Siegen. So oder so wird’s richtig teuer: Wie groß wird das neue Hallenbad Weidenau? Davon hängt ab, ob Eiserfeld erhalten bleibt. Die Gutachter sind klar
Ein großes Zentralbad würde in jeder Hinsicht weniger kosten als zwei kleinere Hallenbäder in Weidenau und Eiserfeld: Ein neues Gutachten über die künftige Bäderlandschaft in Siegen liegt vor (mal wieder), die Experten empfehlen eindeutig, das inzwischen auch in beachtlichem Umfang sanierungsbedürftige Eiserfelder Bad zu schließen und in Weidenau einen Neubau zu errichten. Die Stadtverwaltung stellt trotz der Kostenunterschiede beide Varianten (Einstandortkonzept/Zweistandortkonzept) gleichberechtigt nebeneinander – die Entscheidung muss politisch gefällt werden.
Bei den Kosten hat ein Zentralbad in Siegen nur Vorteile gegenüber zwei Hallenbädern
„Betriebswirtschaftlich liegen die Vorteile eindeutig bei der Einstandortalternative“ empfehlen die Gutachter der Düsseldorfer Unternehmensberatung Altenburg in dem Papier („Betriebsführungskonzept und Wirtschaftlichkeitsberechnung Hallenbäder der Stadt Siegen“): Fast 700.000 Euro weniger pro Jahr kostet ein Zentralbad, „was allein schon ein sehr starkes Argument für dieses Konzept ist.“ Außerdem sei es nachhaltiger, erzeuge geringere Investitionskosten, verbrauche weniger Ressourcen beim Bau, die laufenden Energiekosten seien 22 Prozent geringer. Weiterer Vorteil: Ein Hallenbad benötigt weniger Personal als zwei – weniger Kosten für Fachkräfte, die ohnehin schwer zu finden sind.
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Als „strukturellen Schwachpunkt“ eines Zentralbads bewerten die Gutachter hingegen die Auswirkungen für die Badegäste – Eiserfeld hätte dann kein eigenes Hallenbad mehr, Siegen statt derzeit drei nur noch eines, wobei das Löhrtor-Stadtbad ja ohnehin geschlossen wird. „Aus Beratersicht“, heißt es weiter, trete dieser Aspekt angesichts der Vorteile „deutlich in den Hintergrund“. Zumal die wichtigen Nutzergruppen Schulen und Vereine nicht fürchten müssten, weniger Bahnzeiten zu bekommen. Im Gegenteil: Dank längerer Jahresöffnungszeit ergäben sich – in beiden Varianten – sogar mehr Belegungszeiten als jetzt.
Beide Hallenbad-Varianten kosten Siegen im Bau ähnlich viel – aber...
Die Investitionen werden für beide Varianten ähnlich hoch beziffert: 58 Millionen Euro brutto müssten für den Bau eines neuen Zentralbads gezahlt werden – und 62 Millionen, um Eiserfeld instandzusetzen (11 Millionen) und in Weidenau das „Kompaktbad“ zu errichten (51 Millionen). Die zeitweise geplante Sanierung und Erweiterung am Bismarckplatz ist ohnehin vom Tisch, die Kosten waren derart explodiert, dass ein Neubau in Weidenau in jedem Fall wirtschaftlicher ist. Das Betriebsergebnis eines Zentralbads (Kosten für Personal, Energie, Instandhaltung, Einnahmen und Erlöse) läge mit rund 3,35 Millionen Euro pro Jahr um rund 689.000 Euro niedriger als das für zwei Standorte mit 4,04 Millionen.
Außerdem würde eine Instandsetzung auch bedeuten, dass das „Mindesthaltbarkeitsdatum“ um Jahrzehnte kürzer ist als ein komplett neues Bad. Die Bad-Planer des Velberter Büros Krieger Architekten hatten rund 50 Jahre für einen Neubau genannt, ein saniertes Bestandsgebäude würde dagegen nur rund 30 Jahre durchhalten. Für die drei derzeitigen Siegener Bäder waren in den vergangenen Jahren zudem auch keine Rückstellungen für die Bauunterhaltung gebildet worden, entsprechend ist der Haushalt damit belastet, seit die Bäder zunehmend marode werden und betriebsfähig gehalten werden müssen. Knapp 1,9 Millionen Euro Unterdeckung sei für drei Bäder vergleichsweise gering, heißt es im neuen Altenburg-Gutachten – aber der Sanierungsstau sei eben auch nicht eingepreist. Diese Kosten sind, ebenso wie eine „Puffer-Summe“ für Unvorhergesehenes, bei der Kalkulation für die Zukunft enthalten.
