Netphen. Sieben Standorte für einen Neubau der Grundschule Netphen stehen zur Diskussion – richtig gut ist eigentlich keiner. Das sind die Argumente:

Der Schulausschuss hat nicht darüber entschieden, ob die Grundschule Netphen neu gebaut oder an ihrem Standort Niedernetphen erweitert wird. Klar scheint aber, dass der Zeitdruck nun allgemein empfunden wird, der sich durch den ab 2026 beginnenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung verschärft. „Wir müssen vorankommen“, drängt Ignaz Vitt (UWG). Manfred Heinz (SPD) fordert, „die Schlagzahl zu erhöhen“ und nun in kurzen Abständen zu beraten: „Wir wollen nicht 2026 da stehen und blöd aus der Wäsche gucken.“

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Das sind die Varianten

Sieben mögliche Standorte für die Grundschule mit rund 300 Schülerinnen und Schülern, die bisher aus einem Verbund der Standorte Nieder- und Obernetphen besteht, stellt Stadtplanerin Ila Rosenthal dem Schulausschuss vor:

1. Sanierung Standort Niedernetphen

Hier müssten das ehemalige Lehrerwohnhaus und ein Teil des Altbaus abgerissen werden, um für einen Erweiterungsbau Platz zu schaffen. Zur Verfügung stehen 4095 Quadratmeter Grundstück – deutlich weniger als die 6500 Quadratmeter, die für eine optimale Lösung gebraucht würden. Während der Bauzeit würde ein Provisorium benötigt, auf Dauer müsste der zweite Standort Obernetphen fortgeführt werden.

2. Areal Gymnasium

Die Grundschule könnte da neu gebaut werden, wo jetzt – neben dem Gymnasium – die Kita Pusteblume steht. Auch dort gibt es zunächst nur 4116 Quadratmeter, aber eine Erweiterungsfläche von rund 5000 Quadratmetern, die jedoch nicht in Besitz der Stadt sind. Versuche, diese Fläche zu bekommen, sind bisher gescheitert, als die Stadt dort einen Bauplatz für eine Verlagerung der Sekundarschule gesucht hat. Neben die Grundschule müsste eine Turnhalle gebaut werden, die Kita würde dann am jetzigen Standort der Grundschule Niedernetphen neu errichtet.

3. Georg-Heimann-Halle

Auf den 7100 Quadratmetern stehen jetzt die Halle, ein Bolz- und ein Spielplatz. Schule und möglicherweise auch Halle würden dort neu gebaut. Die Fläche sei „eher knapp“, wendet Ilka Rosenthal ein, die Verkehrserschließung „schwierig“. Und: „Wir könnten mit Einwänden der Anwohner rechnen“ – die sich auch jetzt durch den Betrieb der Georg-Heimann-Halle gestört fühlen. Bolzplatz und Grünanlage würden entfallen. Der Neubau müsste teilweise dreigeschossig werden.

4. Sekundarschule

Diese „große“ Lösung hatte der Rat schon einmal angestoßen Sie ist daran gescheitert, dass ein Grunderwerb für einen Neubau der Sekundarschule beim Gymnasium nicht möglich war (siehe 3). Denn die Sekundarschule müsste neu gebaut werden, bevor ihre Gebäude auf dem Kreuzberg für die Grundschule umgebaut würden. „Ein Riesenbrocken“, sagt Ilka Rosenthal. Zudem sei die Erreichbarkeit der Schule auf dem Hügel für den Fahrzeugverkehr „nicht so einfach“.

5. Demler-Gelände

Seit nunmehr zehn Jahren steht die Überlegung im Raum, dass das Bauunternehmen Demler aus der Stadtmitte in das künftige Gewerbegebiet Im Bruch in Dreis-Tiefenbach umzieht. Darauf muss die Stadt warten. Eine Turnhalle müsste neu gebaut werden, auch eine Bodensanierung des insgesamt 13.000 Quadratmeter großen Geländes könnte erforderlich werden. „Eine tolle zentrumsnahe Lage“, sagt Ilka Rosenthal, aber auch: „Ein sehr hoher Aufwand.“

6. Grünfläche Reitverein

Der Freizeitpark beginnt mit Reithalle und Reitplatz des Reit- und Fahrvereins Netphen. In den Blick für den Neubau einer Grundschule gerät die 6400 Quadratmeter große Grünanlage, die allerdings gerade erst erneut bis 2031 an den Verein verpachtet worden ist. „Das ist der größte Pferdefuß“, sagt Ilka Rosenthal. Erst vor vier Jahren hatte der Rat mit großer Mehrheit beschlossen, die Sport-Kita – nun auf dem Parkplatz 1 – nicht auf dem Gelände des Reitvereins zu errichten; darauf erfolgte die Neuverpachtung.

7. Eishalle

Die Idee, nach dem Abriss der Eishalle an deren Stelle eine Grundschule zu errichten, ist schon zwei Tage zuvor im Stadtentwicklungsausschuss nicht gut angekommen. Damit, so der Einwand, würde der Freizeitpark weiter eingeengt, der neue Bewegungspark wäre von den anderen Anlagen abgetrennt.

