Im Film “Inglorious Basterds“, der an der Croisette Premiere feiert, lässt der US-Regisseur (“Pulp Fiction“) Hitler und Goebbels früher als historisch belegt umkommen - und das ausgerechnet bei der Premiere eines NS-Propagandafilms.

Cannes. Stauffenberg und die Geschwister Scholl sind gescheitert, aber Quentin Tarantino schafft es: Der amerikanische Kultregisseur beendet das Nazi-Regime. Er lockt Adolf Hitler, Joseph Goebbels und Martin Bormann zur Premiere eines Propagandafilms in einem Pariser Lichtspielhaus in eine Falle. Die NS-Größen sterben im Inferno aus brennendem Zelluloid und Maschinenpistolen-Salven. Mit seinem Film „Inglourious Basterds“ habe er sich einen lange gehegten Traum erfüllt, sagte Tarantino am Mittwoch beim Filmfestival in Cannes: „Die Macht des Kinos besiegt das Dritte Reich.“

Doch mit der Größe von Tarantinos Vision kann der Film nicht ganz mithalten. „Inglourious Basterds“ ist eine unterhaltsame Nazi-Widerstands-Farce, die großartig im Stil eines Italo-Westerns beginnt, in der Mitte trotz vieler Bluttaten etwas durchhängt und sich zu ihrem Action-Finale nach zweieinhalb Stunden noch einmal richtig ins Zeug legt. Verglichen mit dem Enthusiasmus nach der Uraufführung von „Pulp Fiction“, der seinem Regisseur vor 15 Jahren die Goldene Palme in Cannes gebracht hat, waren die Reaktionen nach der Pressevorführung am Mittwochmorgen eher gelassen.

Ermöglicht wurde das Ende Hitlers in der Tarantino-Version auch mit deutscher Unterstützung: Etliche deutschsprachige Schauspieler - Christoph Waltz als faszinierend fieser SS-Mann, Diane Kruger, Daniel Brühl, August Diehl, Til Schweiger, Martin Wuttke und Sylvester Groth - beherrschen neben Brad Pitt die Leinwand. Tarantinos Kollege Tom Tykwer hat ihre Dialoge ins Deutsche übersetzt. Die Dreharbeiten fanden überwiegend im Studio Babelsberg statt, und aus dem Deutschen Filmförderfonds flossen 6,8 Millionen Euro in die insgesamt 48 Millionen Euro teure Produktion.

„Basterds“ hat zwei Handlungsstränge: Da ist ein Trupp amerikanisch-jüdischer Soldaten, geführt von Brad Pitt, die mit dem einzigen Ziel agieren, Nazis zu töten und deren Skalps zu sammeln. Auf der anderen Seite steht ein junger deutscher „Kriegsheld“ (Daniel Brühl) im besetzten Paris, der sich in eine hübsche Kinobesitzerin verliebt. Ein Propagandafilm über seine Großtaten soll in ihrem Kino Premiere haben. Keiner der Nazigrößen ahnt, dass die junge Frau Jüdin ist und ihre Familie getötet wurde. Sowohl die Soldaten-„Basterds“ als auch die Frau mit dem Kino planen für den Premierenabend das große Attentat.

Zusammengehalten wird diese fiktive Konstruktion durch die Leistung von Christoph Waltz als SS-Oberst Hans Landa. Landa ist ein höchst gefährlicher Mann mit perfekten Manieren. Er weiß alles, erfährt alles und scheint von einer tiefen Freude über seine eigene Genialität erfüllt zu sein. Waltz (52) verleiht dieser Rolle in Deutsch, Englisch und Französisch Charisma und lauernde Poesie – und empfiehlt sich mit seiner ersten großen internationalen Kinorolle gleich als Anwärter für einen Darstellerpreis an diesem Sonntag.

„Ohne Christoph hätte ich den Film nicht machen können“, sagte Oscar-Preisträger Tarantino. Er sei kurz davor gewesen, das ganze Projekt abzublasen. Aber dann sei Waltz aufgetaucht, „und ich wusste: Wir machen den Film“, schwärmte Tarantino von dem Grimme-Preisträger, der in Österreich geboren ist und heute in London lebt.

Ist „Inglourious Basterds“ ein Märchen, eine Satire oder ein Fantasy-Film? Für Tarantino, den erklärten Fan des Genre-Kinos, sind „alle Aspekte“ dabei. Hauptsache sei gewesen, dass seine Figuren „das Ende des Zweiten Weltkriegs verändern“. Der amerikanische Schauspieler Eli Roth brachte die Geschichte in Cannes ganz persönlich auf den Punkt: „Für mich als Jude ist das so etwas wie ein koscherer Porno“, sagte er, „etwas, wovon ich schon immer geträumt habe.“