Siegen. Machtspielchen und Desinteresse statt Fürsorge und genug Personal: Der Personalrat der Stadt Siegen erhebt schwere Vorwürfe an Teile der Politik.

Der Personalrat der Stadtverwaltung Siegen macht der Kommunalpolitik schwere Vorwürfe: Die Beschäftigten fühlen sich alleingelassen, ihre Anliegen und Sorgen, gerade vor dem Hintergrund andauernden Personalmangels und von Arbeitsüberlastung, würden ignoriert. Man sei verwundert und enttäuscht, heißt es in einer Stellungnahme zur nächsten Ratssitzung, dass die Politik „die nachvollziehbaren Bedürfnisse der Beschäftigten der Stadtverwaltung Siegen anscheinend kaum interessieren“.

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Hintergrund ist der Entwurf für den Stellenplan 2022 – dazu hatten die sechs Fraktionen Grüne, UWG, Gemeinsam für Siegen (GfS), FDP, Linke und Volt in der Haushalts-Ratssitzung Anfang März einen Änderungsantrag gestellt, von der Verwaltung vorgeschlagene Mehrstellen sollen gestrichen werden. Der Rat entscheidet am Mittwoch, 6. April.

Siegener Verwaltungspersonal: „Unser Engagement wird mit Füßen getreten“

Die Beschäftigten der Stadtverwaltung versuchen, Vorgaben und hohe Erwartungen der Politik engagiert umzusetzen, so der Personalrat. Um die Anliegen der Bevölkerung bearbeiten zu können, brauche es bestmögliche Arbeitsvoraussetzungen für das Verwaltungspersonal. „Genau dieses Engagement wird zur Auffassung des Personalrats in jüngster Vergangenheit oftmals mit Füßen getreten“, heißt es weiter – Teile der Kommunalpolitik beschäftigten sich anscheinend lieber mit „sogenannten ‘Machtspielchen’“.

Schon seit Jahren scheine jegliches Interesse der Politik an der Lage der städtischen Beschäftigten zu fehlen; offenkundig liege ein Desinteresse an den Beschäftigten vor, die „unter allen Umständen und trotz zahlreicher massiver Herausforderungen“ wie politischen Vorgaben, Personalmangel, Corona, Flüchtlingen, versuchen würden, mit den ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ein guter Dienstleister zu sein.

Als demokratisch gewähltes, neutrales, unabhängiges und parteiloses Gremium verwahrt sich der Personalrat gegen Unterstellungen aus der Politik, dass man sich in irgendeine Richtung beeinflussen lasse. Man strebe weiter eine konstruktive Zusammenarbeit an und hoffe auf echtes Interesse.

Personalrat kritisiert Siegener Politik: Mehr Arbeit mit weniger Stellen?

Im Änderungsantrag der sechs Fraktionen waren Mehrstellen enthalten und beschlossen (Sachgebiete Grundschulbibliotheken, Technische Gebäudewirtschaft, Wohngeld). Das sei aber nicht erläutert worden, Notwendigkeit und Sinn könne der Personalrat daher nicht beurteilen. Andere wollten sie streichen:

Medien- und Öffentlichkeitsarbeit: Mehr Personal für die neue städtische Homepage sei nicht notwendig. Der Personalrat verweist auf den Volt-Antrag vom März 2021: Die Seite gehöre überarbeitet, weil nicht mehr zeitgemäß. Das aber brauche mehr Personal, auch vor dem Hintergrund der hohen Erwartungen der Politik. Mit der aktuellen Besetzung könnte das nicht länger geleistet werden – mehr Veröffentlichungen, Social-Media-Arbeit, barrierefreie Kommunikation. Es gehe nicht darum, zeitlich befristet einmal eine Homepage zu überarbeiten, vielmehr stehe „die Sicherstellung und Verbesserung der Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern“ auf dem Spiel.

Siegener Bürgerbüros „an der obersten Belastungsgrenze“ – „brennt lichterloh“

Bürgerbüros: Durch absehbare Automatisierung und Digitalisierung seien mehr Stellen im Bürgerservice nicht machbar. Der Personalrat stellt dazu fest: Die Situation sei so angespannt, das Personal so knapp, dass die Außenstellen Geisweid und Eiserfeld nur im Wechsel öffnen könnten. Noch hinzu kämen aktuell die Geflüchteten aus der Ukraine – Ende nicht absehbar, genauso wenig wie das der Pandemie. Das Bürgerbüro-Personal sei an der „obersten Belastungsgrenze“. Offenkundig kenne niemand von den sechs Fraktionen die Lage vor Ort und es habe sich wohl auch niemand erkundigt. „Anders lässt es sich nicht erklären, dass man offensichtlich ohne Kenntnis der tatsächlichen Lage einfach eine Mehrstellenstreichung in einem Bereich, in welchem es aktuell ‘lichterloh brennt’, beschließt.“

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Bäderverwaltung: Mehr Personal sei nicht machbar, da das Löhrtorbad geschlossen wird, Siegen also weniger Bäder haben wird, so die Fraktionen. Gerade das, so der Personalrat, führe aber zu mehr Arbeit – Kapazitäten müssen auf dann nur noch zwei Hallenbäder verteilt, mit Schulen und Vereinen kommuniziert werden. Die Tätigkeiten umfassten zahlreiche Aufgaben, die Fluktuation in diesem Bereich sei hoch. „Die verbliebenen Beschäftigten haben bereits ihre Belastungsgrenze erreicht.“ Wenn die Politik weiter fordert, dass Freizeitangebote auch jenseits der Bäder im bekannten Umfang angeboten oder ausgebaut werden sollen, „müssen die Parteien auch gewillt sein, das hierfür notwendige Personal für diese Leistungen bereit zu stellen.“ Werde die Mehrstelle gestrichen, bedeute das die Streichung von Leistungen.