Warstein. Legionellen sind vermutlich die Ursache für die mysteriösen Erkrankungen in Warstein. Das Soester Gesundheitsamt meldet vier positive Befunde. Die Legionellen könnten über eine Klimaanlage übertragen worden sein. Warum deswegen aber nicht jede Klimaanlage sofort gefährlich ist. Experten des Gesundheitsamtes suchen die mögliche Quelle.
Sechs weitere Erkrankungsfälle hat es in Warstein gegeben. Bei insgesamt 68 Patienten ist die Krankheit in Form einer schwerer Lungenentzündung aufgetreten. Mit traurigen Folgen: Zwei Männer (47 und 53 Jahre alt) sind am Wochenende in Warstein gestorben. Nun gibt es erste Hinweise auf die Ursache für die Erkrankungswelle.
Gesundheitsexperten forschen nach Quelle
Nach Angaben des Kreis Soest hat es mittlerweile vier positive Legionellenbefunde gegeben, die bei noch „frisch“ Erkrankten nachgewiesen werden konnten. Jetzt suchen die Gesundheitsaufseher des Kreises Soest die mögliche Erregerquelle.
Unterstützt werden sie dabei von Prof. Dr. Martin Exner, Leiter des Instituts für Hygiene und öffentliche Gesundheit der Uniklinik Bonn. Er gilt als ausgewiesener Legionellen-Experte und leitete 2010 die Untersuchungen in Ulm. Nicht ausgeschlossen ist derweil, dass sogar mit Hubschraubern nach Klimaanlagen gesucht wird.
Die betroffenen Patienten werden nun von den Gesundheitsaufsehern des Kreises mit einem auf den Legionellen-Verdacht spezifizierten Fragebogen des Bielefelder Landeszentrums für Gesundheit befragt, um den Ausgangspunkt des Erregers eingrenzen zu können.
„Teilweise sind die Patienten schon entlassen worden, aber auch sie werden noch befragt“, sagt Kreis-Pressesprecher Wilhelm Müschenborn. Sollten die Legionellen tatsächlich über eine Klimaanlage verbreitet worden sein, dann kann eine weitere Verbreitung der Legionellen derzeit nicht ausgeschlossen werden.
Gesundheitsamt kontrolliert größere Klimaanlagen auf Legionellen
Das Gesundheitsamt konzentriert sich bei der Suche nach der möglichen Quelle der Legionellen auf größere Klimaanlagen. Betreiber solcher Rückkühlungstechnik in der Kernstadt Warstein oder in den Ortsteilen werden aufgerufen, die Installationen dem Kreis Soest (Telefon 02921/302138 oder E-Mail ruediger.grosse@kreis-soest.de) mitzuteilen, damit Proben genommen und auf Erreger untersucht werden können. Mitarbeiter der Gesundheitsaufsicht werden am Mittwoch selber vor Ort im Stadtgebiet Warstein größere Gebäude auf Klimaanlagen in Augenschein nehmen und Eigentümer ansprechen.
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Zu dem Verdacht, eine Klimananlage könne die bakteriellen Erreger über das Kondenswasser verbreitet haben, passt auch das Wetter. Die Inkubationszeit beträgt zehn bis 14 Tage. In diesem Zeitraum war es in Warstein sehr heiß: „Da liefen die Klimaanlagen natürlich auf Hochtouren“, weiß Müschenborn. Die Legionellen könnten über die Abluft der betroffenen Klimaanlage nach außen gedrungen sein und so Menschen angesteckt haben. „Das ist im Prinzip wie bei einem Kühlschrank, wo hinten die warme Luft herauskommt“, erklärt Müschenborn.
Legionellen-Suche in Warstein
Für die Gesundheitsaufseher aus Soest ist es jetzt entscheidend, so zeitnah wie möglich herauszufinden, wo sich die Erkrankten aus Warstein in den vergangenen Tagen aufgehalten haben, um die mit Legionellen befallene Klimaanlage so schnell wie möglich lokalisieren zu können.
