Hamburg. Gesundheitssenatorin Schlotzhauer im Abendblatt: Was jetzt passieren muss. Krankenhausreform ruft in Hamburg gemischte Reaktionen hervor.
- Die Krankenhausreform von Karl Lauterbach wurde im Bundesrat knapp durchgewinkt
- Auf Hamburgs Krankenhäuser kommen Veränderungen zu
- Warum auch Patienten von Hausärzten vom Ampel-Aus betroffen sind
War das jetzt der große Wurf? Das Durchwinken der Krankenhausreform im Bundesrat hat für Erleichterung bei Hamburgs Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD) gesorgt. Aus Kliniken und von den Krankenkassen gab es gemischte Reaktionen – und ernste Warnungen. Schlotzhauer sagte dem Abendblatt: „Ich habe mich dafür eingesetzt, dass die von Bund und Ländern ausgehandelte Krankenhausreform kommt. Jetzt können wir unseren Dialog-Prozess mit den Hamburger Krankenhäusern, den Krankenkassen, der Ärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung über die Hamburger Krankenhauslandschaft fortsetzen.“ Das seien wichtige Partner, die mitentscheiden, „wie wir auch zukünftig eine gute Versorgung der Patientinnen und Patienten in unserer Stadt sicherstellen“.
Schlotzhauer sagte, der Bund habe einige Zugeständnisse gemacht. „Etwa bei der Spezialisierung von Kliniken oder bei der Anerkennung von Kooperationsmodellen verschiedener Häuser, die wir in Hamburg bereits haben, oder auch bei der Versorgung von Kindern und Menschen mit Behinderung. Für Hamburg als die Gesundheitsmetropole des Nordens ist das von großer Bedeutung.“
So reagieren Hamburgs Kliniken auf die Krankenhausreform
Doch mit der Entscheidung im Bundesrat ist für den Hamburger Senat das Thema nicht abgehakt. „Ich erwarte, dass das Bundesgesundheitsministerium jetzt schnell die Rechtsverordnung auf den Weg bringt, die den sogenannten Transformationsfonds betrifft. Dadurch können Krankenhäuser im Übergang zu den neuen Regeln eine zusätzliche Finanzierung erhalten.“
Die Geschäftsführerin der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft, Claudia Brase, sagte dem Abendblatt: „Wir sind sehr enttäuscht, dass die Hamburger Krankenhäuser mit der bestehenden Finanzierungslücke von über 250 Millionen Euro und einem überregulatorischen Bürokratievermehrungsgesetz zurückbleiben. Auf die Hamburger Krankenhäuser sehen wir neue finanzielle Nachteile durch Erlösverluste zukommen, wenn vermehrt Patienten und Patientinnen aus dem Umland in die spezialisierten Zentren kommen werden.“ Nach der Bundestagswahl müsse das Gesetz „dringend“ und „beherzt“ korrigiert werden.
Karl Lauterbach und seine Hamburger Widersacher
Schlotzhauer hatte in extrem zähen Gesprächen mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) als Verhandlungsführerin der mehrheitlich SPD-regierten Länder erreicht, dass es Ausnahmen und länderspezifische Regelungen gibt. Denn Hamburg hat längst die von der Reform geforderte Spezialisierung auf bestimmte Eingriffe und Behandlungen. Fachkliniken wie das Krankenhaus Jerusalem, das Evangelische Krankenhaus Alsterdorf oder die Kinderkrankenhäuser und ihre schwer kranken Patientinnen und Patienten drohten sonst im großen Reformwirbel hinten hinüberzufallen.
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Anders als in früheren Zeiten oder in Nachbarbundesländern gibt es in Hamburg regelmäßige Runden zwischen Behörden, Krankenhäusern, niedergelassenen Ärzten und Krankenkassen. Ein nächstes Treffen ist mit Schlotzhauer für den 6. Dezember geplant. Die Hamburger Krankenkassen, die die Reform mit den Ländern gemeinsam finanzieren müssen, drängen seit Langem: In der Krankenhauslandschaft müsse etwas passieren.
Krankenkassen zur Krankenhausreform: Nicht allein Beitragszahler belasten
Der Vorstandsvorsitzende der größten deutschen gesetzlichen Krankenkasse, Techniker-Chef Jens Baas, sagte: „Das ist ein zentraler Schritt in Zeiten politischen Stillstands – doch damit ist die Reform noch lange nicht geschafft. Auf Bund und Länder kommt in den kommenden Monaten und Jahren noch viel Arbeit zu: mit durchdachten Verordnungen auf Bundesebene und einer klugen Krankenhausplanung in den Ländern. Wir brauchen einheitliche Qualitätskriterien, damit sich die Menschen darauf verlassen können, dass sie im Krankenhaus bestmöglich behandelt werden, egal ob es im Norden, Süden, Osten oder Westen steht.“
Die Vorsitzende des Hamburger Landesverbandes der Ersatzkassen (VDEK), Kathrin Herbst, sagte dem Abendblatt: „Wir begrüßen es, dass sich Bund und Länder gemeinsam auf den Weg machen, um die Krankenhausversorgung zu reformieren. Dies wird höchste Zeit. Jetzt kommt es entscheidend darauf an, wie das Gesetz umgesetzt wird – ob Qualitätsvorgaben verwirklicht oder ,verwässert‘ werden. Wichtig ist auch, dass die Finanzierung nicht allein von den Beitragszahlern der gesetzlichen Krankenversicherung geschultert wird.“
Schleswig-Holstein bleibt skeptisch und setzt auf neue Bundesregierung
Im Bundesrat hat sich das schwarz-grün regierte Schleswig-Holstein enthalten – und damit Lauterbach nicht aufhalten können. Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU) sagte: „Da zur Sicherstellung der Versorgung erforderliche wesentliche Änderungen vom Bund ignoriert wurden, habe ich mich nachdrücklich für die Anrufung des Vermittlungsausschusses eingesetzt. Dass nicht mehr fachliche, sondern offenbar politische Erwägungen ausschlaggebend waren, diesen nicht anzurufen, bedauere ich zutiefst.“ Sie setzt für Verbesserungen am Gesetz jetzt auf die konkrete Umsetzung in Schleswig-Holstein – und die künftige Bundesregierung.
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Hamburger Hausärzte: Aufnahmestopp und weniger Termine?
Ein für Patientinnen und Patienten sowie die Hamburger Hausärzte extrem wichtiges Gesetz der Ampel-Regierung ist nach wie vor nicht beschlossen. Es geht darum, dass die Allgemeinmediziner tatsächlich alle Behandlungen bezahlt bekommen, die sie machen. Ihr Budgetdeckel soll also aufgehoben werden. Das könnte verhindern, dass es weiteren Aufnahmestopp und eine noch dramatischere Terminsituation bei Hausärzten gibt. Die Hoffnung ist zudem da, dass ältere Hausärztinnen und Hausärzte in Hamburg ihre Rente noch etwas hinauszögern, wenn am Quartalsende doch etwas mehr Geld im Honorartopf ist. Aktuell bekommen sie rund 75 Prozent dessen bezahlt, was sie an Leistungen erbringen.
Das 100-Prozent-Gesetz schlummert aber noch in der Ampel, die jetzt nur noch rot und grün blinkt. Sozialsenatorin Schlotzhauer sagte dem Abendblatt: „Es hängt jetzt an der CDU im Bund, ob noch in dieser Legislaturperiode die versprochene Entbudgetierung der Hausärztinnen und Hausärzte kommt.“