Fall aber sollte man sich diesen Film im Originalton ansehen – Waltz’ virtuoses Sprachtalent und Pitts Hillbillie-Geknödel vertragen keine einebnende Synchronisation.

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