Siegen. Dass in Weidenau ein neues Hallenbad gebaut wird, ist klar. Offen ist, ob nicht nur das Löhrtorbad, sondern auch Eiserfeld geopfert wird.

Wird das neue Hallenbad in Weidenau „Kompaktbad“ oder „Zentralbad“? Diese Entscheidung will der Siegener Rat im Januar treffen. Eine Machbarkeitsstudie dazu hat der Rat jetzt mit Mehrheit beschlossen – Gegenstimmen gab es aus den Reihen der CDU. Denn ein „Zentralbad“ würde die Aufgabe des Hallenbades in Eiserfeld bedeuten. Ebenfalls geprüft werden soll – auf Antrag von CDU und SPD –, ob der Betrieb des neuen Bades an die Siegener Versorgungsbetriebe (SVB) übertragen werden kann.

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Fakten: Kosten und Größen, zehn 50-Meter-Bahnen?

Dass die Pläne für eine Modernisierung und Erweiterung des Hallenbades in Weidenau nicht weiterverfolgt werden, ist mittlerweile Konsens. Thomas Kalman, Geschäftsführer des von der Stadt beauftragten Büros Krieger Architekten in Velbert, hatte die Stadt selbst darauf hingewiesen, dass ein Neubau für etwa 47 Millionen Euro inzwischen auch nicht mehr teurer ist als Um- und Anbau, dessen einst auf knapp 20 Millionen Euro geschätzte Kosten explodiert sind. „Das führt unweigerlich dazu, dass wir diesen hart erkämpften Auftrag verlieren“, nannte Thomas Kalman die Konsequenz aus der eigenen Empfehlung, „wir haben den Auftrag gern angenommen.“

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Bei einem Neubau würde ein großes Schwimmbecken geschaffen, mit acht oder zehn 50-Meter-Bahnen, das flexibel aufteilbar wird, mit einem Hubboden einen Nichtschwimmerbereich herstellt und auch ein Sprungbecken abtrennen kann. Ziel der Planung, so Thomas Kalman, würde „die größtmögliche Zahl von Übungseinheiten auf der kleinstmöglichen Wasserfläche“. Nämlich 950 Quadratmeter, wie ursprünglich geplant, nun in einem neu zu errichtenden „Kompaktbad“. Oder, einschließlich der in Eiserfeld aufzugebenden Wasserfläche, 1400 Quadratmeter in einem „Zentralbad“.

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Was das Zentralbad kostet, ist offen – jedenfalls mehr als die zuletzt angenommenen rund 50 Millionen Euro, vermutete Bürgermeister Steffen Mues. „Es geht fast noch weniger um die Herstellungs- als um die Betriebskosten“, sagte Architekt Thomas Kalman allerdings auch. Da werde ein Betrieb in Weidenau und Eiserfeld jährlich um eine Million Euro teurer als nur in Weidenau, sagte Kämmerer Wolfgang Cavelius: „Das sind 30 Prozentpunkte mehr bei der Grundsteuer B.“ Aufgabe des Rates werde es sein, Prioritäten zu setzen. Denn „in Bälde“ werde dem Rat auch ein Schulbauprogramm vorgelegt. „In ähnlichen Dimensionen“, fürchtete Michael Groß (Grüne).

Eiserfeld: Marode oder nicht?

Mit oder ohne Eiserfeld? Peter Meyer, Leiter der städtischen Gebäudewirtschaft, nannte Zahlen: Akut müssten zwei Millionen Euro investiert werden, um Eiserfeld überhaupt betriebsbereit zu halten. Um das Bad noch fünf Jahre betreiben zu können, würden vier bis fünf Millionen Euro erforderlich. Und elf Millionen Euro, um dem Bad noch einmal eine Perspektive für 20 Jahre zu geben.

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Stimmen für den Erhalt des Eiserfelder Hallenbads kamen von FDP und UWG, die SPD legte sich nicht fest, die GfS will das Zentralbad: Die Fahrt nach Weidenau sei von Eiserfeld sogar kürzer als von Sohlbach oder Buchen. „Das liegt alles nicht wirklich weit auseinander“, sagte GfS-Fraktionschef Christian Sondermann. Entschieden hat sich die CDU-Fraktion. Sie sei „ganz klar“ für den Standort Eiserfeld. Der Zustand dieses Bades sei „nicht so desaströs, wie er dargestellt wird“, sagte Fraktionschef Marc Klein. Diesen von dem „Inspektionstrupp der CDU“ geäußerten Befund nannte Samuel Wittenburg (Volt) „wahnsinnig unseriös“: „Da werden Sie Ihrer Verantwortung nicht gerecht.“ Michael Groß (Grüne) warf der CDU „finanzpolitischen Blindflug“ vor. Eine Erhöhung der Grundsteuer zur Finanzierung der Bad-Kosten „kommt nicht in Frage“. Torsten Schoew (FDP) warf der CDU vor zu „vergessen, den Bürgern zu sagen, dass sie das bezahlen müssen“.