Schwimmen in Siegener Hallenbädern wird für Badegäste so oder so teurer
Zentralbad: Das würde mit 1335 Quadratmetern Wasserfläche „prinzipiell“ die gleichen Zielgruppen bedienen wie bisher, so die Gutachter: Öffentlichkeit, Schulen, Vereine und Gruppen, Kurse – konzentriert an einem Standort. Mit einem (teilbaren) 50-Meter-Becken würde das ebenso möglich wie Langbahntraining, was auch Chancen in Sachen Spitzensport und Wettkämpfe bietet. Das Kursprogramm könnte in einem eigens dafür mitkonfigurierten Hallenbad verbessert werden, auch dank der geplanten Erweiterung auf 76 Öffnungsstunden pro Woche (Weidenau hat aktuell 63, Eiserfeld 56). Die wöchentlichen Bahnstunden für Schulen und Vereine könnten daher fast vollständig erreicht werden, „eine sehr großzügige Situation“, befinden die Gutachter. Das könnte sogar noch ausgedehnt werden, zu Lasten allerdings der Öffentlichkeit.
Als „angemessene Preisgestaltung“ schlagen die Gutachter 4,90 Euro brutto (ermäßigt 3 Euro) vor, mit 10 Prozent Nachlass bei 10er- und 25 Prozent Nachlass bei 30er-Karten. Derzeit kostet die Einzelkarte 3,50 (ermäßigt 2) Euro. Die kostenfreie Nutzung durch Siegener Schulen und Vereine ist in der Wirtschaftlichkeitsberechnung enthalten. Für Schulen aus anderen Kommunen wird empfohlen, 25 Euro pro Bahn je 45 Minuten zu berechnen. Die Karten sollen in erster Linie über Automaten und Online verkauft werden. Es wird damit gerechnet, dass sich die Besucherzahlen leicht reduzieren (243.000 pro Jahr), vor allem weil sich Anfahrtswege verändern dürften – obwohl eine „großzügige und attraktive Schwimmstätte zur Verfügung“ stehe.
Schwere Entscheidung für die Siegener Kommunalpolitik – teuer vs komfortabel
Kompaktbad plus Eiserfeld: 926,5 Quadratmeter Wasserfläche in Weidenau, 440 in Eiserfeld – in Summe sehr ähnlich wie im Zentralbad. Die Zielgruppen könnten an zwei Standorten bedient werden, die Gutachter weisen auf den „Komfortgewinn“ für Anwohner aus Eiserfeld hin. Hier könnten auch die Sauna und Physiotherapie weiter angeboten werden. Das 50-Meter-Becken für Leistungsschwimmen entfällt, „aus Beratersicht jedoch nicht ausschlaggebend“. Die wenigsten vergleichbaren Kommunen hätten ein solches Becken, „es kann nicht als Aufgabe der kommunalen Grundversorgung verstanden werden“. Die Wochenöffnungszeiten würden angepasst (63 auf 70 in Weidenau, 56 auf 48 in Eiserfeld), die Preisgestaltung wäre genauso wie beim Zentralbad. Die Besucherzahlen wären vermutlich etwas höher (in Summe 248.000).
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Beide Konzepte sichern die Grundversorgung und das erklärte Ziel, dass alle Kinder schwimmen lernen sollen. Nachdem das Gutachten dem zuständigen Arbeitskreis präsentiert wurde und in der Folge nun durch die Ausschüsse geht, muss die Politik am Ende entscheiden, was als wichtiger erachtet wird: Eiserfeld und damit zwei Hallenbäder in der Stadt erhalten und die Vorzüge eines wohnortnahen Schwimmangebots im Stadtteil vergleichsweise teuer erkaufen – oder nachhaltiger wirtschaften und zu Gunsten eines modernen, angepassten Neubaus einen Standort aufgeben.
Die Bürgerinitiative zum Erhalt des Eiserfelder Hallenbads veranstaltet dazu einen Aktionstag: „Siegen braucht zwei Hallenbäder!“, so der Titel der Veranstaltung. Los geht es am Montag, 27. Februar, um 16.30 Uhr vor dem Hallenbad in Eiserfeld an der Eiserfelder Straße 418.