Geschäftsräume und Privathäuser wurden durchsucht. Zugleich wurde bekannt, dass die Landesbank tiefrote Zahlen schreibt.
Hamburg. Polizei und Staatsanwaltschaft haben am Mittwoch Geschäftsräume der HSH Nordbank und Privatwohnungen von früheren Vorstandsmitgliedern durchsucht . Sechs Staatsanwälte und 60 Polizisten sollten Kredit- und Vorstandsunterlagen sowie weitere Dokumente sicherstellen, sagte ein Sprecher der Hamburger Staatsanwaltschaft. Durchsucht wurden die Bankzentralen in Hamburg und Kiel sowie fünf Privatwohnungen in Hamburg und Schleswig- Holstein. Zeitgleich veröffentlichte die Bank neue Zahlen über weitere hohe Verluste – als einzige deutsche Landesbank.
Die Behörde ermittelt seit Monaten gegen vier ehemalige und zwei aktuelle Top-Manager der Bank wegen des Verdachts der schweren Untreue sowie teilweise Bilanzfälschung. Dabei geht es unter anderem um ein Geschäft mit dem Codenamen „Omega 55“ aus dem Jahr 2007, das auch vom amtierenden Vorstandschef Dirk Jens Nonnenmacher abgezeichnet wurde. Gegen Nonnenmacher laufen ebenfalls Ermittlungen, seine Wohnung wurde jedoch nicht durchsucht. Die Durchsuchungen weisen darauf hin, dass sich bei der Staatsanwaltschaft der Verdacht auf strafbare Handlungen bei der krisengeschüttelten HSH Nordbank verfestigt hat. Der Sprecher der Behörde bezeichnete sie als „weiteren Ermittlungsschritt“.
Milliardengrab HSH-Nordbank
Laut „Focus Online“ rückte die Sonderkommission „Nordland“ unter anderem bei dem früheren HSH-Vorstandvorsitzenden Hans Berger und den Ex-Vorständen Peter Rieck und Jochen Friedrich an. Das Privathaus des derzeitigen Vorstandsvorsitzenden Dirk Jens Nonnenmacher wurde demnach hingegen nicht durchsucht. Auch die Immobilie von Bernhard Visker, der im Vorstand für Firmenkunden, Immobilien und Privat Banking zuständig ist, blieb dem Bericht zufolge von der Aktion verschont.
Ein Banksprecher bestätigte die Durchsuchungen und sagte, die HSH habe stets umfassend mit den Behörden kooperiert. „Mit einer zügigen Aufklärung ist allen Beteiligten am besten gedient.“
Ins Rollen gebracht hatte die Ermittlungen der Hamburger Anwalt Gerhard Strate mit einer Anzeige bei der Staatsanwaltschaft. Das Geschäft „Omega 55“ ist eine hochkomplexe Konstruktion im Zusammenhang mit riskanten Wertpapieren, die zeitweise in Liquidität umgewandelt wurden, aber dennoch als Risiko bestehenblieben. „Omega 55“ und ein weiteres Geschäft „Omega 52“ führten zunächst zu Abschreibungen über 500 Millionen Euro; ein Teil davon wurde später bei der Auflösung der Transaktion wieder wettgemacht.
Die Einzelheiten versuchen gegenwärtig zwei Parlamentarische Untersuchungsausschüsse der Hamburger Bürgerschaft und des Kieler Landtags zu erhellen, bislang mit begrenztem Erfolg. Die HSH Nordbank fühlt sich ihrerseits von ihrem früheren Londoner Niederlassungsleiter Luis Marti-Sanchez und weiteren Londoner Managern getäuscht und hat Strafanzeige gestellt.
Nonnenmacher: Ich habe kein schlechtes Gewissen
Die Bank teilte zu den Durchsuchungen mit, es handele sich um ein bereits seit längerem laufendes Ermittlungsverfahren und die Bank arbeite mit denn Ermittlern eng zusammen. Wie auch den Parlamentarischen Ausschüssen würden der Staatsanwaltschaft alle Informationen übergeben. Da die Transaktion ohnehin umfassend aufgearbeitet werde, sehe sie die Durchsuchungen gelassen, sagte eine Sprecherin der Bank.
Ebenfalls am Mittwoch veröffentlichte die Bank tiefrote Zahlen zum ersten Quartal. Trotz eines positiven Steuereffekts belief sich der Verlust im ersten Quartal unter dem Strich auf 276 (Vorjahreszeitraum: 231) Millionen Euro. Damit bleibt die HSH Nordbank als einzige Landesbank in der Verlustzone. Andere angeschlagene Institute wie die WestLB oder die BayernLB hatten im ersten Quartal einen Gewinn erzielt. Die Quartalszahlen der NordLB stehen noch aus. Neben dem schwachen Euro belasteten auch die Kosten für die staatlichen Garantien das Ergebnis. Die HSH war als eines der ersten deutschen Institute unter den staatlichen Rettungsschirm des Bankenfonds SoFFin geschlüpft, zusätzlich hatten die Länder Schleswig-Holstein und Hamburg die Bank mit Kapital und Sicherheitsgarantien gestützt. Die Kosten für staatliche Garantieleistungen drückten im ersten Quartal mit insgesamt 150 Millionen Euro das Ergebnis. Operativ sieht sich HSH-Chef Dirk Jens Nonnenmacher aber auf Kurs: Ziel sei es, 2010 vor Restrukturierungskosten den Verlust auf 700 Millionen Euro zu reduzieren, nach gut einer Milliarde Euro im Jahr zuvor. Im kommenden Jahr will Nonnenmacher wieder schwarze Zahlen schreiben und 2012 dividendenfähig sein.