Siegen. Der Personalmangel ist eines von vielen strukturellen Problemen der Siegener Kinderklinik: Eine vernünftige Versorgung macht das immer schwerer

Die DRK-Kinderklinik Siegen fordert finanzielle Unterstützung vom Land Nordrhein-Westfalen: Anlässlich des im Landtag erstellten „Masterplan Kindergesundheit“ kam es nun zum Austausch zwischen der Geschäftsführung der Klinik und dem geschäftsführenden Vorstand der SPD-Fraktion im NRW-Landtag.

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Im Januar hatte die SPD-Fraktion den Antrag „Masterplan Kindergesundheit“ in den Landtag eingebracht, um den vielen Problemstellungen in der stationären, aber auch ambulanten Versorgung entgegenzuwirken. „Die Kinder- und Jugendmedizin in NRW steht immer wieder kurz vor dem Burnout. In einigen Kommunen herrscht an Kinderarztpraxen nach wie vor ein Aufnahmestopp. Auch Kinderkliniken sind in ganz Nordrhein-Westfalen immer wieder – insbesondere in den kalten Monaten – überlastet“, sieht Thomas Kutschaty, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag in NRW, akuten Handlungsbedarf.

Strukturelle Probleme auch für DRK-Kinderklinik Siegen

Auch die Siegener DRK-Kinderklinik hat mit strukturellen Problemen zu kämpfen. Besonders der akute Personalmangel macht der Klinik zu schaffen. Die Fehler der Vergangenheit fallen den Kliniken heute auf die Füße, betont Carsten Jochum, Geschäftsführer der DRK-Kinderklinik Siegen. Kinderärzte seien kaum mehr vorhanden und auch in Zukunft könne kaum mit Nachwuchs gerechnet werden. Eine vernünftige Versorgung von jungen Patienten ist unter diesen Voraussetzungen nur schwer möglich, betont er.

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Dazu macht sich auch der Arbeitskräftemangel in den krankheitsbedingten Ausfällen des aktuellen Personals immer deutlicher bemerkbar. „Wir haben in den letzten Monaten bis zu 18 Prozent Dienstausfälle. Das ist zusätzliches Personal was einfach nicht da ist“, warnt der Kinderklinik-Geschäftsführer.

DRK-Kinderklinik Siegen: Personalmangel führt zu exorbitant hohen Wartezeiten

Der Personalmangel zeige sich dann in den exorbitant hohen Wartezeiten in der stationären Behandlung – bis zu sechs Monate müssen Kinder auf einen Termin warten – oftmals mit langer Anreise zu den Kliniken, so Dr. Heiner Ellebracht, stellvertretender Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Besonders bei psychiatrischen Behandlungsangeboten, bei denen viele stationäre Termine anstehen, sei dies für Eltern kaum umsetzbar. Ellebracht rät daher dazu, präventiv einzugreifen und über Schulen erste Anlaufstellen für die Kinder- und Jugendpsychiatrie zu schaffen. „Wir müssen viel stärker an die Schulen ran“, betont er.

Gemeinsamer Austausch: Die Verantwortlichen der DRK-Kinderklinik treffen sich mit der SPD-Landtagsfraktion NRW.
Gemeinsamer Austausch: Die Verantwortlichen der DRK-Kinderklinik treffen sich mit der SPD-Landtagsfraktion NRW. © SPD

Die SPD-Landtagsfraktion hat die Herausforderungen der Kinderkliniken erkannt und fordert daher Veränderungen. „Kinderkliniken stehen oft unter einem enormen finanziellen Druck, weil es keine ausreichende Berücksichtigung der besonderen Umstände in der Kinder- und Jugendversorgung gibt. Das muss sich ändern. Für eine individuelle Versorgung jedes Kindes und jedes Jugendlichen ist außerdem eine ausreichende Personaldecke notwendig, erklärt Lisa-Kristin Kapteinat, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der NRW-SPD.

Die DRK-Kinderklinik hofft über ihr neues Ausbildungsprogramm ausländische Fachkräfte für sich zu gewinnen, doch auch das ist in dieser Form nicht ausreichend, um die Personalsituation zu entschärfen, betont Carsten Jochum.

Gegen Versorgungslücken: DRK-Kinderklinik will viele Millionen in Infrastruktur investieren

Um den Versorgungslücken gerecht zu werden, brauche es finanzielle Investitionen in die örtliche Infrastruktur. Daher plant die DRK-Kinderklinik den Neubau der Intensivstation, der Zentralen Notaufnahme, und der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Rund 20 Millionen Euro sollen die Baumaßnahmen dann kosten. „Wir bauen nur, um Versorgungslücken zu schließen. Wenn wir das bis 2024 nicht anpassen, werden uns die Mittel gestrichen“, erklärt Dr. Hasan Sürgit, Vorsitzender des Aufsichtsrates und Vorstand des DRK-Landesverbands die kritische Gemengelage.

Zwar habe der Bund die Kinderkliniken deutschlandweit mit 300 Millionen Euro bei Bauprojekten unterstützt, die zusätzlich entstandenen krisenbedingten Preissteigerungen seien damit jedoch nicht aufzufangen – momentan sitzt der DRK auf über der Hälfte der Gesamtkosten, hält Jochum fest. „Wir müssen einen Kredit aufnehmen, um die Forderungen zu erfüllen“, bittet Sürgit um politische Unterstützung. Inflationsbedingte Kostensteigerungen wie der Anstieg von Baukosten sowie die Forderungen der Verdi-Streikenden machen eine langfristig sichere Finanzierung aktuell kaum möglich.

Forderung nach Eltern-Kind-Zentrums auf dem Siegener Wellersberg erneuert

Neben dem Neubau von Teilen der Klinikanlage erhofft sich das Kinderkrankenhaus den Bau eines großen Eltern-Kind-Zentrums am Standort der DRK-Kinderklinik zur Sicherstellung der optimalen Versorgung von Müttern, Neugeborenen und Frühgeborenen. Aktuell sorge der hohe Belegungsdruck schon dafür, dass neugeborene Kinder bereits nach zwei bis drei Wochen in die Kinderklinik verlegt werden. Um Zusatzbelastungen zu vermeiden, biete sich daher der Bau eines Eltern-Kind-Zentrums auf dem Gelände der DRK-Kinderklinik an, appelliert Jochum an die SPD-Landesfraktion.

Dazu braucht es an der Siegener Kinderklinik weitere Investitionen in die Digitalisierung – Themen wie IT-Sicherheit, der Netzwerkausbau sowie die Elektronische Patientenakte sollten schnellstmöglich angegangen werden, um einen einfacheren Ablauf an der Klinik zu gewährleisten. Auch hier muss die Anschlussfinanzierung für das Digitalpaket nach dem Krankenhauszukunftsgesetz noch geklärt werden.

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Nach dem Ende des Vortrags von DRK-Kinderklinik Geschäftsführer Carsten Jochum stimmte die SPD-Landtagsfraktion NRW den Schilderungen fast vollumfänglich zu. Der Antrag „Masterplan Kindergesundheit“ solle nun maßgeblich dazu beitragen, Missstände aufzuheben und für das Kindeswohl nötige Finanzierungen sicherzustellen, sagt Lisa-Kristin Kapteinat. Der Investitionsstau müsse ein Ende haben und gleichzeitig brauche es eine Bereitstellung von finanziellen Mitteln zur Verbesserung der Kinderkliniken. „Wir müssen endlich in unsere Kliniken in NRW investieren. So geht das nicht weiter“, verdeutlicht Thorsten Klute, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion in NRW.