Hamburg. Dass es im Leben manchmal anders kommt als erwartet, hat Rüdiger Kruse in jüngerer Vergangenheit mehrfach erfahren. Im September 2009 gewann der CDU-Politiker bei der Bundestagswahl sensationell das Direktmandat im "roten" Wahlkreis Eimsbüttel - vor allem, weil sich der Platzhirsch SPD durch einen Kandidatenstreit im Vorfeld selbst geschwächt hatte. Auch für gestern Abend hatte Kruse andere Pläne - die Bundeskanzlerin hatte ihn und andere Haushaltspolitiker zum Abendessen geladen. Doch statt zu Angela Merkel fuhr der 49-Jährige auf Bitte von Bürgermeister Christoph Ahlhaus nach Hamburg, um sich am Abend der CDU-Fraktion als künftiger Finanzsenator vorzustellen.
"30 Minuten" Bedenkzeit habe ihm Ahlhaus gegeben, sagte Kruse nach der Fraktionssitzung gestern Abend um 22.15 Uhr. Die Arbeit im Bundestag mache ihm viel Spaß, "aber ich bin nun mal Hamburger", daher trete er das neue Amt an. Der künftige Finanzsenator kündigte an, den Kurs seines Vorgängers fortzusetzen. Frigge habe eine "Weichenstellung" hin zu einem "zukunftsfähigen und generationsgerechten Haushalt" vorgenommen. Statt wegen der Finanzkrise weitere Schulden zu machen, habe Frigge eine stringente Konsolidierungspolitik betrieben, lobte Kruse und betonte: "Dieses Erbe trete ich gern an. Seien Sie sicher: Ich werde diesen Kurs nicht verwässern."
Im Rathaus kennt Kruse sich bestens aus. Von 2001 bis 2009 gehörte er der Bürgerschaft an, war zuletzt sowohl finanz- als auch umweltpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Auf beiden Feldern hat er als Geschäftsführer des Landesverbands Hamburg der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (sdw) reichlich Erfahrung gesammelt. Dass er dieses Amt auch nach seinem Einzug in den Bundestag weiter ausübt und dadurch nach eigenen Angaben "Nebeneinkünfte" von mehr als 7000 Euro bezieht, stieß zum Teil auf Kritik.
Der gebürtige Hamburger, der als CDU-Kreischef in Eimsbüttel auch dem Landesvorstand der Partei angehört, gilt als "Vater" der Schuldenbremse, mit der der Senat sich freiwillig verpflichtete, von 2013 an keine Schulden mehr zu machen. Dass diese Regel wegen der Finanzkrise auf 2020 verschoben wird, womit die GAL liebäugelt, dürfte mit Kruse kaum zu machen sein. Bestenfalls ein Aufschub bis 2015 ist denkbar.
Für Kruse wird Christoph de Vries in den Bundestag nachrücken. Der stellvertretende Vorsitzende von Kreisverband und Fraktion der CDU Mitte steht auf Platz fünf der Landesliste. Anfang dieses Jahres hatte er den Kreisvorsitz an den Bürgerschaftabgeordneten David Erkalp verloren.