Eine "vergleichsweise aggressive Geschäftspolitik", aber ein unterentwickeltes Risikomanagement, zwei nicht dokumentierte Vorstandsbeschlüsse und teilweise "dilettantisches" Verhalten der Londoner Niederlassung bei den verlustreichen "Omega"-Transaktionen - im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zur HSH Nordbank hat der Sachverständige Thomas Emde nicht mit Kritik gespart. Dennoch kam der Anwalt der Sozietät Freshfields Bruckhaus Deringer am Freitagabend zu dem Fazit, die HSH sei "nicht besser, aber auch nicht schlechter" geführt worden als andere Banken - was einige Rückschlüsse auf das Gebaren der Branche vor der Finanzkrise zuließ.
Ein zehnköpfiges Freshfields-Team um Emde hatte 2009 im Auftrag des HSH-Aufsichtsrats mögliche Pflichtverletzungen von Vorständen untersucht. Sein Gutachten hatte zur fristlosen Entlassung der beiden Vorstände Peter Rieck und Jochen Friedrich geführt. Im öffentlichen PUA, der die Milliardenverluste der HSH aufklären soll, durfte er sich jedoch auf Anweisung der HSH nicht zu einzelnen Vorständen äußern. In seinen allgemeinen Einschätzungen kritisierte Emde vor allem die Auslagerung des Kreditersatzgeschäfts nach Luxemburg als "nicht klug", aber "nicht zu beanstanden". Gleiches galt für das ungewöhnliche Verhältnis von Mitarbeitern, die Geschäfte machten, und solchen, die sie kontrollierten: vier zu eins. Das dokumentiere die tendenziell riskante Geschäftsstrategie, sei aber rechtlich nicht zu beanstanden.
Bis kurz vor Beginn der Sitzung war nicht klar, ob Emde aussagen würde. Zwar hatte ihm die Bank die Aussage erlaubt, der frühere HSH-Aufsichtsratsvorsitzende Wolfgang Peiner, der das Gutachten im April in Auftrag gegeben hatte, eine Genehmigung jedoch verweigert. Das bestätigte der frühere Finanzsenator dem Abendblatt: "Herr Emde hat mich kurzfristig um eine Genehmigung gebeten. Aber dazu bin ich weder berechtigt noch verpflichtet, da ich nicht mehr Aufsichtsratsvorsitzender bin." Peiner war im Juli von Ex-Deutsche-Bank-Chef Hilmar Kopper abgelöst worden. Im Übrigen liege ihm das Freshfields-Gutachten trotz mehrfacher Nachfrage nicht vor, sagte Peiner: "Ich bin an maximaler Aufklärung interessiert. Aber ich kann doch nicht genehmigen, über ein Gutachten zu berichten, das ich gar nicht kenne." Der PUA-Arbeitsstab schließlich meinte, eine derartige Genehmigung sei nicht erforderlich - Emde musste aussagen.