Ben (11) und seine Schwester Caja (13) rasen auf ihren Schlittschuhen über das glänzende Eis. Aber nicht etwa auf der Alster, sondern auf dem spiegelglatten Gehweg daneben. Vorbei an Hunderten Spaziergängern, die über die gefrorenen Pfützen schlittern, stolpern, rutschen. "Es macht mehr Spaß, über die hügeligen Wege zu fahren, anstatt über das glatte Eis auf dem Wasser", sagt Ben.
Dagegen ist Martin Schellenberg aus Nienstedten einer von 3000 Menschen, die gestern auf dem Eis der Alster unterwegs waren. "Weil es hier nicht so glatt ist". Angst vor zu dünnem Eis hat der 46-Jährige nicht. Vor einer Woche hatten sich noch 35 000 Besucher aufs Eis gewagt.
Zwischen zwölf und 17 Zentimeter "belastbares Kerneis" hatte die Umweltbehörde am Freitag auf der Außenalster gemessen - an manchen Bohrlöchern allerdings nur acht Zentimeter. Diese Stellen hat die Behörde markiert, sie sollten auf keinen Fall betreten werden. Für den Rest der Außenalster gilt: betreten auf eigene Gefahr. 35 Feuerwehrleute und 55 Polizisten sind rund um die Alster in Einsatz. Die Feuerwehr: "Wir mussten noch keinen vom Eis holen."
Warum das Alstereis trägt, erklärt Herbert Gottschalk, Statik-Experte des TÜV Süd. Er unterscheidet zwei Faktoren: Steifigkeit des Eises und dessen Auftrieb. Während für wenige Menschen schon zehn Zentimeter Eisdicke ausreichen, wird der Auftrieb zur entscheidenden Größe, wenn Tausende auf der Außenalster stehen. Der Effekt: Gefriert Wasser zu Eis, dann vergrößert sich sein Volumen - das kennt man von Glasflaschen, die im Gefrierfach explodieren. Eis hat also eine geringere Dichte als Wasser: Es schwimmt oben und trägt sogar die Menschen, die auf ihm stehen - wie ein Boot. Dabei gilt: Ein Zentimeter dickes Eis auf einer Fläche von einem Quadratmeter kann ungefähr ein Kilogramm tragen. Zwölf Zentimeter Eis tragen rund zwölf Kilogramm. Ein Mensch, der 80 Kilo wiegt, braucht bei zwölf Zentimeter Stärke 6,5 Quadratmeter Alstereisfläche - durchschnittlich. Kein Problem, solange nicht Hunderte an einer Stelle stehen, sagt Gottschalk.