Patienten im Krankenhaus mit Fragebögen besucht
Dazu besuchten die Experten am Dienstag mit speziellen Fragebögen die Patienten im Krankenhaus Maria Hilf. Auch bereits entlassene Patienten wurden vom Gesundheitsamt befragt. „Zwar wurden die Patienten natürlich allgemein schon befragt, aber jetzt wurde gezielt mit dem auf Legionellen-Verdacht spezifizierten Fragebogen nochmals gefragt“, sagt Müschenborn.
Wie können Legionellen aus Klimaanlage kommen? - Antwort eines Experten
Doch wie kommen Legionellen überhaupt in eine Klimaanlage? „Klimaanlagen haben immer die Funktionen Zuluft/Abluft/Befeuchtung/Entfeuchtung“, erklärt der Warsteiner Heizungsbaumeister Nils Hopf, „um Legionellen zu verteilen, benötigen die Anlagen eine Anbindung an die Wasserversorgung. Die ist nur bei Zentralklimageräten der Fall.“
Bei diesen Zentralanlagen wird Wasser als Wassernebel in den Luftstrom gegeben und dann über das Luftsystem verteilt. „Wenn hier das Wasser mit Legionellen konterminiert ist, verteilen sich diese natürlich rasend schnell in dem Gebäude“, erklärt Hopf.
Momentan geht das Gesundheitsamt des Kreises aber davon aus, dass die Legionellen über die Abluft einer Klimaanlage verbreitet wurden. Inzwischen besteht die leise Hoffnung, dass die Krankheitswelle in Warstein langsam abebbt. Bis Dienstag Nachmittag wurden noch sechs weitere Patienten mit derselben Lungenentzündung eingeliefert. „Es wird aber zumindest nicht mehr“, sagte Oberarzt Lutz Humpert, hygienebeauftragter Arzt am Dienstag.
Warsteiner Krankenhaus koopiert mit Hausärzten
Das Warsteiner Krankenhaus Maria Hilf kooperiert eng mit den Hausarztpraxen. „Die Bürger melden sich vermehrt, weil sie verunsichert sind“, berichtet Pflegedienstleiter Klaus Wohlmeiner, „wir unternehmen alles, um bestmöglich gewappnet zu sein. Die Zusammenarbeit klappt sehr gut.“
So erstellen bereits die Hausärzte bei Verdachtsfällen die Röntgenbilder der Lunge, mit denen sich spezifische Merkmale der Erkrankung nachweisen lassen können. Im Krankenhaus laufen diese Informationen dann zusammen.
Kein Patientenansturm in Praxen - Bürger vertrauen Ärzten und Behörden
Dennoch blieb bei den Hausärzten in der Stadt Warstein ein Patientenansturm weitgehend aus. Von Angst oder Panik sei bei den Praxis-Patienten nichts zu spüren. Auch unsere Blitzumfrage unter den Warsteinern ergab: Die meisten Bürger vertrauen darauf, dass die Ärzte die Krankheit in den Griff bekommen und die Behörden die Ursache ermitteln. Sorgen um ihre persönliche Gesundheit machen sich die Wenigsten.
Isolde Weber aus Warstein bemerkt allerdings: "Mir geht es gesundheitlich gut, ich habe keine Symptome. Aber trotzdem fühle ich mich hier irgendwie doch sehr unwohl, weil man einfach nicht weiß, woher es kommt."
Rolf Henning aus dem Ortsteil Belecke sagt: "Ich fühle mich sicher. Wir haben hier in Warstein und in der Umgebung sehr gute Ärzte, die werden das schon in den Griff bekommen, da glaube ich ganz fest dran."
Chefärzte in Warstein stellen sich vor
Für Walter Fegler aus Warstein steht fest: "Ich würde nicht warten, wenn es mir plötzlich nicht gut geht, sondern würde direkt das Krankenhaus aufsuchen. Mit so etwas ist ja schließlich nicht zu scherzen."
Und Stefan Heitler aus Warstein macht klar: "Ich fühle mich eigentlich sicher. Wirklich große Gedanken mache ich mir direkt jetzt nicht. Es wird ja sicher alles Notwendige unternommen, um die Ursache zu finden."