Der Energiekonzern gibt sein deutsches Hochspannungsnetz an den belgischen Betreiber Elia ab. Das soll für mehr Wettbewerb sorgen.

Berlin/Hamburg. Die Kritik der EU-Kommission am mangelnden Wettbewerb auf dem deutschen Strommarkt zeigt Wirkung: Nach dem Stromkonzern Eon verkauft auch der schwedische Energiekonzern Vattenfall sein deutsches Stromnetz, wie das Unternehmen am Freitag in Berlin mitteilte. Mittelfristig kann die Entwicklung nach Einschätzung von Verbraucherschützern zu sinkenden Energiepreisen für Stromkunden führen.

Vattenfall, der drittgrößte Energiekonzern in Deutschland, verkauft sein Netz für 810 Millionen Euro an den belgischen Netzbetreiber Elia und die Investmentgesellschaft Industry Funds Management (IFM). Elia werde 60 Prozent an dem Netz halten und die operative Kontrolle haben, teilte Vattenfall mit. Das Vattenfall-Netz hat eine Länge von 9700 Kilometern und versorgt rund 18 Millionen Verbraucher in Berlin, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Elia sieht durch das Geschäft seine Position um die „Teilhabe am Wachstum eines wahrhaft europäischen Strommarktes“ verbessert, wie der Chef des Unternehmens, Daniel Dobbeni, erklärte. Die EU-Kommission drängt die Energiewirtschaft seit langem zu einer Trennung der Stromübertragung von der Stromproduktion, um damit europaweit für mehr Wettbewerb zu sorgen. Sie kritisiert genauso wie Verbraucherschützer, dass die großen Stromversorger durch die Kontrolle über das Stromnetz den Zugang für Wettbewerber erschweren. Deutschlands größter Stromkonzern Eon verkaufte sein Netz in Deutschland bereits im vergangenen Jahr an die staatliche niederländische Tennet.

Der Verkauf des Vattenfall-Netzes werde keine Auswirkungen auf die Übertragungstarife für Endverbraucher haben, da diese in Deutschland reguliert würden, teilte der Stromkonzern mit. Mögliche Preissenkungen könnten sich für Stromkunden jedoch mittel- oder langfristig ergeben, sagte der Energieexperte des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv), Holger Krawinkel, der Nachrichtenagentur AFP. „Wenn sich das Stromnetz internationalisiert, richtet sich der Ausbau nach den Anforderungen der europäischen Wettbewerber und nicht mehr nach regionalen oder nationalen Interessen.“ Und ein intensiverer Wettbewerb könne sich positiv auf die Verbraucherpreise auswirken.

Krawinkel sieht zudem eine Chance für die erneuerbaren Energien. Richte sich der Netzausbau nach der Nachfrage vieler Stromanbieter statt nach den Bedürfnissen eines einzigen Konzerns, sei es auch leichter, Windenergie aus Nordeuropa oder Sonnenstrom aus dem Süden des Kontinents in die Netze einzuspeisen.