Vor dem Kieler Untersuchungsausschuss erhob der ehemalige Wirtschaftsminister schwere Vorwürfe gegen Peter Harry Carstensen.
Kiel. Ex-Wirtschaftsminister Werner Marnette (CDU) gibt der schleswig-holsteinischen Landesregierung eine Mitschuld an der Krise der HSH Nordbank. Die Misere der Landesbank sei „kein Kind der Lehman-Problematik“. Der Zusammenbruch der US-Bank würde jedoch „als Alibi für alle politischen Fehler vor der Krise“ genutzt, sagte Marnette am Montag vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Misere der HSH Nordbank. Schwere Vorwürfe erhob Marnette gegen Ministerpräsident Peter Harry Carstensen und Finanzminister Rainer Wiegard (beide CDU). Diese hätten das Kieler Kabinett unzureichend informiert.
„Vieles sollte einfach vertuscht werden“, sagte Marnette vor dem Ausschuss. Im Lauf seiner Zeit als Wirtschaftsminister von 2008 bis 2009 habe er insgesamt 25 Anfragen zur Situation der Bank gestellt. Diese seien aber nur unzureichend beantwortet worden. Das Informationsmanagement des Finanzministers sei „katastrophal„ gewesen.
Marnette griff auch den Vorstandsvorsitzenden der Bank, Dirk Jens Nonnenmacher , scharf an. Dieser habe das Kabinett im Februar 2009 bei Beratungen über das Sanierungskonzept mit einer „oberflächlichen Powerpoint-Präsentation“ beinahe beiläufig über den Konzernverlust in Höhe von 2,8 Milliarden Euro im Jahr 2008 informiert, sagte Marnette. Carstensen und Wiegard hätten bei der Verabschiedung des Rettungspakets Anfang 2009 „unglaublichen Druck“ aufgebaut. „In wenigen Tagen mussten die Abgeordneten diese schwierige Entscheidung treffen.“
„Für unser Land war und ist die HSH Nordbank existenzgefährdend“, sagte Marnette. Das Kreditinstitut müsse deshalb unter die Aufsicht des Bankenrettungsfonds SoFFin gestellt werden. In Relation zum Haushalt Schleswig-Holsteins könne man angesichts der in der Abbaubank zusammengeführten Risikopapiere im Gesamtumfang von 70 Milliarden Euro von einer „Zeitbombe“ sprechen.
Marnette bezeichnete es deshalb als „fatale Fehlentscheidung“, dass die Bank nicht bereits im Zuge der Finanzkrise unter Aufsicht des SoFFin gestellt wurde. Er kritisierte zugleich das neue Geschäftsmodell der Bank. „Ich habe Zweifel an dem Konzept einer Abbau- und einer Kernbank.“ Letztere sei „nicht überlebensfähig“.
Marnette hatte sich bereits in der Vergangenheit wiederholt kritisch zur Lage der Bank geäußert . Der 65-Jährige war im März 2009 als Minister zurückgetreten, weil er den Kurs der Kieler Regierung bei der finanziell stark angeschlagenen Landesbank nicht mehr mittragen wollte. Die HSH Nordbank konnte 2009 von den beiden Hauptanteilseignern Hamburg und Schleswig-Holstein nur durch eine Finanzspritze in Höhe von drei Milliarden Euro vor der Schließung bewahrt werden.