Hamburg. Einer der größten Arbeitgeber wird zum Zankapfel der Politik. Es geht um leere Betten am UKE, Gehälter und „Halteprämien“ für Mitarbeiter.
- Uni-Klinik in Eppendorf macht Verluste, die von Hamburg ausgeglichen werden
- Opposition in der Bürgerschaft beklagt unlautere „Halteprämien“ am UKE
- Sind andere Hamburger Krankenhäuser benachteiligt?
Drei Monate vor der Hamburger Bürgerschaftswahl 2025 hat die CDU-Opposition eine prominente Schwachstelle in der Senatspolitik ausgemacht. Mit zahlreichen parlamentarischen Anfragen will sie klären, wie es zum anhaltenden Millionen-Defizit am Universitätsklinikum Eppendorf kommt und warum sich die finanzielle Lage des UKE auf absehbare Zeit vermutlich nicht gravierend ändert.
Den Christdemokraten ist nicht nur ein mutmaßlich fehlender Wille zur Wirtschaftlichkeit ein Dorn im Auge. Nur vermeintlich das UKE im Visier, zielen sie doch vornehmlich auf die Verantwortlichen bei Rot-Grün, die Koalitionsschwergewichte Andreas Dressel (Senator für Finanzen, SPD) und Katharina Fegebank (Wissenschaft, Grüne).
UKE wird Teil des Hamburger Bürgerschaftswahlkampfs 2025
Im UKE stöhnt man nach Abendblatt-Informationen bereits über das Bombardement an Anfragen, die die Eppendorfer aufwendig in kurzer Zeit für den Senat beantworten müssen. Da geht es um Patientenzahlen, leere Betten, Bauverzögerungen, Parkplätze, Zulagen bei Gehältern und die Jahres-Prämien für den Ärztlichen Direktor oder die kaufmännisch Verantwortlichen. Die beiden wunden Punkte lauten: Wer zahlt das alles am Ende? Und hört dieses Minus nie auf?
Die wissenschaftspolitische Sprecherin der CDU in der Bürgerschaft, Anke Frieling, hat den Verdacht, dass der Senat in dem Wust aus Finanzströmen rund um das UKE einiges verschleiere. In ihrer jüngsten Anfrage, die dem Abendblatt mit der Senatsantwort vorliegt, schreibt Frieling: Das UKE sei in Schieflage geraten – mit „absehbaren Folgen für die Reputation, die Patientenversorgung und die Attraktivität als Arbeitgeber“.
Taskforce soll Millionen-Minus beim UKE vermindern
Zuletzt hatte der Senat beteuert, sogar eine Taskforce eingesetzt zu haben, um die Situation in Eppendorf besser zu steuern. Frieling: „Die Freie und Hansestadt Hamburg weitet damit die Subventionierung des defizitären UKE jedes Jahr stärker aus, ohne dass Erfolge von Restrukturierungs- und Konsolidierungsmaßnahmen bekannt werden. Eine transparente Darstellung der Situation durch die zuständige Senatorin erfolgt nicht.“
Mit Frieling hat es Fegebank nicht leicht. Die Christdemokratin hat aus dem katastrophalen Hochschulbau rund um die Universität Hamburg mit Kostenexplosionen und peinlichen Bauverzögerungen am Haus der Erde, den quälenden Sanierungen und der entglittenen Situation um die Uni-Bibliothek (Stabi) jetzt weitere Asse im Ärmel. Denn das UKE leidet mehrfach: Als Uni-Einrichtung muss es kostenintensive Forschung und den Studentenbetrieb aufrechterhalten. Nach dem Ukraine-Feldzug Wladimir Putins stiegen die Energiepreise in astronomische Höhen, Strom und Heizung trieben die Ausgaben.
Krankenhausreform: Eigentlich müsste das UKE profitieren ...
Jetzt verzögerten und verteuerten sich auch Prestigeprojekte wie das neue Herzzentrum, ohne dass ein Euro eingespielt wurde. Schließlich sorgte schon die Covid-19-Pandemie dafür, dass die Patienten für Wahl-Operationen wegblieben. Die Corona-Hilfen und Bundesmittel sind bereits weggefallen. Kaum kamen die Patienten zurück, stiegen die Gehälter von Ärzten und Pflegekräften – und demnächst wieder.
