Beim Eis-Gipfel wurde ein neues Konzept zur Bekämpfung der Glätte vorgestellt. Chirurgen in Norddeutschland arbeiten im Akkord.
Hamburg/Kiel. Die Chirurgen in den norddeutschen Krankenhäusern schieben wegen der Eisglätte auf Fuß- und Radwegen eine Überstunde nach der nächsten. Allein im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) behandelten Notfallärzte am Wochenende 125 Frakturen. Insgesamt wurden gut 520 Patienten aufgenommen, sagte der Chef der Unfallchirurgie, Prof. Johannes Rueger. Das waren etwa 120 Fälle mehr als an einem normalen Wochenende.
Die Sana Klinik in Lübeck behandelte im Dezember und Januar rund doppelt so viele Knochenbrüche wie sonst. Hamburgs Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (GAL) versprach nach mehreren Wochen spiegelglatter Fußwege und HVV-Haltestellen, dass die Stadtreinigung nun den Winterdienst mit 1000 zusätzlichen Kräften verstärken werde.
Hajduk sagte nach einem Krisengespräch mit Bezirksamtsleitern und Stadtreinigung eine „spürbare Verbesserung der sehr, sehr schwierigen Situation“ zu. So werde am Dienstag früh eine Hotline (040/25761313) geschaltet, bei der Anwohner nicht gestreute öffentliche Flächen melden können. Außerdem seien fünf regionale Koordinationsstellen vereinbart worden, die den Einsatz des Winterdienstes steuern sollen. „Bei zusätzlichem Schneefall wird das Personal um weitere rund 200 Personen aufgestockt, um den Räumdienst auf den Straßen zu gewährleisten“, betonte Hajduk.
Der zusätzliche Winterdienst wird sich laut Hajduk vor allem auf das Streuen vereister Gehwege konzentrieren. Die Eisschichten dort seien mittlerweile zu stark, um sie beseitigen zu können. Die Grünen- Politikerin räumte ein, dass der Winterdienst nicht optimal gelaufen sei. Wenn der Winter vorbei sei, werde man analysieren, „was wir besser machen müssen“. Nachdrücklich forderte sie die Anlieger auf, vor ihren Gebäuden der Streupflicht nachzukommen. Nach Angaben einer Behördensprecherin haftet der Hauseigentümer, wenn sich jemand auf ungeräumten Wegen vor dem Grundstück verletzt.
Besonders häufig versorgten die Ärzte im Norden Speichenbrüche sowie Frakturen am Sprunggelenk und am Oberschenkelhals. Statt der üblichen acht Ärzte waren am UKE 22 Mediziner im Einsatz. „Wir haben sogar Kollegen aus dem Urlaub zurückgeholt. In dieser Woche werden wir in drei anstatt zwei Sälen operieren“, sagte Rueger. In den Ambulanzen des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) in Kiel und Lübeck würden derzeit 50 bis 75 Prozent mehr Patienten mit Knochenbrüchen behandelt als üblich, sagte Sprecher Oliver Grieve.
Das Friedrich-Ebert-Krankenhaus in Neumünster sei bereits am Ende seiner Kapazitäten. „Wir haben einen sprunghaften Anstieg, was Frakturen betrifft“, sagte der der Leiter der Unfallchirurgie, Michael Fuchs. In den vergangenen drei, vier Wochen habe sich die Zahl der Patienten verdoppelt. „Dieser Winter ist besonders extrem“, sagt der Mediziner. So gebe es beispielsweise bei den Osteosyntheseplatten für Handgelenke bereits Lieferschwierigkeiten.