Ehemalige Rothaarklinik: „Das Ding können Sie abreißen!“
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Bad Berleburg. Carsten Schulte-Müller wollte hier eine Seniorenresidenz in Bad Berleburg errichten. Jetzt ist die Klinik ein Lost Place. Das hat viele Ursachen.
Nicht nur der marode Eins-A-Komplex in der Kernstadt entwickelt sich mehr und mehr zu einem „Lost Place“ – als einem verlorenen Ort. Auch die ehemalige Rothaarklinik „Am Spielacker“ hat das Potenzial, zu einer Problemimmobilie zu werden.
Die Pläne des Arnsberger Geschäftsmannes Carsten Schulte-Müller, in dem Gebäude eine Seniorenresidenz mit Eigentumswohnungen in gehobenem Standard zu errichten, sind geplatzt. „Ich beschäftige mich nicht mehr mit dieser Immobilie und habe damit nichts mehr zu tun“, sagt Schulte-Müller im Telefongespräch mit der Redaktion. Gerüchte, dass er als Besitzer offene Rechnungen im Zusammenhang mit dem Erwerb der Immobilie nicht beglichen haben soll, dementiert Schulte-Müller im Gespräch mit dieser Zeitung: „Ich habe keine Rechnungen vorliegen,die ich begleichen müsste.“
Im Dezember 2020 hatte er als Kopf einer Investorengemeinschaft noch ganz anders gesprochen. Hintergrund für das Scheitern der Pläne seien die jüngsten Krisen: „Wir hatten die Gesundheitskrise mit Corona, jetzt haben wir eine Bankenkrise und Inflation. Viele Investoren, zum Beispiel Niederländer in Winterberg, begraben gerade ihre Pläne“, sagt Schulte-Müller. Es sei schwierig, Projekte zu finanzieren und noch schwieriger seinen die Behörden und die Bürokratie. So habe die Stadt Bad Berleburg beispielsweise seine Ideen für Wohnungen in der Klinik nicht mitgetragen: „Die wollten das nicht.“
Das sagt die Stadt
Die Rothaarklinik: Eine Geschichte in Bildern
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Die Stadt Bad Berleburg indes verweist auf ganz andere Probleme im Zusammenhang mit Schulte-Müller und den Besitzstrukturen und Verantwortlichkeiten für die Immobilie: „Nach unserer Kenntnis ist Herr Carsten Schulte-Müller nicht mehr der Besitzer der Immobilie, handelt aber wohl nach wie vor für den neuen Eigentümer“, erklärt die Fachbereisleiterin Bürgerdienste Regina Linde. Und auch Vamed betont, dass die Klinik im Oktober 2020 veräußert wurde.
Wie die Stadt weiter berichtet , sei die Bezirksregierung Arnsberg der Auffassung, dass „eine zeitnahe Herrichtung der Immobilie als Landesaufnahmeeinrichtung aufgrund des derzeitigen Zustandes des Objektes nicht möglich“ sei. Insofern scheide auch eine zuletzt diskutierte Verwendung der Immobilie als kommunale Gemeinschaftseinrichtung zur Aufnahme von Geflüchteten aus, da die Geflüchteten und Vertriebenen in der Kommune weitaus länger in einer Gemeinschaftseinrichtung verweilen, als in einer Landesaufnahmeeinrichtung und somit die Anforderungen an die Räumlichkeiten nochmals steigen, berichtet Regina Linde und schließt mit dem Satz: „Da sich die Immobilie wie erwähnt in Privatbesitz befindet, ist uns nicht bekannt, welche weitere Verwendung dafür geplant ist.“
Wer genau aktuell Besitzer des Gebäudes ist, konnte auch diese Redaktion noch nicht ermitteln. Fakt ist aber, dass sich der Zustand erheblich verschlechtert, auch wenn die Umfassende Zaunanlage den Zutritt zum Gebäude erschwert. Die Unterhaltung aber verschlingt offenbar viel Geld: Schulte-Müller spricht von 360.000 Euro Nebenkosten bei einem geschätzten Kostenfaktor von 4 Euro je Quadratmeter. Zusammengenommen mit den Schäden am Gebäude kommt er zu einem klaren Schluss: „Das Ding können Sie abreißen!“
Die Geschichte der Klinik
Damit würde eine lange Geschichte des Gebäudes zu Ende gehen: Von 1975 an wurden hier fast 40 Jahre lang Menschen mit psychosomatischen Erkrankungen therapiert – erst unter dem Dach der Wittgensteiner Kliniken AG und später unter Helios und Vamed.
Als im Jahr 2012 mehr Platz für die steigende Patientenzahl der Klinik für Psychosomatik, Psychotherapie und psychiatrische Rehabilitation benötigt und eine größere räumliche Nähe zu den anderen Fachbereichen hergestellt werden sollte, zogen 100 Mitarbeiter und 130 Patienten in den Arnikaweg um. Das Gebäude am Spielacker blieb bis zur Vermietung an die Bezirksregierung im Jahr 2014 leer. Anschließend war die Klinik bis zum August 2019 als Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) für Asylbewerber und Flüchtlinge genutzt worden. Zwischen 300 und 500 Personen waren dort untergebracht.
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