Die Filmemacher, die dieses Jahr zum cineastischen Schaulaufen an die Côte d'Azur reisen, stehen für eines definitiv nicht: leichte Kost. Der Schwerpunkt des 62. Cannes-Festivals widmet sich dem europäischen Autorenfilm. Vielleicht läuft deshalb als Gegenpol zur Eröffnung der Disney-Animationsfilm “Up“. Bilder zu Quentin Tarantino.
Paris. Das 62. Filmfestival von Cannes legt in diesem Jahr einen deutlichen Schwerpunkt auf den europäischen Autorenfilm. Für Deutschland geht der in München geborene Österreicher Michael Haneke mit seinem Werk "Das weiße Band - Eine deutsche Kindergeschichte" in den Wettbewerb um die Goldene Palme. Das teilte das Festival in Paris mit.
Unter den insgesamt 20 Wettbewerbsregisseuren sind unter anderem der Däne Lars von Trier, Pedro Almodóvar aus Spanien, Quentin Tarantino und Ang Lee aus den USA, der Brite Ken Loach und die Neuseeländerin Jane Campion.
Das Festival beginnt am 13. Mai mit dem Disney-Animationsfilm "Oben" ("Up"). Es ist das erste Mal, dass das berühmte Festival mit einem 3-D-Zeichentrickfilm beginnt.
Die Jury unter dem Vorsitz der französischen Schauspielerin Isabelle Huppert vergibt die renommierten Preise am 24. Mai. Insgesamt wurden nach Angaben des Festivals für die diesjährige Auswahl 1670 Spielfilme aus 120 Ländern eingereicht.
Frankreich ist stark vertreten und geht gleich mit vier Filmen in den Wettkampf um die Goldene Palme. Neben Jacques Audiards "Un prophète", Xavier Giannolis "A l'Origine" und Gaspar Noes "Soudain le vide" ist auch der bekannte Filmemacher Alain Resnais mit "Les herbes folles" vertreten. Sein Werk "Hiroshima, meine Liebe" war 1959 für eine Goldene Palme nominiert.
Der spanische Kultregisseur Almodóvar tritt mit "Los abrazos rotos" für Spanien an, ebenso Isabel Coixet mit "Map of the sounds of Tokyo", die zu den wenigen Frauen im Wettbewerb gehört. Lars von Trier, mit "Dancer In The Dark" Palmen-Gewinner von 2000, stellt "Antichrist" vor, der auf der Theorie basiert, dass nicht Gott, sondern Satan die Welt erschaffen hat.
Länder wie Korea, Rumänien und die Philippinen sind vor allem in den Nebenreihen wie "Un certain regard" zu sehen. "Diese Länder gehören zu den aufsteigenden Filmländern", sagte Programmchef Thierry Fremaux. Ganz junge Talente gibt es in der Offiziellen Auswahl dieses Jahr kaum zu entdecken. "Das will jedoch nicht heißen, dass das junge Kino tot ist", meinte Fremaux weiter.
Den einzigen deutschen Wettbewerbsbeitrag "Das weiße Band" hat der 67-jährige Haneke in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen gedreht. Er erzählt die Geschichte eines Schul- und Kirchenchores in einem kleinen Dorf, in dem sich in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg seltsame Unfälle und rituelle Bestrafungen häufen. In den Hauptrollen spielen unter anderem Ulrich Tukur, Burghart Klaußner und Susanne Lothar. Der Film soll Ende des Jahres in die deutschen Kinos kommen.
Wie die meisten anderen Regisseure, die in diesem Jahr geladen wurden, ist Haneke fast schon ein Stammgast des bedeutendsten Filmfestivals der Welt an der Côte d'Azur. Für sein Drama "Cache" erhielt er 2005 den Regiepreis, für "Die Klavierspielerin" 2001 den Großen Preis der Jury.