Siegen. FDP: Kinder aus Familien mit wenig Geld sollen durch Corona keine Nachteile haben. Stadt Siegen weist impliziten Untätigkeitsvorwurf zurück.

Die Stadt Siegen will Kinder aus Familien, die nicht viel Geld haben, in der herausfordernden Schulsituation während der Corona-Krise unterstützen. Über die konkreten Maßnahmen berät der Schulausschuss am Dienstag, 25. Januar – im Rat wurde zunächst gestritten.

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Auslöser war ein Antrag der FDP-Fraktion. Die Liberalen wollten die Verwaltung auffordern, im Falle coronabedingter Schulschließungen Vorkehrungen zu treffen, Kinder aus ärmeren Familien aufzufangen – etwa indem Schulen, freie Träger und Privatinitiativen angesprochen werden. Zudem solle Kontakt zu möglichen Fördergebern zur Finanzierung gesucht und ein Konzept für Förderunterricht entwickelt werden. Gerade Kinder aus Familien mit wenig Geld seien in der Corona-Pandemie Leidtragende gewesen, so die Freidemokraten in ihrem Antrag, eine nicht mehr ausschließbare erneute Schulschließung könne die „dramatischen Folgen für diese Gruppe noch weiter verschärfen“. Schulen und Betroffene müssten in die Lage versetzt werden, die Ausfälle „coronagerecht kompensieren zu können“. Komme es nicht dazu, seien solche begleitenden Angebote dennoch hilfreich.

Schule und Corona: „Siegen trägt hier eine sozialpolitische Verantwortung“

Es gebe vieles, was genutzt worden sei, erläuterte Wolfgang Könen für die FDP, aber nach wie vor seien viele Kinder nicht erreicht; es gebe eben die Kinder und Eltern, die aus einer Vielzahl von Gründen nicht in der Lage seien, eigenständig Homeschooling durchzuführen – etwa auch mangels digitaler Endgeräte oder von WLAN zuhause. Zusatzangebote für Benachteiligte – wie das Programm „Extrazeit“ (wir berichteten), dessen Fördertöpfe „nie richtig angezapft“ worden seien – seien dringend nötig, damit nicht „immer wieder dieselben Menschen durchs Raster fallen“, so Könen, die Stadt habe hier eine sozialpolitische Verantwortung gegenüber denen, die „deutlich zu kurz kommen“. Dies sei der Aktualität in der derzeitigen Lage geschuldet – „es kann in drei Tagen soweit sein“ – wie auch eine permanente Aufgabe für die nächsten Jahre.

Immunisierung

Ebenfalls Inhalt des FDP-Antrags waren Vorkehrungen, zusammen mit dem Kreisgesundheitsamt Impfangebote an den Schulen zu machen.

Auch diesen Aspekt wies Schuldezernent Andree Schmidt zurück: Soweit es die Rechtslage zu lasse, sei man „von Beginn an“ an den Schulen mit solchen Angeboten unterwegs, sie fanden und finden statt“. Man wolle und dürfe niemanden zwingen, daher dürfe man dazu keine Schulveranstaltungen organisieren.

Günther Langer pflichtete für die UWG bei, die Hauptschule Achenbach etwa sei bei der Digitalisierung auf einem guten Weg, „es nützt aber nichts, wenn die Schüler zuhause bleiben müssen“.

Schulverwaltung Siegen reagiert verschnupft auf FDP-Vorstoß zu Schul-Unterstützung

Bei der Verwaltung stießen Form und Inhalt des Antrags sauer auf. „Ich bin verwundert über Ort und Zeitpunkt“, sagte Schuldezernent Andree Schmidt. Für Dezember und im Januar sind Sitzungen der Fachausschüsse terminiert, „das gehört nicht in den Rat“. Zudem werde das Thema der Auswirkungen durch die Pandemie auf Schüler seit zwei Jahren diskutiert, längst sei ein regelmäßiger Pandemiebericht zum Thema beschlossen und werde auch regelmäßig der Schulpolitik vorgelegt. Insofern könne dieser Antrag nur schwerlich nicht als Vorwurf an die Verwaltung verstanden werden, die nach Meinung der FDP offenkundig hier untätig gewesen sei. „Wir sind permanent über Hilfen in den Schulen im Gespräch“, betonte Schmidt; alle Schulen seien intensiv bemüht, die in der Tat vorhandenen Defizite aufzuarbeiten. Dabei unterstütze die Verwaltung nach Kräften.

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Außerdem: Würden die Schulen pandemiebedingt geschlossen, könne die Stadt doch nicht ernsthaft parallelen Präsenzunterricht organisieren, weil das dem Ziel der Kontaktreduzierung entscheidend zuwiderlaufe. „Wir können doch nicht gegen die Erlasslage andere Angebote schaffen“, so Schmidt. In der Vergangenheit seien in solchen Situation alle Möglichkeiten in Form von Notbetreuung und Unterstützungsmaßnahmen genutzt worden. Zudem könne und dürfe die Stadt als Schulverwaltung überhaupt keinen Förderunterricht organisieren, „das tun die Pädagogen“.

Ergänzung: Siegener Schulen das Ganze Unterstützungssystem zur Verfügung stellen

CDU-Fraktionschef Frank Weber bewertete den Antrag der FDP als „völlig überflüssig“ und gegenüber der Verwaltung „frech“ – als würde die Verwaltung nichts tun, dabei kümmere die sich „um zig Dinge“.

Man interpretiere das nicht als Vorwurf, sagte Florian Kraft (Grüne), die Verwaltung sei definitiv nicht untätig. Er lese den Antrag eher als Ergänzung, Informationen zu externen Partnern und Unterstützungssystemen zu bündeln und den Schulen zur Verfügung zu stellen, „das ist ein weites Geflecht, das in den Schulen nur sehr begrenzt ankommt“.

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Es sei innerhalb der Siegener Schulpolitik relativ klar, was machbar ist und wer was macht, sagte Joachim Pfeifer (SPD) – die Siegener Stadtverwaltung könne in der Frage von ergänzendem Förderunterricht kein Konzept entwickeln, „weil das eine ureigene Sache der Schulen ist“. Er sehe eine gewisse „Unschärfe“ im Antrag der FDP, hier gehe guter Willen an der Realität dessen, was Verwaltung tun könne, vorbei. Man sei sich aber fraktionsübergreifend einig, dass Kinder durchs Netz fallen würden. Auch Samuel Wittenburg sah für Volt das Thema im Schulausschuss.

Die FDP zog den Antrag zurück.