Schonfrist für den Senat ist mit Frigges Rücktritt verstrichen.

Hamburg laufen die Regierungsmitglieder davon. Michael Freytag. Ole von Beust. Karin von Welck. Axel Gedaschko. Carsten Frigge. Mit dessen Abgang hat die Halbwertszeit beim Senatspersonal jetzt einen neuen Tiefpunkt erreicht.

Nach dem Rücktritt von Beusts im Sommer hatte Christoph Ahlhaus ein schweres Amt angetreten. Der alte Bürgermeister - geflüchtet vor der Verantwortung. Das Ansehen des Senats - nach Eis-Chaos, schlechtem Krisenmanagement beim Bau der Elbphilharmonie und gescheiterter Schulreform knapp vor dem Nullpunkt. Der Senat stand vor einem Scherbenhaufen, Neuwahlen wären konsequent gewesen. Doch die Angst vor dem Wähler war offenbar zu groß.

Statt den Senat neu legitimieren zu lassen, setzte ein Neuer, setzte Christoph Ahlhaus auf ein "Weiter so". Eingetreten ist das schon, wenn auch anders als gedacht. Es gibt ein "Weiter so" bei der Flucht vor Verantwortung. Ein "Weiter so" beim schwarz-grünen Streit in Sachfragen. Ein "Weiter so" bei zweifelhaften Personalentscheidungen. Auf Frigge soll Rüdiger Kruse folgen, ein Haushaltsexperte. Einer, der in den Bundestag gewählt wurde, weil er von den Querelen der SPD in seinem Wahlkreis Eimsbüttel profitieren konnte. Einer, auf den man auch vor Frigge hätte kommen können.

Schon bei der Kabinettsumbildung im Sommer hatte Ahlhaus nicht überzeugt, sondern, bestenfalls, mit personellem Durchschnitt enttäuscht. Ein Wirtschaftssenator, der den Lebenslauf frisiert hatte, ein Innensenator, der erst nach vergeblichen Anläufen endlich am Ziel angekommen war, und ein überforderter Kultursenator, der Negativschlagzeilen in nahezu jedem deutschen Feuilleton verursachte.

Mit dem knallharten Sanierer Frigge, zu dem Ahlhaus gestanden hatte, obwohl gegen ihn in einer Parteispendenaffäre ermittelt wird, geht zur Unzeit Hamburgs wichtigster Senator. Die Wirtschaftskrise ist trotz steigender Steuereinnahmen längst nicht ausgestanden. Die Betriebsausgaben steigen trotz des angeblich härtesten Sparpakets aller Zeiten. Im Senat scheint der politische Wille zu sinken, den Haushalt wirklich zu sanieren. Frigges Abgang ist deshalb ein Warnschuss an den Bürgermeister, am Sparkurs festzuhalten.

100 Tage billigt man Regierungen üblicherweise zu, bevor die Arbeit bilanziert wird. Demnach bliebe dem Kabinett Ahlhaus noch eine gute Woche Schonfrist. Doch die ist mit dem Rücktritt verstrichen. Den Beleg, dass diese Koalition handlungs- und regierungsfähig ist, ist sie schuldig geblieben.