Hamburg. Das Verkehrsunternehmen machte 2023 ein dickes Minus. Umso wichtiger, dass die Hochbahn ihren Investitionskurs beibehält.

Die Hochbahn schreibt Rekordzahlen! Nur leider in beide Richtungen. Auf der einen Seite kann sich das Verkehrsunternehmen über 468 Millionen Fahrgäste im Jahr 2023 freuen. So viele Menschen haben die Busse und U-Bahnen in Hamburg noch nie genutzt. Auf der anderen Seite muss sich die Hochbahn ein Rekordminus eingestehen. Dick und rot steht unter dem Strich: minus 295 Millionen.

Wer soll das bezahlen? Die kurze Antwort: wir alle. Die Verluste der Hamburger Hochbahn AG werden jährlich von der Stadt ausgeglichen. Rund 85 Millionen Euro der 295 Verlust-Millionen entfallen auf das Deutschlandticket und werden deshalb zu gleichen Teilen von Bund und Land refinanziert. Trotzdem: Den größten Brocken muss die Stadt – ergo die Bürger mit ihren Steuergeldern – begleichen.

Minus 295 Millionen: Die Hochbahn-Verluste sind übel – aber notwendig

Das kann man unfair finden, insbesondere wenn man U-Bahnen und Busse der Hochbahn gar nicht nutzt. Andererseits gibt es in Deutschland genug indirekte Subventionen für Autofahrer, für die mittelbar auch alle Steuerzahler aufkommen. Die Pendlerpauschale, das Dienstwagen- oder Dieselprivileg lässt sich der Staat Milliarden kosten – obwohl das Geld letztlich in eine klimaschädliche Industrie fließt.

Außerdem: Der Rekordverlust der Hochbahn ist kein Produkt schlechten Wirtschaftens, sondern einer Kombination ungünstiger Bedingungen geschuldet. Zwischen 2020 und 2022 profitierte die Hochbahn noch von einem rund 100 Millionen Euro schweren Corona-Rettungsschirm, der nunmehr weggefallen ist. Die Kostenexplosion aufgrund von Ukrainekrieg und Inflation hat dem Unternehmen 2023 erstmals direkt auf das Budget geschlagen.

Hamburger Hochbahn mit dickem Minus: Kombination unglücklicher Umstände

Am teuersten zu stehen kommen der Hochbahn aber die gestiegenen Lohnkosten für das Personal. Satte 90 Millionen Euro mehr als noch 2018 gab sie für ihre Mitarbeiter aus. Künftig dürfte der Preis für gute Arbeit weiter klettern – und bei der Hochbahn lichten sich bereits die Reihen. In den kommenden zehn Jahren geht rund ein Drittel der Beschäftigten in den Ruhestand.

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Auch ein Grund für die hohen Verluste: Das Unternehmen ist zum Opfer seines eigenen Erfolgs geworden. Zwar freuen sich die Spitzen der Hochbahn und nicht zuletzt Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) über die bundesweit einmaligen Verkaufszahlen des Deutschlandtickets in Hamburg. Drei Viertel der Kunden fahren für 49 Euro monatlich Bus und Bahn. Allerdings sitzt die Hochbahn jetzt in einer Art Festpreis-Falle und hat kaum Spielraum, ihre Einnahmen über Ticketpreise zu regulieren. 49 Euro bleiben 49 Euro – die Preisschraube ist festgezurrt. Noch.

Investitions-Offensive der Hamburger Hochbahn ist der richtige Weg

Umso erstaunlicher also, dass sich das Verkehrsunternehmen, namentlich sein Vorstandsvorsitzender Robert Henrich, von den hohen Verlusten nicht beirren lässt und im selben Atemzug mit dem Rekordminus eine Investitions-Offensive ankündigt. Eine Milliarde soll allein im Jahr 2024 fließen, etwa in den Netzausbau für die Linien U4 und U5, Projekte zum autonomen Fahren und die Digitalisierung.

Gute Entscheidung. In einer wachsenden Stadt, in einer von der Klimakrise bedrohten Welt kommt dem öffentlichen Personenverkehr erhebliche Bedeutung zu. Sich jetzt den Investitionswillen nehmen zu lassen wäre völlig falsch. Statt letztlich den Höchstpreis zu zahlen, gilt es, lieber früher als später zu investieren.

„Der kluge Mann baut vor“ ist ein gern genutztes Schiller-Zitat. Und wer weiß, wie lang das Bauen dauern kann im öffentlichen Personenverkehr, der müsste doch fast schon selbst den Spaten in der Hand haben.