Beide Seiten bemühten sich, das Positive zu betonen, doch in der Sache, etwa der Videoüberwachung, bleiben Differenzen.
Wer die Äußerungen der Hauptakteure von CDU und GAL nach dem achtstündigen Verhandlungsmarathon zum Bereich Inneres und Justiz nur oberflächlich betrachtete, der konnte den Eindruck gewinnen, als stehe alles zum Besten für das angestrebte Bündnis. "Wir haben an einem gemeinsamen Projekt gearbeitet und heute einen weiteren Meilenstein gesetzt", sagte zum Beispiel CDU-Landeschef und Finanzsenator Michael Freytag. Im sensiblen Bereich der inneren Sicherheit auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen sei "nichts anderes als die Stunde der Wahrheit". Auch Bürgermeister Ole von Beust sprach davon, dass "wir uns in wesentlichen Bereichen aufeinander zu bewegt haben".
Also alles klar bei der inneren Sicherheit, dem Themenspektrum der Politik, bei dem die Unterschiede zwischen CDU und GAL mit am größten sind? Keinesfalls. Nicht nur, dass die Äußerungen von GAL-Landeschefin Anja Hajduk wesentlich zurückhaltender waren als die ihrer CDU-Verhandlungspartner. Wichtig waren auch bei diesen Kurz-Statements der Politiker nach der dritten Verhandlungsrunde vor den Kameras und Mikrofonen einmal mehr die Zwischentöne. Da war es eben bezeichnend, dass von Beust nicht von Einigungen sprach, sondern den "Einigungswillen" betonte. Und von Beust wies auch darauf hin, dass es bei den Themen mit sehr unterschiedlichen Positionen für beide Seiten möglich und erkennbar geworden sei, "gesichtswahrend über den eigenen Schatten zu springen". Selbst der notorisch schwarz-grün-optimistische CDU-Chef Freytag sprach lediglich davon, dass sich "Gemeinsamkeiten herauskristallisiert" hätten. Das sind in der gängigen Politikersprache freundliche Umschreibungen dafür, dass die Kuh eben nicht vom Eis ist. Denkbar sind solche Schwierigkeiten etwa bei dem Thema Strafvollzugsgesetz. Die GAL verlangt Änderungen an dem von ihr als zu repressiv und hart kritisierten Gesetzeswerk, das die CDU mit ihrer Mehrheit in der alten Bürgerschaft aber erst im Dezember beschlossen hatte. Hier müsste die Union wirklich über ihren eigenen Schatten springen.
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Auch bei dem Reizthema der drastischen Unterbelegung der Hamburger Haftanstalten spricht etliches dafür, dass eine Einigung über den Abbau von Kapazitäten, wie von der GAL gefordert, der Union nicht leicht fällt. Hier wäre allerdings denkbar, sich zunächst einmal auf einen Prüfauftrag zu einigen, um die Lage zu ermitteln, ehe man sich auf konkrete Maßnahmen einigt. Ein ähnliches Verfahren ist auch bei einem weiteren zentralen Punkt der inneren Sicherheit vorstellbar: der Videoüberwachung kriminalitätsbelasteter öffentlicher Plätze und Straßen. Die CDU will eine Ausweitung, die GAL drängt auf härtere Kriterien. Möglich ist, dass auch die Fachpolitiker der inneren Sicherheit bei CDU und GAL in einer Arbeitsgruppe zusammensitzen, um nach Lösungswegen für die heiklen Fragen zu suchen, wie dies auch schon für andere Politikbereiche der Fall ist.
Das alles sieht nicht nach schnellen Erfolgen aus. Ein Teilnehmer bezeichnete die Gespräche denn auch als "zäh". Am guten Willen werden die schwarz-grünen Bemühungen trotzdem garantiert nicht scheitern. Das hatte sich erneut am Morgen zum Auftakt der Verhandlungen gezeigt. Gut gelaunt und sichtlich erholt trafen die Gesprächspartner ein. GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch sagte, sie habe sich "ein bisschen erholt vom Dauerstress des Wahlkampfes seit Oktober" und den ersten Verhandlungsrunden. Für die GAL-Innenpolitikerin Antje Möller, die gestern Geburtstag hatte, hatte Goetsch einen Blumenstrauß mitgebracht. CDU-Fraktionschef Frank Schira, leicht gebräunt vom Italienurlaub, ging "fröhlich optimistisch" in die Gespräche: "Ich glaube nicht, dass wir bluten werden." Unterdessen hat die GAL Wandsbek als erster Kreisverband eine Urabstimmung der Mitglieder über einen möglichen schwarz-grünen Koalitionsvertrag gefordert.