Der Konjunkturchef des HWWI fordert stärkere finanzielle Beteiligung von Eltern und Kulturnutzern
Der Hamburger Haushalt wird in diesem Jahr ein strukturelles Defizit von mehr als 500 Millionen Euro aufweisen. Dieses wird auch bei einer verbesserten konjunkturellen Entwicklung fortbestehen. Deshalb muss es durch Sparmaßnahmen abgebaut werden. Wichtig ist dabei, dass der Sparprozess die Wachstumsperspektiven der Hansestadt möglichst wenig beeinflusst. Andernfalls würden das Einkommen und damit auch die Steuereinnahmen reduziert, sodass der Finanzierungsbedarf noch weiter steigen würde.
Ganz klar ist, dass alle Maßnahmen zur Erhöhung der Effizienz im Verwaltungsbereich genutzt werden müssen, um die Kosten zu senken. Außerdem gibt es sicherlich unsinnige Ausgaben, die gekürzt werden können. Es ist - bezogen auf Sparmaßnahmen leider, insgesamt aber glücklicherweise - so, dass die meisten staatlichen Ausgaben für weiteres Wachstum wichtig sind. In einer Stadt, die wesentlich vom internationalen Handel lebt, gehören dazu in jedem Fall Infrastrukturinvestitionen.
Eine mindestens ebenso große Bedeutung für die weitere Entwicklung der Stadt hat die zukünftige Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften. Diese erfordert zweierlei: Zum einen muss die Bildung verbessert werden. Dazu gehört die Schule ebenso wie die Universitäten und die Spitzenforschung. Besonders wichtig ist dabei die bessere Integration von Bürgern mit Migrationshintergrund. Darüber hinaus muss Hamburg aber auch in der Zukunft qualifizierte Arbeitskräfte aus anderen Regionen Deutschlands und der Welt anziehen. Dafür ist die Attraktivität der Stadt wichtig. Diese ist von Faktoren wie den Grünflächen, aber auch dem Kulturangebot abhängig. Insofern sind Ausgaben, die Hamburg zu einer lebens- und liebenswerten Stadt machen, nicht nur wichtig für das Wohlbefinden der Hamburger Bürger, sondern auch in einem rein ökonomischen Sinne in keinem Fall verschwendet.
Was kann Hamburg tun, um den Sparprozess einzuleiten und zugleich die notwendigen Angebote in Infrastruktur, Bildung und Attraktivität der Stadt zu erhalten? Hier sind kreative Lösungen gefragt: Wesentlich ist, dass die öffentlichen Angebote erhalten bleiben. Damit dies möglich ist, müssen diejenigen, die das Angebot nutzen, stärker an der Finanzierung beteiligt werden. Kindergartenplätze müssen von den Eltern finanziert werden; die Eltern von Schülern müssen wieder an der Finanzierung von Schulbüchern beteiligt werden, und Studierende müssen Studiengebühren entrichten.
Wenn schon im Bildungsbereich die individuelle Finanzierung erhöht wird, ist dies im Kulturbereich in noch stärkerem Maß nötig. Hier können die Nutzer zum einen selbst entscheiden, ob sie die Angebote wahrnehmen wollen, zum anderen sind bei Kulturanbietern noch in ganz anderem Maße Einsparmaßnahmen möglich. Die direkte Beteiligung der Bürger an der Finanzierung führt auch dazu, dass staatliche Leistungen kontinuierlich auf Sinn- und Zweckhaftigkeit überprüft werden. Dennoch, für alle, die zukünftig diese höheren Kosten zu tragen haben, ist dies ausgesprochen ärgerlich. Aber eine Beteiligung an der Finanzierung ist besser, als dass die Angebote eingeschränkt werden oder an Qualität verlieren.
Eine besondere Problematik ergibt sich für die Bürger mit geringeren Einkommen: Sie können die Kosten nicht tragen und würden insofern durch die Sparmaßnahmen in besonderem Maße benachteiligt. Dies wäre nicht nur unsolidarisch, sondern auch gesamtwirtschaftlich unproduktiv, da wir es uns angesichts des demografischen Wandels nicht leisten können, einzelnen Gruppen die Bildungschancen zu verbauen. Deshalb müssen hier direkte Unterstützungen fließen.