Bürgermeister Ole von Beust umwirbt den möglichen Bündnispartner. Doch wie realistisch ist ein Zusammenschluss der Parteien nach der Wahl? Eine Analyse.

Es gibt politische Ideen, die die öffentliche Debatte über Jahre beflügeln. Dazu zählt die Vorstellung eines Bündnisses von CDU und Grünen auf Landesebene, die in Hamburg Mitte der 90er-Jahre erstmals aufkeimte. Der Charme der Idee ist auch zwölf Jahre danach geblieben - die schwarz-grüne Aktie, so würde es an der Börse wohl heißen, hat Fantasie.

Mit Blick auf die Bürgerschaftswahl am 24. Februar 2008 bedeutet das: Die GAL hat am Wochenende bekräftigt, ohne Koalitionsaussage in den Wahlkampf gehen zu wollen. Das schließt die Perspektive Schwarz-Grün nicht aus. Und die CDU, deren absolute Mehrheit bedroht ist, schielt ohnehin nach links, weil der "geborene" Partner FDP in Hamburg nach wie vor schwächelt.

Auf kommunaler Ebene gibt es Bündnisse zwischen Union und Grünen schon seit Langem. Auch in Hamburg arbeiten die beiden schwarz-grünen Koalitionen auf Bezirksebene - in Altona und Harburg - seit dem Start 2004 im Wesentlichen geräuschlos und vertrauensvoll zusammen. Dennoch sind die Erfahrungen von der Bezirks- auf die Landesebene nur schwer übertragbar.

Ein Zusammenschluss auf Landesebene würde jedoch sofort bundesweite Aufmerksamkeit erregen, weil sich die Partner hier auf Gesetze verständigen müssen und - wie in der Bildungs-, Sicherheits- und Justizpolitik - über erheblichen Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum verfügen. Wie realistisch ein schwarzgrünes Bündnis im Rathaus nach dem 24. Februar ist, lässt sich unter drei Aspekten beantworten: inhaltlich, personell und die Gesamtkonstellation betreffend.

Inhaltlich stehen SPD und GAL nach wie vor enger zusammen als CDU und GAL. Dennoch gibt es im Bereich Stadtentwicklungspolitik breite Überschneidungen zwischen Schwarzen und Grünen. Nachdem Bürgermeister Ole von Beust und die CDU den Klimaschutz für sich entdeckt haben, ist auch auf diesem Feld mindestens eine Basis für Gespräche gefunden. In der Schulpolitik sind die Gegensätze nicht so unüberbrückbar, wie sie auf den ersten Blick erscheinen: Vor allem unterhalb der Ebene der Schulstrukturfrage ("Zwei-Säulen-Modell" der CDU ja oder nein?) sind gemeinsame Ansätze erkennbar.

In der Innen- und Justizpolitik gibt es nur einen sehr kleinen gemeinsamen Nenner zwischen beiden. Hier ist vor allem der politische Alltag - wie schon bei RotGrün 1997 bis 2001 - klippenreich. Mit jeder Abschiebung in ein Krisengebiet kann sich die Koalitionsfrage stellen. Am stärksten sind die Differenzen zwischen Union und GAL jedoch beim Umgang mit den Ergebnissen von Volksentscheiden und der Wahlrechtsreform, also beim Thema Demokratieverständnis.

Personell: Zwischen dem damaligen Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) und der GAL-Spitzenfrau Krista Sager stimmte die Chemie nicht. Auch deswegen, und nicht nur wegen der Inhalte, scheiterten die rot-grünen Verhandlungen 1993. Vergleichbares gilt für von Beust und GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch nicht. Allerdings: Während GAL und CDU längst gelernt haben, parlamentarisch zusammenzuarbeiten, sind sich die politischen Milieus der grünen und schwarzen Basis nach wie vor fremd.

Das ist ein Grund dafür, warum Schwarz-Grün angesichts der Gesamtkonstellation nur dritte oder vierte Wahl sein wird. Im Falle einer absoluten Mehrheit der CDU bleibt alles, wie es ist. Reicht es für Rot-Grün, wird diese Kombination neu aufgelegt. Reicht es für ein Bündnis von CDU und FDP, wird sich die Union wegen der größeren programmatischen Nähe zu den Liberalen dafür entscheiden. Erst wenn alle diese Varianten ausscheiden, kommt Schwarz-Grün in Betracht.