Hamburg. Was für eine Preiserhöhung spricht, wieso die Verhandlungen so kompliziert sind – und was sich Hamburgs Verkehrssenator wünscht.

  • Das Deutschlandticket kostet im Jahr 2024 monatlich 49 Euro.
  • Wie es danach weitergeht, darauf haben sich Bund und Länder noch nicht geeinigt.
  • Die Verkehrsunternehmen haben mit massiven Preissteigerungen zu kämpfen.

Eigentlich hatte das derzeit 49 Euro kostende Deutschlandticket schon am 1. Mai seinen ersten „Geburtstag“. In Hamburg gab es die Fahrschein-Feierlichkeiten jedoch mit einiger Verspätung am 20. Juni. Glückwünsche – gut, eher Grußworte – verloren dazu unter anderen Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) und die Geschäftsführerin des Hamburger Verkehrsverbunds (HVV), Anna-Theresa Korbutt.

Mit mehr als einer Million verkauften Tickets ist das Nah-und-Regionalverkehr-Abo in Hamburg besonders beliebt. 38 Prozent der Hamburgerinnen und Hamburger nutzen das Ticket – so viele wie in keinem anderen Bundesland. Für Verkehrssenator Tjarks ist der Abo-Schein „in vielerlei Hinsicht eine echte Revolution“. Wegen des Preises, der Kundenfreundlichkeit und nicht zuletzt des Bürokratie-Abbaus, den das Ticket in Gang gesetzt hat.

Blöd nur, dass die Fahrgäste noch immer keine Antwort auf ihre drängendste Frage haben: Wird das Deutschlandticket auch nach dem Jahreswechsel noch 49 Euro kosten? Oder könnte sich der Preis – etwa aufgrund von gestiegenen Personal- und Energiekosten bei den Verkehrsunternehmen – womöglich eklatant erhöhen? Der Verkehrssenator gibt einen Einblick, welche Faktoren den Preis beeinflussen könnten.

Verkehr Hamburg: Deutschlandticket? Hamburger Senator träumt von Europa-Ticket

„Wer soll das denn bezahlen?“, sei der erste Einwurf gewesen, der Tjarks erreichte, nachdem das 9-Euro-Ticket als „kleine Schwester“ des heutigen Deutschlandtickets im Sommer 2022 beschlossen worden war. Vollends geklärt ist die Finanzierungsfrage bis heute nicht.

Als das Deutschlandticket im Mai 2023 für 49 Euro monatlich im Abo kam, einigten sich Bund und Länder darauf, die Kosten von insgesamt drei Milliarden Euro jeweils zur Hälfte zu tragen. Gekostet hatte das Ticket im Jahr 2023 aber lediglich 1,8 Milliarden Euro, auch weil es erst im Mai eingeführt wurde. Folglich blieben rund 1,2 Milliarden Euro übrig – die laut der Bundesregierung in die Finanzierung des Tickets für das laufende Jahr 2024 fließen sollten. Vor diesem Hintergrund hatte die Verkehrsministerkonferenz auch empfohlen, dass der Ticketpreis mit 49 Euro im Jahr 2024 stabil bleibt.

Die Zusage der Bundesregierung gab es, beschlossene Sache ist es aber bis heute nicht. Bevor man sich mit der Frage zur Weiterführung des Tickets über den Jahreswechsel hinaus Gedanken mache, sei es daher „erst einmal nötig, dass wir das Jahr 2024 vernünftig beschließen“, so Verkehrssenator Tjarks gegenüber dem Abendblatt. „Dazu ist es wichtig, dass die Bundesregierung ihre Zusage einhält, die übrig gebliebenen Gelder aus dem Jahr 2023 auf das Jahr 2024 zu übertragen.“ Er erwarte zeitnah einen Gesetzesvorschlag, „damit es hier eine Finanzierungssicherheit gibt. Es ist wichtig, dass das jetzt mal passiert. Wir sind ja schon mitten in 2024.“ Der Ball liege bei Finanzminister Christian Lindner (FDP).

Hamburgs Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) ist ein Fürsprecher des Deutschlandtickets – kann die Finanzierungsfrage aber nicht allein beantworten.
Hamburgs Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) ist ein Fürsprecher des Deutschlandtickets – kann die Finanzierungsfrage aber nicht allein beantworten. © dpa | Marcus Brandt

Deutschlandticket: Verkehrsunternehmen von Preissteigerungen betroffen

Was den Preis des Deutschlandtickets nach dem Jahreswechsel angeht, hält sich Anjes Tjarks bedeckt: „Man wird sich nach den Sommerferien die Prognose für die Kosten in 2024 sowie die vorhandenen Geldmittel anschauen müssen und sehen, was das bedeutet.“ Nicht von der Hand zu weisen sei, dass der öffentliche Nahverkehr in Hamburg und Deutschland mit Kostensteigerungen kämpft. „Einerseits sind wir personalabhängig“, so Tjarks, „und andererseits sind die Energiepreise ein Thema – das schlägt sich auch auf die Baukosten nieder.“

Das Deutschlandticket hänge von der Finanzierbarkeit des öffentlichen Nahverkehrs ab. „Wir sehen ja, dass in Schleswig-Holstein schon S- und Regionalbahnen eingestellt werden, und Schleswig-Holstein ist nicht das einziger Bundesland, das in diese Richtung denkt oder handelt“, so der Senator.

„Das andere Thema ist: Wir müssen auch die Finanzierbarkeit für den Kunden im Blick behalten“, sagt Tjarks. Die Teuerung nimmt schließlich nicht nur Einfluss auf die Verkehrsunternehmen, sondern auch auf das Leben des einzelnen Fahrgastes. Und um die Sache noch einmal komplexer zu machen: Auch die Haushalte von Bund und Ländern sind bereits strapaziert. Ob sich der Preis von 49 Euro monatlich für das Deutschlandticket halten lässt, ist angesichts dessen mindestens fraglich.

Mehr zum Thema

Haben Sie ein Deutschlandticket?Dann sind diese Ausflugstipps vielleicht etwas für Sie.

Hamburgs Verkehrssenator Tjarks wünscht sich ein Europa-Ticket

Angesichts der Finanzierungs-Schwierigkeiten in Deutschland ist es erstaunlich, dass Tjarks sich genug Optimismus für die Idee eines Europa-Tickets bewahren kann. Freilich, das sei „große Zukunftsmusik“. Das Gedankenspiel wagt der Verkehrssenator trotzdem: „Stellen Sie sich einmal vor, es gibt nicht nur ein Deutschlandticket für Deutschland, sondern auch ein Frankreich-Ticket für Frankreich. In Frankreich wäre das Deutschlandticket anerkannt und in Deutschland das Frankreich-Ticket. Und stellen Sie sich jetzt vor, das gilt auch für Dänemark, Tschechien, in den Niederlanden ...“

Ein Europa-Ticket hätte in Tjarks‘ Augen ein Riesen-Potenzial, zumal für „ein Europa, das momentan ein bisschen auseinanderbricht“. Im Gegensatz zu vielen anderen EU-Regelungen, die oft abstrakter Natur seien, berühre solch ein Fahrschein das Leben der Menschen viel unmittelbarer und könne den europäischen Zusammenhalt stärken. Stellt sich nur die eine Frage: Wer will das bezahlen?