Die HHLA will 100 000 Quadratmeter Fläche modernisieren und umwandeln - doch das Flair der Kaffee-, Tee-, Kakao- und Teppichhändler soll erhalten bleiben. Das denkmalgeschützte Ensemble wird Teil der City.
Kakao, Kaffee, Gewürze, Teppiche - mehr als 100 Jahre lang lagerten hier fast ausschließlich Hafenwaren und nur wenige Touristen wagten sich durch den Zolleingang in die Speicherstadt. Das hat sich radikal gewandelt: Restaurants, Museen und Büros sind in alte Lager eingezogen. Eine Entwicklung, die jetzt deutlich weiter forciert werden soll: 100 000 Quadratmeter weitere alte Speicherflächen sollen in den kommenden Jahren renoviert und umgewandelt werden. Und die Speicherstadt-Eigentümerin, die Hamburger Hafen Logistik GmbH (HHLA), will dort jetzt auch Wohnen zulassen: Vier Wohnbüros sollen noch im Sommer an den Markt gebracht und vermietet werden, sagte Thomas Kuhlmann, Chef der HHLA-Immobilien, im Gespräch mit dem Abendblatt. Zwischen 132 und 212 Quadratmeter werden diese Speicherstadt-Residenzen groß sein und etwa 20 Euro pro Quadratmeter Kaltmiete kosten. Allerdings würden diese Wohnbüros Einzelfälle bleiben. Kuhlmann: "Nur dort ist das Miteinander von Wohnen und Arbeiten in der Speicherstadt baurechtlich möglich, weil es mit der Kibbelstegbrücke einen Fluchtweg aus dem hochwassergefährdeten Bereich gibt."
Wie genau die geplanten 100 000 Quadratmeter renovierten Speicherflächen künftig genutzt werden sollen, ist allerdings noch offen: "Wir wandeln bedarfsgerecht um", sagt Kuhlmann. Ein Drittel des denkmalgeschützten Areals solle zudem dauerhaft als klassische Lagerfläche erhalten bleiben. "Wir wollen den Mix und wir brauchen ihn auch, um den Charme hier zu erhalten", so Kuhlmann.
Dennoch hat sich die Speicherstadt in den vergangenen Jahren schon enorm gewandelt. Vor 120 Jahren war der rund 1,5 Kilometer lange Lagerhauskomplex als Teil des neuen Freihafens von Kaiser Wilhelm II eröffnet worden. Ein ganzes Stadt- und Wohnviertel war seinerzeit für die neue Speicherstadt abgerissen worden. 100 Jahre später wollte Hamburg den historischen Lagerhauskomplex verkaufen. "Hände weg von der Speicherstadt", hieß seinerzeit ein Slogan, mit dem sich Bürger dagegen wehrten. Seit 1991 steht die Speicherstadt unter Denkmalschutz. Zudem soll sie in die Unesco-Liste des Weltkulturerbes eingetragen werden.
2002 dann eine Zäsur - die sich auf das äußere Erscheinungsbild aber kaum auswirkt: Mit dem Neubau der nahen HafenCity sollte die Speicherstadt Teil der Innenstadt werden, die Zollgrenzen wurden verlegt.
Inzwischen werden knapp 100 000 der insgesamt 300 000 Quadratmeter nicht mehr als eigentliches Hafenlager genutzt: 50 000 Quadratmeter sind inzwischen Büros - den größten Komplex davon mit 23 000 Quadratmetern belegt im Block P die Hamburg Port Authority (rund 700 Mitarbeiter). 2000 Quadratmeter sind Gastroflächen, 14 000 Showrooms von Modefirmen und 28 000 Quadratmeter gelten als Kulturnutzung: unter anderem die Modell-Eisenbahn Miniatur Wunderland. Damit war Fredrik Braun mit seinem Bruder Gerrit vor neun Jahren einer der Pioniere unter den "Neuen" in der Speicherstadt. Mit 1600 Quadratmetern hatten sie angefangen. Inzwischen ist die Fläche auf 6000 Quadratmeter angewachsen und einer der größten Touristenmagneten Hamburgs. Geplant ist eine weitere Vergrößerung auf etwa das Doppelte. Die Speicherstadt habe sich mittlerweile als idealer Standort erwiesen, sagt Braun: "Als wir hier vor acht Jahren anfingen, hatten viele Hamburger die Gegend noch nicht richtig auf dem Zettel - heute wandern an guten Tagen 10 000 Besucher durch die Speicherstadt."