Hamburgs ehemalige Zweite Bürgermeisterin schließt auch Koalition mit der CDU nicht aus, will ein Bündnis mit der Linken aber nicht eingehen.

ABENDBLATT: Einige in Ihrer Partei scheinen es gar nicht abwarten zu können, dass es zur schwarz-grünen Regierungsbildung kommt. Teilen Sie die schwarz-grüne Euphorie?

KRISTA SAGER: Erstens glaube ich, dass die große Mehrheit der Grünen in Hamburg diese Euphorie nicht empfindet. Zweitens ist Schwarz-Grün definitiv nicht unser Ziel in Hamburg. Unser Ziel ist es, den CDU-Senat abzulösen und dafür im Wahlkampf eine rot-grüne Mehrheit hinzubekommen - natürlich mit einem starken grünen Akzent.

ABENDBLATT: Schließen Sie Schwarz-Grün aus?

SAGER: Nein, und das ist Ausdruck eines neuen grünen Selbstbewusstseins: Es gibt keinen Automatismus, der besagt, wenn es kompliziert wird mit den Mehrheiten, regieren immer die anderen - zum Beispiel in Form einer Großen Koalition. Wenn die Wähler der Linkspartei den Fehler machen, dafür zu sorgen, dass Ole von Beust weiterregieren kann, dadurch dass sie die Linkspartei in die Bürgerschaft wählen, dann werden wir uns nicht hinstellen und jammern: Jetzt geht nur die Große Koalition.

ABENDBLATT: Wenn das Ziel der GAL Rot-Grün ist, warum treffen Sie dann nicht eine klare Koalitionsaussage?

SAGER: Das machen wir ja im Grunde. Wir sagen klar, was unsere Priorität ist.

ABENDBLATT: GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch hat davon gesprochen, die GAL sei diesmal das "Weltkind in der Mitten", das sich den Koalitionspartner aussuchen könne.

SAGER: Ich glaube nicht, dass Christa Goetsch und ich eine Differenz in der Einschätzung haben. Dazu haben wir zu oft über das Thema gesprochen. Für uns ist klar, dass der Abstand zur SPD geringer ist als zur CDU. Das sehen auch unsere Wähler und Mitglieder genau so. Trotzdem: Wir sehen uns nicht als kleineren Teil eines Gesamtprojekts, das Rot-Grün heißt. Dazu sind die Grünen konzeptionell zu stark, und die SPD ist in einer etwas schwierigeren Verfassung in Hamburg.

ABENDBLATT: Ist die SPD in ihrem jetzigen Zustand regierungsfähig?

SAGER: Das werden die Wähler letztlich entscheiden. Ich mache mir meine Gedanken über die Hamburger SPD, möchte aber nicht öffentlich Salz in die Wunden streuen.

ABENDBLATT: Wir stark wirken bei Ihnen alte Wunden aus der gemeinsamen Regierungszeit mit der SPD noch nach?

SAGER: Eines hat die Regierungszeit belastet: das sozialdemokratische Lebensgefühl, dass die Grünen eigentlich ein entlaufener Teil der SPD sind. Das hat zu Kleinkariertheiten geführt. Das ist heute Geschichte und die Karten werden neu gemischt.

ABENDBLATT: Ist ein Bündnis mit der Linken ausgeschlossen?

SAGER: Das schließen wir aus, und zwar nicht aus grundsätzlichen ideologischen Erwägungen, sondern weil klar ist, dass man mit denen derzeit nicht regieren kann. Sie wollen auch nicht, denn sie verstehen sich als linke Protestpartei. Das ist legitim, wir waren das ja auch mal. Nur muss man wissen, was man will: Als Protestpartei ist man keine Regierungspartei. Dann muss sich die Linkspartei den Vorwurf gefallen lassen, dass sie eventuell die Ablösung des CDU-Senats unmöglich macht.

Wir haben als Grüne in den 80er-Jahren dem damaligen Ersten Bürgermeister Klaus von Dohnanyi wieder zu einer absoluten Mehrheit verholfen, weil wir Protestpartei waren. Genau so haben wir später die FDP wieder in den Senat gebracht, weil wir keine Regierungsbeteiligung wollten.

ABENDBLATT: Das heißt also: ein kategorisches Nein zu einem Bündnis mit der Linkspartei.

SAGER: Ein kategorisches Nein aus inhaltlichen Gründen. Die Linkspartei ist in Hamburg in ihrer Zusammensetzung und inhaltlich noch unklarer als auf Bundesebene. Ich erinnere mich noch an Zeiten, in denen Gregor Gysi Zustände bekam, wenn die Hamburger PDS-Leute auf einem PDS-Bundesparteitag aufliefen. Und ein Großteil der damaligen PDS-Leute ist ja heute in der Linkspartei. Daneben gibt es linke Gewerkschafter und auch Ex-Grüne, die heute zum Teil fundamentalistischer sind als mancher Ex-PDS-Bundestagsabgeordneter der Linken. Das muss man alles sehr realistisch sehen.