Hamburg. U30-Klassikfans könnte die neueste Rechnung aus der Elbphilharmonie erschreckt haben. Wieso sie jetzt deutlich mehr zahlen sollen.

Junge Klassikbegeisterte in Hamburg dürften dieser Tage ganz schön zusammenzucken beim Öffnen der Post. Denn die Elbphilharmonie verschickt wieder Briefe an Abo-Kundinnen und -Kunden, mit denen sie einerseits über Konzerte der kommenden Saison informiert und andererseits das Geld für die Weiterführung des Abos einfordert. Die beiliegende Rechnung hält für viele unter 30-Jährige einen ziemlichen Schreck bereit. Das Jugendabo hat sich nämlich massiv verteuert.

Statt einen Festpreis, wie in den vergangenen Jahren, sollen die jungen Menschen für ihre Konzerte nun anteilig bezahlen. Deshalb müssen sie in den meisten Fällen mehr Geld für das Abo hinblättern als zuvor. Je nach Platzlage kann sich der Preis deftig vervielfachen, für das „Abo 2“ beispielsweise von vormals 60 auf künftig mehr als 230 Euro. Das ist knapp das Vierfache – und dürfte der U30-Kundschaft ordentlich aufs Budget schlagen. Ob sie jetzt reihenweise kündigt?

podcast-image

Elbphilharmonie hebt Preise: Junge Kundschaft zahlt teils Vielfaches

Egal ob rauschendes Orchesterwerk, Orgel pur oder Kammermusik: Wer Elbphilharmonie und Laeiszhalle mit einem der mehr als 20 äußerst unterschiedlichen Abos besucht, spart mindestens 20 Prozent im Vergleich zum Einzelkartenkauf. Obendrauf gibt es zehn Prozent Rabatt beim Kauf vieler weiterer Tickets. Ganz besonders lukrativ ist so ein Abonnement, das meist vier oder fünf Konzerte umfasst, jedoch für junge Menschen unter 30 Jahren. Die erhalten in Zukunft noch einmal 50 Prozent Rabatt auf den regulären Abopreis. Schließlich gilt es, schon jetzt junge Hamburgerinnen und Hamburger anzufüttern, damit das Konzerthaus auch in einigen Jahren noch volle Ränge verzeichnet.

50 Prozent Ersparnis – das klingt besser, als es so mancher junge Klassikfan dieser Tage findet. Denn in der aktuellen Saison 2023/24 zahlte die U30-Kundschaft je nach Abo einen Festpreis zwischen 36 und 84 Euro. Dieser Festpreis galt für alle Plätze, von den oberen Rängen bis ins Parkett, und der jeweilige Sitzplatz wurde den Kundinnen und Kunden zufällig zugeteilt. Wer aufgrund einer glücklichen Fügung also einen besonders tollen Platz ergattert hatte, soll mit dem neuen Preissystem auch besonders viel zahlen und wird sich überlegen müssen, ob das Abo noch erschwinglich ist.

Konzerthaus kann die Jugendpreise „nicht mehr rechtfertigen“

Da die U30-Klassikfans nun anteilig zahlen sollen, vergrößert sich die Preisspanne extrem: ein Jugend-Abo ist für 20 bis 280 Euro zu haben. Wer klassische Konzerte im Großen Saal der Elbphilharmonie besuchen möchte, den kommt das Abo aber in fast jedem Fall teurer zu stehen als bisher – auch mit einem eher schlechten Platz in den oberen Rängen.

Der imposante Große Saal der Elbphilharmonie, hier bei einem Konzert der tschechischen Philharmoniker im März 2024
Der imposante Große Saal der Elbphilharmonie, hier bei einem Konzert der tschechischen Philharmoniker im März 2024 © Petr Kadlec | Petr Kadlec

Zugegeben: Die Preise, die junge Menschen bislang für ein Abo zahlten, waren quasi unverschämt günstig. Deshalb sei es an der Zeit gewesen, die Preissystematik anzupassen, sagt Martin Andris, Sprecher des Konzerthauses: „Die bisherige Preissystematik stammt noch aus der Zeit vor der Eröffnung der Elbphilharmonie, und seitdem wurden die Preise kaum angehoben.“ Weil auch Elbphilharmonie und Laeiszhalle mit „allgemeinen Kostensteigerungen“ konfrontiert seien, könnten die Häuser „diese erheblichen Vergünstigungen von bis zu 90 Prozent für langfristig gebuchte Konzerte nicht mehr rechtfertigen. Der Schritt war eigentlich überfällig.“