Als „Maximalversorger“ müsste das UKE mit seinen rund 15.300 Mitarbeitern eigentlich von der Karl Lauterbachschen Krankenhausreform profitieren. Häuser wie das in Eppendorf können ihre Spezialisierung unter Beweis stellen und nicht nur nach Zahl der Fälle abrechnen. Sie erhalten künftig „Vorhaltepauschalen“, also Gelder dafür, dass sie Ärzte, Pflegekräfte und Hightech bereithalten. Ob und wie und wann das UKE tatsächlich profitiert, kann es in der Antwort auf die CDU-Anfrage nicht sagen.
„Endlose Gesprächsrunden“ und „Finanzierungslücke“ am UKE
Immerhin: Zuletzt hatte das Abendblatt berichtet, das Defizit liege 2024 bei rund 60 Millionen Euro, 2025 könnten es 120 Millionen Euro sein. Nun heißt es: „Das UKE geht in seinen gegenwärtigen Prognosen für das Jahr 2025 von einem geringeren Defizit im zweistelligen Millionenbereich aus, unter anderem aufgrund positiver sogenannter periodenfremder bzw. Einmal-Effekte.“ Jedoch unterlägen ja alle Prognosen „hohen Unsicherheiten bezüglich der zukünftigen Rahmenbedingungen“.
CDU-Frau Frieling ist das zu wischi-waschi. Sie sagte dem Abendblatt: „Auch die aktuelle Anfrage zu den Defiziten des UKE lässt viele Fragen unbeantwortet. Insbesondere bleibt unklar, wie im UKE an der Finanzierungslücke gearbeitet wird. Wir fordern Senatorin Fegebank erneut auf, Defizite des UKE nicht einfach immer wieder mit zusätzlichen Steuergeldern der Stadt Hamburg zu kompensieren, sondern sich ernsthaft mit einer nachhaltigen Finanzierung zu beschäftigen.“ Aus Arbeitskreisen und „endlosen Gesprächsrunden“ müssten handfeste Maßnahmen „für eine gute Zukunft des UKE erfolgen“.
Asklepios, Albertinen und Marienkrankenhaus schauen neidisch auf Gehaltszulagen am UKE
Bei aller Eppendorferisierung hat auch die CDU die ganze Krankenhausstadt im Blick. Sie argwöhnt, dass sich das UKE bei der Fachkräftesuche unlauterer Mittel bedienen könnte. Das würde dem öffentlichen Haus (mit Steuermitteln) einen Vorteil gegenüber Asklepios oder den freigemeinnützigen Kliniken wie Albertinen oder Marienkrankenhaus verschaffen.
Schon in einer früheren Anfrage aus diesem Jahr wollte die Oppositionsfraktion wissen, ob und welche „Halteprämien“ das Haus treuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zahlt, auch „Bindungszulage“ genannt. Und es ging um die „Stufenvorweggewährung“. Das ist eine Zulage auf den Tarif, die neue oder bereits beschäftigte UKE-Mitarbeiter erhalten können. Man wird also bis zu drei Stufen höher eingruppiert als vorgesehen.
Zu diesem „Stufen-Plus“ schreibt der Senat: Der Tarifvertrag sehe das unter anderem zur Bindung des Personals „ausdrücklich vor“. Dabei könne man nicht sagen, was diese Halteprämie das UKE koste, denn sie gehe „im Grundentgelt auf“. Die Boni würden über das Pflegebudget finanziert, also das, was die Krankenkassen zahlen. Sie belasteten nicht das Jahresergebnis des UKE.
Halteprämien für langjährige Mitarbeiter wieder gestrichen?
In der neuen Frieling-Anfrage heißt es jetzt: 2022 sei zusätzlich eine „Bindungszulage“ angekündigt worden für Pflegekräfte und Personal in „Funktionsdiensten“, die mindestens drei Jahre dabei sind (100 Euro monatlich) oder eine Fachweiterbildung haben (350 Euro im Monat). Offenbar waren dem UKE diese weiteren Prämien zu viel. In der Senatsantwort auf die parlamentarische Anfrage heißt es nun: „Das Konzept der in der Frage angesprochenen Bindungszulagen wird vom UKE derzeit nicht weiterverfolgt. Etwaige Zulagen aus der vorübergehend praktizierten Gewährung entsprechender Zulagen werden als Besitzstand weitergeführt. Neu eingestellten Beschäftigten werden Bindungszulagen nicht mehr gewährt.“
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Das klingt nach Kostenbewusstsein. Seit Jahren wird in Hamburger Krankenhaus- und Krankenkassenkreisen in guter Pfeffersack-Tradition über „die Eppendorfer“ und ihr „spezielles“ Verhältnis zum Kaufmännischen getuschelt. Das Vorrücken von Prof. Christian Gerloff an die Vorstandsspitze des UKE wurde da und dort mit großer Erleichterung quittiert.