Siegen. Kinder und Jugendliche haben nach der Pandemie Nachholbedarf: Weg vom Bildschirm, Action, was erleben. Die Stadt Siegen macht die Angebote dazu.

  • Kinder und Jugendliche wurden in der Corona-Pandemie vor allem als Schülerinnen und Schüler gesehen
  • Die Siegener Kinder- und Jugendarbeit stellt sich nun neu auf
  • Manche Jugendliche sind der Sozialarbeit auch „verloren“ gegangen

Kinder und Jugendliche haben Nachholbedarf, deutlich. Etwas erleben, Action, Ausflüge, Gemeinschaft – das fand zwei Jahre lang ziemlich wenig statt. Kinder und Jugendliche wurden in der Corona-Pandemie in erster Linie als Schülerinnen und Schüler wahrgenommen, sagt Yvonne Matzke – und nicht als Kinder und Jugendliche. Sie verantwortet als Leiterin der Arbeitsgruppe Kinder- und Jugendförderung unter anderem die Kinder- und Jugendtreffs der Stadt Siegen – der Bedarf an genau solchen Aktionen, die inzwischen wieder quasi im „Normalzustand“ stattfinden, sei enorm, berichtet Matzke: „Jung sein, sich jugendlich fühlen – das ist zu kurz gekommen.“ Die Stadt möchte darauf reagieren.

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Entsprechende Angebote zu schaffen ist das eine – Nachholbedarf bestehe nämlich auch an anderer Stelle: Dem Sozialen Lernen. Das Zusammensein mit vielen Gleichaltrigen in größeren Gruppen, der Umgang mit Konflikten – auch das kam zwangsweise zu kurz während der Pandemie. Manche sind mit den vielen Eindrücken überfordert, mehr Kinder als vorher haben bei Freizeiten Heimweh. Kein Wunder, lange Zeit – und damit ein großes Stück ihrer Kindheit und Jugend – blieb ihnen nichts anderes übrig, als mehr zuhause zu sein, weniger mit anderen zu unternehmen.

Manche Siegener Jugendliche nach Corona erstmal wieder zurückholen

Nach zwei Jahren eine andere Art der Arbeit für die Beschäftigten in der Kinder- und Jugendarbeit, über die sie durchaus nicht unglücklich sind. Während der Pandemie: Viele Online-Angebote, durchaus auch erfolgreich, etwa die eigenen Auftritte der Siegener Kinder- und Jugendtreffs, die Jugendlichen entscheidend mitgestalteten und das immer noch tun. Als es wieder ging: Kleingruppen, mit Abstand und Maske, nach wie vor aber viel per Video. „Die Arbeit ist nicht zum Erliegen gekommen“, sagt Sozialdezernent Andree Schmidt, „es ist uns gelungen, unsere Arbeit unter Pandemiebedingungen fortzuführen.“ Und sukzessive anzupassen. Sobald man sich wieder in Präsenz treffen durfte, wollte kaum noch einer vorm Bildschirm sitzen bleiben, eher die Eltern waren da noch vorsichtig, etwa bei mehrtägigen Freizeiten, so Matzkes Beobachtung.

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Jetzt wolle man wieder durchstarten – was auch heißt: Einige erstmal zurückholen. Bei den Grundschulkindern, die über die OGS-Konstruktion in Siegen ohnehin enger an die Kinder- und Jugendtreffs angebunden sind, habe es kaum Rückgänge gegeben, berichtet Yvonne Matzke – aber einige Jugendliche müssen sie erstmal aufsuchen. Die suchten sich eigene Räume in der reglementierten Corona-Öffentlichkeit. Was nicht immer gern gesehen wurde, Stichwort Sommerabende auf dem Marktplatz vor Rathaus und Nikolaikirche, auch wenn der Anteil Siegener Jugendlicher dort ziemlich überschaubar sein dürfte.

Mehr Präsenz zeigen in Siegen – da wo die Jugendlichen sind

„Jedenfalls müssen wir jetzt dahin, wo die Jugendlichen sind“, sagt Yvonne Matzke, mehr Präsenz zeigen in der Stadt, was in diesem Umfang vorher so nicht praktiziert wurde. Aber die meisten Beschäftigen seien eben auch froh, wieder persönlich in Kontakt mit den jungen Leuten treten, ihr Tagesgeschäft, das zwei Jahre lang ebenfalls zu großen Teilen zurücksteckte, wieder aufzunehmen zu können. Allein am vergangenen Wochenende fanden eine „LandArt“-Freizeit für Kinder und eine Jugend-Radtour mit Zelten in Siegens Partnerstadt Katwijk statt; es wurden neue Graffiti für die Skateanlage in der Numbach gesprüht und beim Projekt „Democraft“ wurden mit Hilfe des beliebten Games-Klassikers „Minecraft“ demokratische Prozesse digital nachgebildet.

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Kinder- und Jugendarbeit ist in Siegen ein ordentlicher Posten, sagt Dezernent Andree Schmidt, mit vielen Beschäftigten und viel Geld dahinter. Während der Pandemie intensivierte sich die Zusammenarbeit mit anderen Akteuren der Kinder- und Jugendarbeit in der Stadt – und das werde natürlich nicht wieder zurückgefahren, sondern genutzt, um weitere, neue Angebote zu schaffen. Derzeit stehe über Förderprogramme auch noch einiges an Finanzmitteln zur Verfügung, sagt Schmidt, damit werde Personal aufgestockt. Davon profitiere die Stadt und damit die Zielgruppe, zumal sie ohnehin schon im Vergleich gut aufgestellt sei. Die weitere Entwicklung, die Bedarfe der jungen Menschen werde man weiter beobachten und entsprechend reagieren.