Die Zahlungen der Fraktion an seine Agentur C4 seien “illegale Parteispenden“. Der CDU droht eine 1,2-Millionen-Euro-Zahlung an den Bundestag.
Mainz/Hamburg. In der Mainzer CDU-Parteifinanzierungsaffäre wird Hamburgs früherer Finanzsenator Carsten Frigge (CDU) schwer belastet. Die rheinland-pfälzische CDU räumte gestern erstmals ein, dass Zahlungen der örtlichen CDU-Landtagsfraktion an Frigges Beratungsagentur C4 rechtlich als "illegale Parteispenden" zu werten seien, weil das Geld nicht der Fraktion zugute gekommen war. Die Firma C4, die im Landtagswahlkampf 2006 rund 385 000 Euro Fraktions- und damit Steuergeld erhielt, habe ihre Beratung in 2005/2006 "offensichtlich im Wesentlichen für den Wahlkampf der CDU Rheinland-Pfalz erbracht", sagte Generalsekretär Josef Rosenbauer in Mainz.
Die Partei werde insgesamt etwa 401 000 Euro "unverzüglich" an den Bundestag zurückzahlen, sagte Rosenbauer. Die Zahlung an C4 sei darin ebenso enthalten wie kleinere Summen an andere Beraterfirmen. Der rheinland-pfälzischen CDU droht außerdem eine Strafe von weiteren rund 800 000 Euro, die der Bundestagspräsident festsetzen kann. Rosenbauer: "Wir hätten uns etwas Schöneres vor Weihnachten wünschen können."
Der Generalsekretär bezog sich auf Unterlagen der Staatsanwaltschaft Mainz. Diese ermittelt wegen Veruntreuung von Steuermitteln gegen den damaligen Partei- und Fraktionschef Christoph Böhr und den früheren Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Markus Hebgen. Der Vorwurf gegen Frigge lautet Beihilfe zur Untreue. Er war Ende November als Finanzsenator in Hamburg zurückgetreten.
Böhrs bisherige Angaben seien "falsch", stellte Rosenbauer klar. Die Mainzer CDU mache noch vor der Landtagswahl im März "reinen Tisch" und lasse damit "die unrühmlichen Machenschaften der Herren Böhr, Hebgen und Frigge hinter sich". Rosenbauer zufolge ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Hebgen, Frigge und die Beraterin Gabriele Allendorf - mit der Frigge sich die CDU-Aufträge geteilt hatte - auch wegen "gemeinschaftlichen Betrugs in Tateinheit mit Untreue zulasten der Stiftung Kloster Eberbach". Demnach soll Hebgen als Geschäftsführer der Stiftung "Scheinrechnungen" von Allendorf über 46 400 Euro beglichen haben, wovon diese 26 100 Euro an C4 weitergeleitet haben soll. Frigge wollte sich gestern nicht äußern.
Nach 20 Jahren auf der Oppositionsbank will die CDU in Rheinland- Pfalz 2011 endlich Deutschlands dienstältesten Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) stürzen. Der 61-Jährige führt die bundesweit einzige Alleinregierung auf Landesebene. Doch nun wird die Landes-CDU immer stärker von der eigenen Vergangenheit eingeholt. Ihre neue Hoffnungsträgerin, die 38-jährige Spitzenkandidatin Julia Klöckner, teilte gestern mit: "Ich bin empört und enttäuscht." Böhr habe die Partei hinters Licht geführt. "Die Altlasten werden beseitigt. Die CDU kommt ihrer Zahlungsverpflichtung ohne Wenn und Aber nach."
Würde Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) tatsächlich eine illegale Parteienfinanzierung feststellen, wären also insgesamt rund 1,2 Millionen Euro fällig. Rosenbauer: "Hierfür soll der seinerzeit mit dem Verkauf des Anwesens unserer Geschäftsstelle (in Mainz) erzielte Erlös verwendet werden." Falls möglich, werde die Partei von den Verantwortlichen der Affäre Schadenersatz fordern. Aus E-Mails gehe hervor, dass C4 und die Kölner Agentur Allendorf "von Anfang an geplant hatten, die Wahlkampfberatung der CDU gemeinsam vorzunehmen und die Einnahmen dann untereinander aufzuteilen. Gemeinsam hatten sie ein mit der CDU-Wahlkampfberatung zu erzielendes finanzielles Volumen festgelegt", berichtete Rosenbauer. Fraktionsgeschäftsführer Hebgen soll auch noch als späterer Geschäftsführer (2006-2008) der Stiftung Kloster Eberbach in Hessen mit Geld aus der Klosterkasse Altschulden der rheinland-pfälzischen CDU bei der Agentur Allendorf beglichen haben. Für den Regierungschef und SPD-Landesvorsitzenden Beck, der sich schon lange mit der spektakulär gescheiterten Privatfinanzierung des Nürburgring-Ausbaus herumschlägt, kommt das neue Geständnis der Christdemokraten überaus gelegen.
Nach einer Umfrage für den "Focus" führt die SPD im Land mit 39 Prozent vor der CDU (37 Prozent) und den Grünen (elf Prozent). Die FDP würde mit vier Prozent aus dem Landtag fliegen, die Linke käme mit ebenfalls vier Prozent gleichfalls nicht hinein. Der Wahlkampf jedenfalls verspricht spannend zu werden - denn mit beiden Affären befassen sich inzwischen auch Untersuchungsausschüsse des Landtags.