Die Initiative des Volksbegehrens hat dem Landeswahlamt 60 Ordner mit Unterschriften für den Rückkauf der Energienetze übergeben.
Hamburg. Für einen Rückkauf der privatisierten Energienetze in Hamburg haben sich insgesamt mehr als 116.000 Menschen ausgesprochen. Die Initiatoren des Volksbegehrens "Unser Hamburg – Unser Netz“ haben am Donnerstag im Landeswahlamt allein 60 Ordner mit 114.395 Unterschriften abgegeben. Sie wollen, dass die Hamburger Strom-, Fernwärme- und Gasleitungsnetze von 2015 an wieder vollständig in öffentliche Hand kommen. Die Netze werden derzeit von den Energieversorgern Vattenfall und Eon betrieben. Der SPD-Senat möchte maximal 25,1 Prozent übernehmen. Die Kosten für alle Versorgungsnetze werden auf rund 2,0 Milliarden Euro geschätzt.
Zu den Stimmenlisten der Initiatoren kommen nach Angaben von Landesabstimmungsleiter Willi Beiß noch 986 Unterschriften in Kundenzentren der Bezirksämter hinzu sowie 784 per Brief eingereichte. Sie werden allesamt auf ihre Gültigkeit geprüft. Hat das Volksbegehren Bestand und die Bürgerschaft nimmt es aber nicht an, könnte es im nächsten Jahr zu einem Volksentscheid kommen.
Trotz der hohen Unterschriftenzahl beim Volksbegehren rechnet Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) nicht mit einem erfolgreichen Volksentscheid. "Wenn Hamburg die Netze vollständig übernehmen soll, müssen Hamburgs Steuerzahler für einen milliardenschweren Kredit und die damit verbundenen Zinsbelastungen geradestehen“, sagte Scholz am Donnerstag in Hamburg. Er sei sich sicher, dass es dafür keine Mehrheit geben werde.
"Wer wissen will, was die Bürger denken, dem können wir helfen“, sagte Kampagnenleiterin Wiebke Hansen vor der Abgabe. Dem "Netz“-Bündnis hatten sich mehrere Hamburger Organisationen angeschlossen. "Wenn der Senat am deutlichen Willen der Hamburger Bevölkerung vorbei mit Vattenfall und Eon hinter verschlossenen Türen weiterverhandelt oder gar Fakten schafft, ist dies ein Affront gegen die politische Kultur in der Stadt“, sagte Manfred Braasch vom BUND Hamburg.
"Der Senat beabsichtigt, einen strategischen Anteil von 25,1 Prozent an den Netzen zu erwerben, um energiepolitisch Einfluss zu nehmen“, bekräftigte ein Senatssprecher am Donnerstag. Mit dieser Beteiligung könne Hamburg seinen Beitrag zur Energiewende leisten, so hätten es auch Kommunen in Schleswig-Holstein vorgemacht. Kritiker meinen dagegen, dass durch eine Minderheitsbeteiligung die Unternehmenspolitik kaum beeinflusst werden kann.
+++ Zweifel am Erfolg der Netz-Initiative +++
Um beim Kauf ohne zusätzliches Steuergeld auszukommen, sollen die Finanzierungskosten nach Angaben des Senatssprechers mit einer vertraglich garantierten Dividende gedeckt werden. "Ein vollständiger Erwerb der Netze, der etwa 2 Milliarden Euro kosten würde, ist angesichts der Haushaltslage nicht verantwortbar“, ergänzte er.
Nach Auffassung der Initiative kann ein Milliarden-Kaufpreis durch die Netzentgelte finanziert werden. Sie sieht im Rückkauf wesentliche Vorteile für den Verbraucher: "Ein öffentliches Unternehmen muss sich bei der Bewirtschaftung der Netze anders als ein privates Unternehmen nicht allein an den Profit-Interessen seiner Aktionäre orientieren, sondern ist auch dem Gemeinwohl und der Stadt verpflichtet.“ Desweiteren argumentiert die Initiative in ihrem Internetauftritt damit, dass die Energienetze entscheidend für das Gelingen der Energiewende seien. "Um mehr erneuerbare Energien und dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung in die Netze integrieren zu können, müssen diese modernisiert und umgebaut werden.“ (dpa)