Altbürgermeister von Beust sagt vor dem Untersuchungsausschuss zur HSH Nordbank aus. Seine Erinnerungen zur Krise der Landesbank sind nur noch vage.
Hamburg. Nein, er erinnere sich "überhaupt nicht" an dieses Treffen. Nein, er "weiß nicht mehr", ob er mit Wolfgang Peiner oder Michael Freytag darüber gesprochen hat. Nein, er wisse nicht, "ob das in diesem Telefonat war oder in dem anderen". Nur "vorbehaltlich der richtigen Erinnerung" könne er dazu etwas sagen, und überhaupt: "Es ist alles lange her. Für Sie ist das nah dran, Sie haben alles gelesen. Für mich ist das weit weg, es sind viele andere Dinge geschehen."
In der Tat ist vieles geschehen im Leben des Ole von Beust in den vergangenen Monaten. Er hat einen Volksentscheid verloren, er ist zurückgetreten, die langjährigen politischen Weggefährten, die früheren Finanzsenatoren Peiner und Freytag, sind nicht mehr in ihren Ämtern.
Angesichts dieser Fülle an Großereignissen sind die Erinnerungen des Altbürgermeisters im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zur HSH Nordbank an die Krise der Landesbank nur noch vage. Der 55-Jährige verzichtete auf juristischen Beistand - im PUA ungewöhnlich - und räumte freimütig ein, zur Vorbreitung nur ein paar Unterlagen und Zeitungsausschnitte "überflogen" zu haben. In einigen Punkten war sich von Beust am Freitagabend jedoch sicher: "Ich selbst habe niemals Einfluss genommen." Und: Der umstrittene Vorstandsvorsitzende Dirk Jens Nonnenmacher sollte bleiben.
Er habe die Bestellung Nonnenmachers zum HSH-Nordbank-Chef Ende 2008 trotz dessen Forderung nach einem 2,9-Millionen-Euro-Sonderbonus mitgetragen, "weil wir der Meinung waren, dass er der Richtige war", sagte von Beust und schob ungefragt nach, er sei der Meinung, dass Nonnenmacher es "immer noch ist. Die Sanierung der Bank läuft gut. Ob man ihm andere Dinge vorhalten kann, kann ich nicht beurteilen", begründete von Beust.
Die "anderen Dinge" sind der Verdacht, die HSH habe Politiker bespitzeln lassen und unliebsamen Managern Vorwürfe bis hin zu Kinderpornos unterschieben lassen, um sich schadlos von ihnen trennen zu können. Von Beusts Nachfolger Christoph Ahlhaus (CDU) hatte die HSH aufgefordert, für Aufklärung zu sorgen, damit der Senat am Dienstag eine erste Entscheidung treffen kann, möglicherweise auch zu Nonnenmachers Zukunft.
Über dessen Berufung steuerte von Beust, erneut ungefragt, eine Anekdote bei: Die ebenfalls an der HSH beteiligten Sparkassen hätten Bedenken gegen den Mathematikprofessor als Vorstandschef gehabt, weil der so auffällige gestreifte Anzüge und "fettige Haare mit Pferdeschwanz" trage, so von Beust. In einem mehrstündigen Vorstellungsgespräch habe Nonnenmacher aber einen guten Eindruck hinterlassen.
Die entscheidende Frage, die die Opposition im PUA umtrieb, war aber eine ganz andere: War der damalige Bürgermeister im Wahlkampf Anfang 2008 über die drohende Schieflage der HSH Nordbank, die daraus resultierende Absage des Börsengangs und die drohende Kapitalerhöhung in Milliardenhöhe durch die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein informiert? Hat er sie mit Blick auf die Wahl verschwiegen? "Nein", stellte von Beust schon beim Betreten des Reimarus-Saals in der Patriotischen Gesellschaft klar. Die Bank habe gute Erträge geliefert, es habe nie einen Grund zur Nachfrage gegeben. Erst als sich 2008 die Bankenkrise entwickelte, habe er den damaligen HSH-Chef Hans Berger am Telefon gefragt, ob Schlimmeres drohe. Antwort: Nein, es werde sogar Gewinn gemacht. Er habe Berger gebeten anzurufen, wenn es Berichtenswertes gebe. "Das ist aber nicht geschehen", so von Beust. "Ich habe ihm sogar meine Handynummer gegeben, was ich ungern mache. Ich werde nicht gern gestört." Als dann im Herbst "Berger die Hosen runterließ und sagte, dass alles doch viel schlimmer ist als gedacht", sei man zu dem Schluss gekommen, Berger werde die Krise nicht in den Griff bekommen.
Partei ergriff der Altbürgermeister hingegen für Finanzsenator Carsten Frigge (CDU). Von Beust bestätigte, dass der damalige Wirtschaftsstaatsrat ihn im Frühjahr informiert habe, dass dessen Unternehmensberatung C4 den HSH-Miteigner J.C. Flowers berate, wenn auch nicht in HSH-Nordbank-Themen. Ob er das als Problem betrachtet habe, wurde von Beust gefragt. "Nein", zu dem Zeitpunkt sei die Rettung der HSH, über die die Länder zum Teil mit Flowers gestritten hatten, ja schon gelaufen gewesen.