Lippstadt. Umsatz beim Licht- und Elektronikhersteller aus Lippstadt geringer als erwartet. Sparprogramm in Europa trifft das neue Hauptquartier.

Die Krise in der Automobilbranche wirkt sich auch auf die deutsche Nummer Eins in der Scheinwerfertechnologie aus. Forvia Hella aus Lippstadt rechnet in diesem Jahr mit bis zu 600 Millionen Euro weniger Umsatz weltweit. „Wir befinden uns bereits seit Beginn des Geschäftsjahres in einem sehr anspruchsvollen Branchenumfeld. Vor allem seit Mitte des Jahres verschlechtern sich jedoch die Rahmenbedingungen weitaus stärker als erwartet“, sagt Bernard Schäferbarthold, Vorsitzender der Geschäftsführung von Forvia Hella. Statt bis zu 8,6 Milliarden Euro Umsatz könnte Hella in diesem Jahr sogar unter 8 Milliarden Euro bleiben.

Bernard Schäferbarthold ist Chef des Autozulieferers Hella aus Lippstadt.

„Wir gehen daher davon aus, dass sich die Belastungen auf unsere Geschäftsentwicklung nach vorne heraus weiter intensivieren werden.“

Bernard Schäferbarthold

Schäferbarthold hält die Negativentwicklung offenbar auch nicht für eine Momentaufnahme: „Wir gehen daher davon aus, dass sich die Belastungen auf unsere Geschäftsentwicklung nach vorne heraus weiter intensivieren werden.“ Kurz: Der Sparkurs in Europa muss schneller umgesetzt werden und gegebenenfalls auch drastischer ausfallen. Das Prestigeprojekt „Cells“, mit Signalwirkung für den Stammsitz Lippstadt, liegt demnach auf Eis: Für einen dreistelligen Millionenbetrag sollte der Bau eines modernen Hauptquartiers eigentlich bereits in diesem Jahr begonnen werden. Derzeit sei die Realisierung des Projektes „kaum darstellbar“, heißt es aus der Firmenzentrale. Aus mehreren Gründen: Der Markt gebe aktuell nicht den nötigen Rückenwind. Eine bemerkenswerte Einschätzung für das Unternehmen, das seit vielen Jahren nur Aufwind kennt. Zudem seien die Bau- und Zinskosten derzeit hoch. Mögliche Kredite würden von Banken für Investitionen in der Autobranche derzeit mit Risikoaufschlägen belegt, was Cells am Ende noch teurer machen würde als geplant.

„Das Geld, das wir für den Neubau von Cells aufbringen müssten, würde uns daher an anderer Stelle fehlen. Angesichts der tiefgreifenden Transformation der Branche und der Geschwindigkeit, mit der sich diese vollzieht, können wir uns das aktuell nicht leisten“, teilt ein Sprecher des Unternehmens dieser Zeitung mit.

Hella könne nur dann gestärkt aus dieser Phase hervorgehen, wenn jetzt richtig priorisiert werde, und man damit am Ende schneller und technologisch stärker sei als die Konkurrenz. „Dies ist keine Entscheidung gegen den Standort Lippstadt und gegen seine Beschäftigten. Es ist eine Entscheidung für Forvia Hella, für unsere Technologien, für die Zukunft unseres Unternehmens“, sagt der Sprecher. Schäferbarthold hatte jüngst im Interview mit der Westfalenpost noch erklärt, dass Hella am Standort Lippstadt wettbewerbsfähig sein könne.

Investitionen in Märkte in Amerika und Asien statt Europa

Hella benötigt das Geld nun also dringender, um dem Abwärtstrend zu begegnen und in die Produktionen zu investieren. Aktuell werden die europäischen Werke neu ausgerichtet. Die Hauptfokus gilt aber klar den Märkten in Asien und Amerika. „Um die derzeitigen Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen, werden wir zum einen unsere Geschäftsaktivitäten in den amerikanischen und asiatischen Märkten konsequent ausbauen. Zum anderen werden wir unsere Kostenstrukturen insgesamt weiter verbessern und das im Februar dieses Jahres eingeleitete Wettbewerbsprogramm für Europa beschleunigen“, kündigt Schäferbarthold an.

Gründe: Schwaches Chinageschäft und stagnierender Markt für E-Autos

Das Unternehmen führt die Krise auf dem Automarkt weltweit, die Hella bislang weniger stark betraf als Mitbewerber, als einen Grund an. Die Fahrzeugproduktion habe sich im Laufe dieses Jahres noch schwächer entwickelt als in Lippstadt erwartet. Eine Folge sei auch, dass Hella-Kunden geplante Serienanläufe verschoben hätten. Insbesondere der schwächelnde Markt mit Elektroautos und der sich negative entwickelnde Markt in China wirkten sich negativ aus.

Hella erwartet demnach für das laufende Jahr nun einen Umsatz zwischen rund 7,9 und 8,1 Milliarden Euro. Geplant war eigentlich zwischen 8,1 und 8,6 Milliarden Euro zu erzielen. Nachdem sich die Hella-Aktie zuletzt deutlich über die 90-Euro-Marke auf einem Allzeit-Rekordniveau bewegte, wirkten sich die jüngsten Unternehmensnachrichten negativ auf den Kurs aus. Am Freitagmittag lag der Kurs der im M-Dax notierten Aktie des Autozulieferers nur noch bei knapp 89 Euro.

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