Bad Berleburg. Fresenius AG will sich neu aufstellen und verändert Verhältnis zur Konzerntochter Vamed. Das schürt Zukunftsängste in Bad Berleburgs Kliniken.
Eine Nachricht aus Wien hat für Verunsicherung bei den Mitarbeitern der beiden Vamed-Kliniken in Bad Berleburg gesorgt: Der Gesundheitskonzern Fresenius hatte bereits im Februar bei einer Bilanzpressekonferenz eine Restrukturierung angekündigt. Wie die aussehen könnte, das berichten österreichische Medien jetzt. Fresenius hatte angekündigt, seine Geschäftsfelder von vier auf zwei zu reduzieren. Betroffen sein soll die österreichische Vamed, an der Fresenius 77 Prozent hält. Der neue Vorstandsvorsitzende von Fresenius Michael Sen soll angekündigt haben, dass diese Beteiligung nur noch als Finanzbeteiligung geführt werden solle. Hintergrund könnte sein, das Vamed dem Vernehmen nach 2022 nur eine Rentabilität von 0,8 Prozent ausgewiesen haben soll.
Zeugnis für Bad Berleburg
Auf Anfrage dieser Zeitung äußert sich die Vamed Gesundheit Holding Deutschland GmbH. Der Konzernsprecher Erik Thiel weist die Gerüchte um eine bevorstehenden Verkauf der Vamed-Anteile durch Fresenius ab: „Wir beteiligen uns nicht an Verkaufsspekulationen. Etwaige Ankündigungen dazu hat es nicht gegeben“. Thiel bestätigt aber die Veränderung in der Struktur des Verhältnisses zwischen Fresenius und Vamed: „Wie bereits im Februar kommuniziert, wird Fresenius künftig die weitere Entwicklung von Fresenius Vamed als Investment Company begleiten.“
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Den Mitarbeitern in Wittgenstein will Thiel aber die Sorgen um Veränderungen oder Jobverlust nehmen: „Bad Berleburg mit seinen zwei Vamed Kliniken ist ein wichtiger und selbstständiger Teil der Vamed Gesundheit Holding Deutschland und soll sich auch in Zukunft in diesem Rahmen entwickeln und entfalten. Die täglichen Anstrengungen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Bad Berleburg richten sich auch weiterhin voll und ganz auf die Versorgung und das Wohl unserer Patienten. Übrigens: Beide Standorte senden deutliche Zukunftssignale und stellen derzeit aktiv neue Kolleginnen und Kollegen ein bzw. haben verschiedene Stellen ausgeschrieben“.
Beständiger Strukturwandel
Der Strukturwandel im Gesundheitswesen hat in Bad Berleburg Geschichte. Aus dem Kurbad mit mehreren Kliniken unter dem Dach der Wittgensteiner Kuranstalt hatte der kürzlich verstorbene Dr. Hans Hermann Leimbach die Wittgensteiner Kliniken Allianz und später eine WKA AG geformt. Zum WKA-Verbund gehörten damals insgesamt 21 Fach- und sieben Akutkliniken mit zusammen rund 5500 Betten. Die Wittgensteiner Kliniken AG beschäftigte zu diesem Zeitpunkt rund 4600 Mitarbeiter, die zusammen einen Jahresumsatz von 220 Millionen Euro erwirtschafteten. 1998 übernahm der private Klinikbetreiber auch das ehemalige Kreiskrankenhaus Wittgenstein, das heute als Vamed-Akut-Klinik firmiert.
2001 organisierte Leimbach die Übernahme der Aktiengesellschaft durch den Gesundheitskonzern Fresenius: 93 Prozent der 659 Aktionäre der Wittgensteiner Kliniken AG hatten das Angebot des Krankenhausträgers angenommen. Sie tauschten damals je 37 WKA-Anteile für einen von Fresenius ein. Auch das Kartellamt hatte zugestimmt.
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Erste Umstrukturierungen in 2006
Fresenius gruppierte seine Neuerwerbung sukzessive um und gliederte sie 2006 in der Helios-Kliniken GmbH neu. Die erste Hiobsbotschaft für viele Beschäftigte: Zum Jahresende 2011 schloss die Herz-Kreislaufklinik. Das bedeutete einen Arbeitsplatzverlust für rund 140 Beschäftigte. Hauptgrund für die Schließung sei der Trend im Reha-Bereich, immer mehr kardiologische Patienten nur für eine ambulante Reha zuzulassen.
2017 wurden die Geschäftsführungen von Reha-Kliniken und Akutkrankenhaus gebündelt. Sie setzte den Strukturwandel fort, der vor allem die Bündelung der Rehaangebote unter einem Dach vorsah.
Kliniken in einem Gebäude zusammengefasst
In den Jahren 2018/2019 folgte dann der nächste Wechsel im Konzern: Fresenius übertrug bundesweit 17 Rehakliniken, 3 Rehazentren, 2 Akutkliniken, 11 Pflegeeinrichtungen, 2 touristische Einrichtungen und 13 Service-Gesellschaften an die Vamed und bündelte somit die Reha- und Pflege-Kompetenzen in einem Unternehmensteil. Die Bad Berleburger Reha-Klinik und die Akut-Klinik gehören seither zum Vamed-Konzern.
Gleichzeitig vollzog sich auch ein logistischer Kraftakt, weil die bisher auf mehrere Standorte in Bad Berleburg verteilten Reha-Kliniken nicht nur sprichwörtlich unter einem Dach zusammengezogen wurden.
2020 war die leerstehende Rothaarklinik an einen privaten Investor verkauft worden. Im gleichen Jahr wurde auch die Baumrainklinik „leergezogen“ und dient seither als Bettenhaus für Begleitpersonen, beherbergt Flüchtlinge und eine Kita für Kinder von Geflüchteten.