Siegen. Alle alten Hallenbäder in Siegen schließen und ein neues bauen: Angesichts der immensen Preissteigerungen wird wieder ein Zentralbad diskutiert.

  • Alle drei Siegener Hallenbäder sind in die Jahre gekommen – es braucht einen Neubau
  • Überraschend hoch sind auch die Kosten für eine Sanierung des Eiserfelder Hallenbads
  • Die 2015 verworfene Variante eines Zentralbads wird wieder diskutiert: Der Betrieb ist wirtschaftlicher

Ein Zentralbad für Siegen wird wieder wahrscheinlicher. Und damit auch die Schließung des Hallenbads Eiserfeld; zusätzlich zum Löhrtor-Stadtbad. Denn um auch in Eiserfeld den Sanierungsstau zu beheben und das Hallenbad wenigstens für ein Jahrzehnt verkehrssicher zu ertüchtigen, bräuchte es Investitionen über rund 11 Millionen Euro. Eine weitere Hiobsbotschaft für die Stadt Siegen und ihre Bäderlandschaft: Die Kosten explodieren, Verwaltung und Politik sind aktuell noch ratlos.

Das ist die Lage bei den Hallenbädern in Siegen

Eigentlich hatte sich eine Mehrheit abgezeichnet für den Grundsatzbeschluss, das alte Hallenbad in Weidenau abzureißen und ein neues an gleicher Stelle zu bauen. Im Haupt- und Finanzausschuss (HFA) legte die Technische Gebäudewirtschaft dann am Mittwoch die aktuellen Zahlen für Eiserfeld vor. Eine Summe, zusätzlich zu den bereits erheblichen Bau- und Betriebskosten von rund 50 Millionen Euro für Weidenau, angesichts derer die Politik noch keine Entscheidung treffen wollte. Bis zum Rat am 14. September sollen nun möglichst viele Informationen zusammengetragen werden – denn weder für den Weidenauer Neubau als Ersatz fürs Löhrtor gibt es eine konkrete Planung, noch für ein noch größeres Zentralbad, das auch noch Eiserfeld ersetzen soll. Zumindest ob das überhaupt an dieser Stelle machbar ist, will die Verwaltung mithilfe der externen Fachplaner prüfen.

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Überlegungen für ein Zentralbad waren bereits 2015 angestellt und verworfen worden; ebenso für ein Spaßbad und/oder Sauna. Ein funktionales Hallenbad für Vereinssport und Schulschwimmen hatten sich alle gewünscht. Die Sanierung in Weidenau schien einige Jahre die kostengünstigste Variante, diesen Aspekt der Daseinsvorsorge in Siegen sicherzustellen; mit den drastisch steigenden Bau- und Energiekosten hat sich das nun geändert. „Es erscheint durchaus realistisch, dass die komplette Wasserfläche – inklusive Eiserfeld – in Weidenau darstellbar ist“, sagte Sportdezernent Arne Fries im HFA. Ein sehr großes neues Bad auf aktuellstem energetischen Standard lasse sich zudem sehr viel wirtschaftlicher betreiben als ein neues und das in die Jahre gekommene in Eiserfeld. Seine Abteilung arbeite gerade an einer Machbarkeitsstudie zu Fern- und Nahwärme, so Peter Meyer, Leiter der Technischen Gebäudewirtschaft.

Es existiert für einen Neubau am Standort des Weidenauer Hallenbads noch keinerlei konkrete Planung – ganz zu schweigen von einem noch größeren Zentralbad.
Es existiert für einen Neubau am Standort des Weidenauer Hallenbads noch keinerlei konkrete Planung – ganz zu schweigen von einem noch größeren Zentralbad. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Dazu komme das Thema Personal, berichtete Bürgermeister Steffen Mues: Badeaufsicht sei ein überaus schwieriges Thema, man kämpfe um jede Stelle, von Jahr zu Jahr mehr. Diesen Aspekt gelte es zu berücksichtigen: Denn in einem Zentralbad käme die Stadt mit weniger Personal aus als in zwei Bädern.