Elbphilharmonie hat bislang fast keine Beschwerden

Erstaunlich ist, dass die Elbphilharmonie Andris zufolge bislang fast keine Beschwerden von den Abo-Inhaberinnen und -Inhabern erreicht haben. Auch zeichne sich keine Kündigungswelle ab. Bereits im März hatte das Konzerthaus die Abo-Kundschaft per E-Mail über das neue Preissystem informiert. Sollten die U30-Abonnentinnen und -Abonnenten unzufrieden sein, lohne sich ein Anruf bei der Elbphilharmonie: „Das Abo-Team ist denjenigen, denen die Preise jetzt zu hoch sind, gerne dabei behilflich, Abo-Plätze in einer günstigeren Kategorie zu finden“, sagt Andris.

Kritiken aus der Elbphilharmonie

Spartipp: Elbphilharmonie für 12 Euro besuchen

Für alle jungen Menschen, denen das Abo nun zu teuer ist, hat die Elbphilharmonie ein weiteres Sparangebot in petto: das REDticket. Es kostet zwölf Euro und ist in den 14 Tagen vor dem Konzert zu haben – sofern die Veranstaltung nicht bereits ausverkauft ist. Das REDticket lässt sich online, telefonisch, an den Konzertkassen sowie spontan an der Abendkasse erwerben. „Man kann als junger Mensch immer noch sehr günstig in die Elbphilharmonie kommen“, so Andris.

Und die Chancen dafür stünden gar nicht allzu schlecht. Denn auch wenn sich das Gerücht wacker halte: Anders als vor wenigen Jahren seien Elbphilharmonie-Tickets heute nicht mehr wie Goldstaub. „Wir sind inzwischen nicht mehr viele Monate im Voraus ausverkauft. Für uns ist es eigentlich die Idealsituation, wenn die letzten Tickets an der Abendkasse verkauft werden. Dadurch verändert sich auch das Publikum.“

Publikum wird jünger, auch dank Rabatten

Derzeit zählt das Konzerthaus 13.858 Abo-Kundinnen und -Kunden, davon nutzen 765 Menschen das Jugendabo. Das sind deutlich mehr als noch vor einigen Jahren: In der Saison 2016/17, während der die Elbphilharmonie in ihrer heutigen Form eröffnete, besaßen gerade einmal 137 Menschen ein Jugendabo.

Dass das Publikum jünger wird, begrüßt Andris. Unter 30-Jährige anzuziehen sei schließlich das Ziel der vergünstigten Angebote: „Es ist ohnehin unser Anspruch, ein Haus für alle zu sein. Und natürlich liegt es uns besonders am Herzen, dass junge Leute mit uns in Kontakt kommen – und zwar möglichst niedrigschwellig.“ Künftig lässt man sich das aber etwas weniger kosten.

Mehr zum Thema

Elbphilharmonie Abos für die kommende Saison in 22 Varianten

Die Abos der Elbphilharmonie gibt es selbstverständlich nicht nur für unter 30-Jährige, sondern für alle Klassikfans. In der kommenden Saison 2024/25 bietet das Konzerthaus 22 verschiedene Varianten an. Je nach Abo und Sitzplatz bewegen sich die regulären Preise zwischen 40 und 560 Euro. Am besten verkauften sich in den vergangenen Jahren das Einsteiger-Abo für Konzertneulinge und das Abenteurer-Abo mit speziellem Programm für Kenner, erzählt Andris. Ein weiterer Dauerbrenner sei das Abo „Jazz at the Phil“.

Den Besucherinnen und Besuchern kämen die kuratierten Angebote gelegen, weil sie helfen würden, „eine Schneise durch das riesige Programm zu schlagen“, so der Sprecher. Das Konzerthaus profitiert wiederum von Planungssicherheit, da dank der Abos viele Tickets schon früh verkauft seien. Die Abo- und REDticket-Rabatte gelten grundsätzlich nur für Veranstaltungen der HamburgMusik gGmbH. Inwiefern weitere Konzerte in Elbphilharmonie und Laeiszhalle vergünstigt zu haben sind, entscheiden die jeweiligen Anbieter.