Wissenschaftsbehörde und Koalition dementieren. Die Verlagerung der Einrichtung auf den Grasbrook werde weiter geprüft.
Hamburg. Mit zwei kleinen Sätzen hat der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Thies Goldberg das sommerlich gestimmte Rathaus aufgeschreckt. "Wir haben schon einige Projekte beerdigt. Beispielsweise das Thema Umzug der Uni auf den Grasbrook", sagte Goldberg, zuständig für öffentliche Unternehmen in seiner Fraktion, in der Hamburg-1-Sendung "Schalthoff live".
Also nach Monaten der Debatte über die Zukunft der Universität am Hafenrand alles vorbei - wegen der Wirtschafts- und Finanzkrise? Spricht nur einer aus, was alle denken? Politik funktioniert anders. Kaum waren die Worte Goldbergs heraus, hagelte es schon Dementis.
"Das ist die private Meinung von Thies Goldberg, nicht aber die der Fraktion", sagte Wolfgang Beuß, CDU-Fraktionsvize und hochschulpolitischer Sprecher. "Eine Entscheidung darüber, wie es mit der Universität weitergeht, wird frühestens Anfang 2010 gefällt - und nicht vorher!"
Fast wortgleich reagierte die Wissenschaftsbehörde: Das sei Goldbergs "private Einzelmeinung". Diese stehe ihm zu, sagte Behördensprecher Timo Friedrichs. Tatsächlich gebe es keine Entscheidung des Senats zum Thema Uni-Umzug. "Wir haben vier Szenarien in der Prüfung, und diese werden auch weiter geprüft", sagte Friedrichs.
GAL-Fraktionschef Jens Kerstan, der selbst Gast in der Gesprächsrunde bei Hamburg 1 war, sagte dem Abendblatt: "Ich habe Thies Goldberg schon in der Sendung direkt widersprochen." Kerstan betonte, dass es bisher "weder Absprachen noch Entscheidungen" zum Thema Uni-Umzug zwischen den Fraktionen gegeben habe. Es sei aber kein Geheimnis, dass er persönlich gegen den kompletten Umzug der Uni auf den Grasbrook sei.
Angesichts der massiven Reaktionen trat Goldberg den geordneten Rückzug an. "Ich habe mich mit der Aussage ein bisschen vergaloppiert. Das war mein Fehler", sagte der CDU-Abgeordnete. Gemeint habe er lediglich, dass es "kurzfristig keine positive Entscheidung für den Grasbrook" geben werde. Das hatte er nur nicht gesagt. In der Fernsehsendung hatte Goldberg den Uni-Umzug als "vielleicht interessante Überlegung" bezeichnet. "Aber der eine oder andere mag da auch den Blick fürs Ganze verloren haben", so der Abgeordnete. Es gebe andere Investitionsvorhaben, die für die Stadt vordringlicher seien und "sicher schneller eine Rendite für die Stadt abwerfen".
"Mit Interesse" hat SPD-Hochschulexpertin Dorothee Stapelfeldt die Aussagen Goldbergs zur Kenntnis genommen. Hinter den Kulissen sei schon lange klar, dass die Universität nicht auf den Kleinen Grasbrook verlagert werde. Deshalb sei es höchste Zeit, dass Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach (CDU) den Stillstand beende und das Thema für erledigt erkläre.
Vielleicht gilt Goldberg schon in wenigen Monaten, wenn das Projekt "Grasbrook" auf Eis gelegt wird, als Prophet.