Das sind die Kosten: Hallenbad Eiserfeld sanieren, Darlehen für Hallenbad Weidenau

Die Technische Gebäudewirtschaft hat mit Fachingenieuren das Eiserfelder Bad untersucht, berichtete Peter Meyer. Demnach gebe es drei Szenarien: Fünf Jahre am Leben halten (unter anderem Dach und Umkleiden sind marode) – 1,7 Millionen Euro. Ein bisschen länger am Leben halten (die Lüftungsanlage ist auch marode) – 4 Millionen. Fit für die nächsten 15 bis 20 Jahre machen und energetisch ertüchtigen: 11 Millionen Euro. So oder so: Rund 2 Millionen Euro „müssen wir sowieso in die Hand nehmen“, sagte Meyer. Laut Kämmerer Wolfgang Cavelius seien die Energiekosten für Eiserfeld „exorbitant“, der Energiestandard null.

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Der Kämmerer rechnete die Kosten eines Darlehens für den Neubau Weidenau vor – denn die Stadt hat das Geld, rund 50 Millionen Euro, nicht. Die Zinsen würden mit 1,8 Millionen pro Jahr ins Kontor schlagen, insgesamt 19 Millionen Euro. Nur Zinsen. Eine Erhöhung der Grundsteuer B um zehn Prozentpunkte bringe etwa 375.000 Euro mehr. „Wir werden große Mühe haben, das hinzubekommen“, sagte Grünen-Fraktionschef Michael Groß. Wie auch immer die Finanzierung aussehe: Sie müsse der Bevölkerung klar kommuniziert werden. Das betonte auch sein Amtskollege Detlef Rujanski von der SPD: „Wenn Kinder in Siegen schwimmen lernen sollen, hat das seinen Preis. Das müssen wir den Menschen von vornherein sagen.“ Wolfgang Cavelius stimmte zu: „Das kostet dich diese Summe, dafür kriegst du diese Leistung.“

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Neben der immensen Finanzierungsproblematik beharrte Michael Groß (Grüne) auf dem Ratsbeschluss, die Uferwege entlang aller Siegener Flüsse durchgängig begehbar zu machen, das Hallenbad Weidenau liegt da im Weg. Die Priorität liege auf einem optimalen Bad, diese Frage könne man mitbedenken, gab Stadtbaurat Henrik Schumann schmallippig zurück. Botschaft: Wir haben gerade echt andere Sorgen.

Siegen läuft die Zeit davon – Geld für Hallenbäder ist ohnehin keins da

Wie es denn mit einem interkommunalen Zentralbad aussehe, wollte der fraktionslose Stadtverordnete Roland Steffe (AfD) mit Blick auf eine mögliche Schließung in Netphen oder auf die Gemeinde Wilnsdorf, die gar kein Bad hat, wissen. So könne die Last auf mehrere Schultern verteilt werden. Er habe die Lage in der Bürgermeisterkonferenz dargestellt – inklusive „Siegen first“, also dass Schulschwimmen von außerhalb der Stadt künftig nicht mehr in Siegen stattfinden wird. Die Rückmeldungen seien eher nicht so positiv gewesen, sagte Mues. „Wir haben die Bäder jetzt jahrzehntelang mit großen Defiziten zur Verfügung gestellt.“ Die Umlandkommunen wüssten um die Lage in Siegen, wer Interesse an einer Kooperation habe, könne sich jederzeit melden. „Das ist nicht passiert.“ Arne Fries erinnerte daran, dass ja auch viele Nicht-Siegener Kinder Siegener Schulen besuchen und darüber die Siegener Bäder nutzen. Und dann werde es noch länger dauern. „Zeit haben wir nicht.“ Womöglich werde das noch ein Thema für den Kreis. Zudem gab der Bürgermeister zu bedenken, dass die Wasserfläche damit noch größer werden müsste und das Grundstück in Weidenau eher nicht mehr ausreiche.

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Weitere zeitliche Verzögerungen wie auch Kosten seien derzeit noch gar nicht darstellbar, sagte Steffen Mues. „Ich kann das auch gerade nicht greifen.“ Man werde sich bis zum Rat an einem groben Zeitplan versuchen – die Kosten nennen zu können sei äußerst unwahrscheinlich. Im Wesentlichen laufe es auf zwei Varianten hinaus, so Stadtbaurat Schumann: Eiserfeld aufgeben und maximaler Neubau als Zentralbad in Weidenau – oder Erhalt Eiserfeld und „normaler“ Neubau in Weidenau.