Zwei weitere Vorschläge stehen auch noch im Raum: Schulausschussvorsitzende Silvia Glomski (Grüne) schlägt im nicht öffentlichen Teil der Sitzung einen Neubau auf dem Parkplatz zwischen Trampolinarena und Freizeitbad vor. Innerhalb der CDU-Fraktion soll – nach Informationen dieser Zeitung – ein Neubau auf der „Distelwiese“ nördlich des Parkplatzes 3, also hinter dem Haus St. Anna in Richtung Brauersdorf, diskutiert worden sein.

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Das sagt die Politik: Grundsteuer auf 1235 Prozent?

Stadtplanerin Ilka Rosenthal zieht das Resümee: „Keiner der Standorte ist optimal.“ Klaus-Peter Wilhelm (UWG), dessen Fraktion bisher einen Neubau neben oder an der Stelle der Georg-Heimann-Halle befürwortet hatte, versucht, eine neue Linie vorzugeben: Die 2019 erstellte Planung für eine Erweiterung der Grundschule Niedernetphen möge wieder aufgegriffen, der Standort „ertüchtigt“ und ein Neubau bei der Reithalle für die Jahre nach 2031 ins Auge gefasst werden. „Damit wäre allen geholfen.“

Manfred Heinz (SPD) erinnert: „Wir haben nie beschlossen, einen Grundschul-Neubau zu wollen.“ Der SPD-Fraktionschef schließt sich seinem Amtskollegen von der UWG an: kurzfristig „drei bis vier Millionen“ in Niedernetphen investieren „und den nächsten Schritt der nächsten Generation überlassen“. Der Neubau einer Grundschule würde 25 bis 30 Millionen Euro kosten, „wir rutschen sofort in den Nothaushalt.“ Manfred Heinz (SPD) warnt auch vor Spekulationen mit dem Demler-Gelände: „Dadurch wird das Grundstück noch sauteuer.“

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Dr. Sandra Groos (CDU) plädiert für einen Neubau. Den Kosten stünden Einsparungen beim Betrieb und die Verkaufserlöse für die alten Immobilien gegenüber. Der Standort Niedernetphen sei „einfach nicht mehr zeitgemäß“, die Verkehrssituation „extrem gefährdend“, Lärm und der Geruch der benachbarten Tankstelle seien belastend: „Es gibt ja Jungs auf dem Klettergerüst, die finden das toll.“ Das Finanzierungsargument lässt sie nicht gelten: „Es gehört auch zur Generationengerechtigkeit, keine Ruinen zu hinterlassen.“ Anne Höfer (Grüne), selbst Leiterin der Grundschule Wilnsdorf: „Ich als Grundschullehrerin würde mich über einen Neubau freuen.“

Bürgermeister Paul Wagener spricht sich gegen einen Neubau aus. Die Schulgebäude der Stadt seien in annehmbaren Zustand, Verbesserungen seien auch ohne Abriss möglich. Wenn die Stadt sich nicht verschulden wolle, müsse ein Neubau mit Mehreinnahmen finanziert werden, zum Beispiel durch eine Erhöhung der Grundsteuer von jetzt 535 Prozent um 700 Punkte auf dann 1235 Prozent. Mit Verkaufserlösen zur Finanzierung sei nicht zu rechnen: „Es gibt keinen Markt für Schulgebäude.“ Erzielbar wäre der reine Grundstückspreis, „abzüglich der Abrisskosten“. Ausschussvorsitzende Silvia Glomski (Grüne) wundert sich: Beim Erweiterungsbau des Gymnasiums seien pädagogische Aspekte ein wichtiges Anliegen gewesen: „Bei der Grundschule scheint es nicht so wichtig zu sein.“

So geht es weiter: Niedernetphen wird weiter geprüft

„Mehr Zahlen, mehr Fakten“, fordert Dr. Sandra Groos (CDU). Und einen neuen Blick auf den Stadtplan zur Standortsuche: „Da geht noch ein bisschen mehr.“ Manfred Heinz (SPD) will wissen, ob die Haltestellensituation in Niedernetphen verbessert werden kann und ob das Schulgebäude um eine weitere Etage aufgestockt werden kann. Prüfen soll die Verwaltung möglichen Grunderwerb im Umfeld – einschließlich des ehemaligen Gasthofs Wagener auf der gegenüberliegenden Straßenseite. „Da ist noch nicht alles ausgereizt.“

Beigeordneter Andreas Fresen kündigt an, dass die Stadt Planungsaufträge an ein externes Büro vergeben müsse: „Wir sind dazu mit unserem Personal nicht in der Lage, oder etwas anderes bleibt auf der Strecke.“ Klaus-Peter Wilhelm (UWG) widerspricht, Zeit für eine langwierige Suche nach einem Planer habe die Stadt nicht mehr: „Das ist Priorität 1, die Zeit sitzt uns im Nacken.“ Der Beigeordnete erinnert: Die Erweiterung des Gymnasiums und der Neubau des Feuerwehrgerätehauses Oberes Siegtal seien genauso dringend.

Beschlossen wird nichts. Der Antrag der UWG, die Erweiterung in Niedernetphen und einen Neubau bei der Georg-Heimann-Halle (mit oder ohne Abriss) vertieft zu untersuchen, wird mit 4:13 Stimmen abgelehnt.

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