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Eiserfelder kämpfen für ihr Bad

Eiserfeld sei das bestbesuchte der – noch – drei Siegener Hallenbäder, sagte Jürgen Stinner (CDU). Es müsse erhalten bleiben, „damit unsere Kinder da schwimmen lernen, egal was es kostet.“ Das sei „schon ein bisschen viel Lokalpopulismus“, fand Joachim Pfeifer (SPD), der ebenfalls in Eiserfeld wohnt. „Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich nicht gekommen, sondern schwimmen gegangen“, kommentierte Frank Weber (CDU) die Diskussion. Die aktuell dort benötigten Mittel müssten bereitgestellt werden, weil die Stadt „fünf Jahre für Eiserfeld nichts getan“ habe: „Mit dem Neubau in Weidenau hat das nichts zu tun.“ Nach der Schließung des Hallenbades am Löhrtor werde Eiserfeld einzige Alternative sein, wenn der Betrieb in Weidenau einmal ausfallen sollte – nicht etwa Netphen: „Der Bademeister dort würde uns auslachen.“

Robert Grisse (UWG) pflichtete bei: „Wir aus dem Süden werden alles daran setzen, dass dieses Bad erhalten bleibt.“ Ansgar Cziba (Grüne) verwies auf die, die nicht mit dem Auto zum Schwimmen fahren können: „Kein Mensch denkt an die, die älter sind.“ Eine durchgehende Busverbindung von Eiserfeld nach Weidenau gebe es nicht, mit der Schließung des Bades in Eiserfeld würde zudem auch die Sauna wegfallen.

Das Hallenbad Eiserfeld: Nach Rechnung der städtischen Gebäudewirtschaft würden für den langfristigen Erhalt elf Millionen Euro investiert werden müssen.
Das Hallenbad Eiserfeld: Nach Rechnung der städtischen Gebäudewirtschaft würden für den langfristigen Erhalt elf Millionen Euro investiert werden müssen. © Viktor Dobek | Viktor Dobek

Henning Klein (Linke) forderte, „einen vernünftigen Badebetrieb für die nächsten Jahrzehnte sicherzustellen“ – und ließ Zweifel an den Einschätzungen der Verwaltung durchblicken. Das schon längst für marode erklärte Löhrtorbad „steht schließlich auch immer noch“.

Siegen First: kein Platz mehr für auswärtige Schulen

Ein Viertel des Schul- und Vereinsschwimmens wird von auswärtigen Nutzern, vor allem Schulen aus dem Umland, bestritten, sagte Leonard Wied, stellvertretender Leiter der Sport- und Bäderabteilung. Dass auswärtige Schulen im neuen Siegener Hallenbad keine Schwimmzeiten mehr bekommen, „ist den Kommunen seit Jahren bekannt“, sagte Bürgermeister Steffen Mues, „wir berechnen die Wasserfläche für Siegener Schulen und Vereine.“ Die Stadt habe Umlandkommunen und den Kreis eingeladen, sich an einer gemeinsamen Bäderlösung zu beteiligen, „es sind keine Reaktionen erfolgt.“

Den Einwand von Martin Heilmann (Grüne) gegen „Trump’sche Ideen“ wie „Siegen First“ wies Mues zurück. Heilmann hatte darauf hingewiesen, dass Siegen auch auf Nachbarkommunen angewiesen sein werde, wenn in Siegen ein Bad ausfalle. „Wo sollen denn die Siegener Kinder schwimmen?“, fragte Mues, „in Kreuztal oder Wilnsdorf?“ Außerhalb Siegens gebe es nur noch in Netphen und Neunkirchen Hallenbäder.

SVB als neuer Hallenbad-Betreiber?

„Erhebliche Synergieeffekte“ erwartet Marc Klein (CDU) von einer Übertragung des Bades an die SVB, ohne ins Detail zu gehen: Gern genutzt wurden in der Vergangenheit von Stadtwerken Möglichkeiten der Quersubventionierung, also Gewinne der einen Sparte gegen Verlust der anderen Sparte aufzurechnen und so Steuern zu sparen; erleichtert sein könnte auch die Ausschreibung und Vergabe von Aufträgen. Ob die Stadt das Hallenbad auf diese Weise aus ihrem Haushalt entfernen kann, werde „relativ schnell“ geklärt werden können, erwartet Bürgermeister Steffen Mues: Denn auch der Mitgesellschafter der Stadt, die rhenag – ein Unternehmen der Eon-Tochter Westenergie und der Kölner Rheinenergie –, müsste Freude am Einstieg ins Siegener Bädergeschäft gewinnen.

Kommentar:Bäder und Schulen: Chancen für Zusammenarbeit

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