Weidenau. 3 Jahre Großbaustelle, 113,7 Millionen Euro: Campus Adolf-Reichwein-Straße ist saniert und modernisiert, jetzt kehrt Leben an Uni Siegen zurück.
In den kommenden Wochen kehrt das Leben Stück für Stück auf den Campus Adolf-Reichwein-Straße zurück. Die Uni Siegen ermöglicht den Vorlesungsbetrieb für das anstehende Wintersemester wieder in Präsenz, die Gastronomiebetriebe des Studierendenwerks starten, die Beschäftigten sind wieder vor Ort.
Sie alle kehren an einen Hauptcampus zurück, der sich stark gewandelt hat: Nach drei Jahren ist die Modernisierung des AR-Campus abgeschlossen. Zentrale Hochschuleinheiten – Mensa, Cafeteria, Bibliothek, Seminarräume und Büros – sind von Grund auf saniert worden.
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113,7 Millionen Euro standen für das Projekt Campusmodernisierung auf dem Haardter Berg zur Verfügung – und nur in einem Kraftakt habe man das stemmen können, sagt Kanzler Ulf Richter. Den Campus Zug um Zug auf Vordermann zu bringen, „das hätte die Uni zerrissen“, ist der Verwaltungschef überzeugt. Man habe die Herzkammer der Hochschule gewissermaßen still und an die Herz-Lungen-Lungen-Maschine (ins Container-Interim) gelegt und in vergleichsweise überschaubarer Zeit erneuert.
Mehrere kleinere, aber immer noch gewaltige Bauphasen hätten womöglich auf Jahrzehnte eine Dauerbaustelle auf dem Campus bedeutet. Was man der Hochschulgemeinschaft und auch den Anwohnern am Haardter Berg nicht habe zumuten wollen.
Der neue, helle AR-Campus der Uni Siegen hat auch ein neues Konzept
Ein hochkomplexes Vorhaben habe man mit der Campusmodernisierung geschultert, allein die logistische Abwicklung der umfangreichen Baumaßnahme – „eine Meisterleistung“, lobt Rektor Prof. Holger Burckhart. „Wir haben die personenintensivsten Bereiche stillgelegt“, sagt auch Anke Richter vom Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes NRW (BLB), der als Bauherr und Projektsteuerer fungierte. „Das ist etwas anderes als eine Teilfakultät zu renovieren.“ Das System Uni habe im Interim weiter funktionieren müssen – und das auch getan.
Neben dem Offensichtlichen – alle sanierten Bereiche sind mit helleren Materialien gestaltet und besser beleuchtet als vorher – haben die Verantwortlichen am Konzept des Campus geschraubt. Ein „zugewandtes Areal“ nennt das Rektor Burckhart, die Uni sei nicht nur funktionell, sondern auch einladend geworden, ermögliche mehr als vorher Begegnung, lade ein zu Aufenthalt und Austausch. Wichtig, gerade nach Corona, findet das Burckhart – und ein wichtiger Schritt für die nächsten Jahrzehnte Uni-Geschichte in Siegen. Das betrifft auch den neuen Zuschnitt der Büro- und Seminartrakte: Die Büros wurden verkleinert zugunsten von Mittelzonen, die als Gemeinschaftsbereiche, studentische Arbeitsplätze, Teeküchen, Besprechungsareale der Hochschulöffentlichkeit zur Verfügung stehen sollen.
Mit modernisiertem AR-Campus trägt Uni Siegen zur Nachhaltigkeit bei
Die Uni Siegen will langfristig klimaneutral werden und schon diese Maßnahme zahle erheblich auf dieses Konto ein, sagt der stellvertretende Gebäudedezernent Christian Vitt: Die Balkone der markanten K- und H-Trakte etwa seien „gigantische Wärmebrücken“ gewesen, über die die Liegenschaft große Mengen Energie vergeudet habe. In Kombination mit neuen Fenstern, Dämmungen, neuer Haustechnik werde am AR-Campus einiges an Energie eingespart werden können.
„Hochschule muss gelebt und geatmet werden“, sagt Detlef Rujanski, Geschäftsführer des Studierendenwerks – Abläufe seien optimiert, der Durchlauf beschleunigt worden. In der neuen Mensa beispielsweise wird es alle Gerichte an allen Ausgabestationen geben (außer vegan/vegetarisch und Grill). Das bedeute organisatorisch etwas mehr Aufwand, beschleunige die Abläufe aber und reduziere zudem die Schlangenbildung deutlich, sagt Elmar Köninger, Abteilungsleiter Gastronomie – die Menschen verteilten sich besser. Anderthalb Jahre seien seine Leute nun in Kurzarbeit gewesen, nun fährt das Studierendenwerk analog zu immer mehr Menschen, die den Campus nutzen, seine Angebote hoch – auch um die Beschäftigten, die kurz vor der Pandemie eingestellt wurden und seitdem noch in keiner Mensa-Küche tätig sein durften, einzuarbeiten.
In der neuen Mensa des Studierendenwerks Siegen gelten noch Coronabeschränkungen
Die Reduzierung ist auch (noch) coronabedingt: Von rund 750 Plätzen darf aktuell maximal ein Drittel belegt sein. Das Studierendenwerk hat die Fläche in Zonen eingeteilt – in der einen wird gegessen, währenddessen die andere desinfiziert. Via Smartphone-App muss ein Zeitkontingent gebucht werden. Köninger geht davon aus, dass diese Regelung nach einigen Monaten entfallen kann.
Gerade in der Mensa sei es wichtig gewesen, die Abläufe zu beschleunigen – denn es sind weniger Plätze als vorher. Die 50 Jahre alte Einrichtung musste dringend saniert werden, aber die alte Infrastruktur wäre mit den gestiegenen Brandschutzanforderungen nicht mehr kompatibel gewesen. Daher musste auch das Restaurant „ars mundi“ weichen, weil die Mensa mehr Platz benötigte.
Uni Siegen kalkuliert mit zwei großen Hauptstandorten – einer davon am AR
Mittelfristig will sich die Uni Siegen auf zwei Standorte konzentrieren statt auf die vielen bisher im Stadtgebiet verstreuten Immobilien: Der künftige Hauptcampus rund ums Untere Schloss in der Stadtmitte mit den Geisteswissenschaften und der AR-Campus für die naturwissenschaftlich-technische Fakultät, die mehr Platz auch für Labore benötigt (wir berichteten).
Studierende und Beschäftigte verteilen sich also statt auf viele kleinere künftig auf zwei große Campus’. Bei der Modernisierung des Standorts AR sei das berücksichtigt worden, so das keine Überkapazitäten entstehen – zumal die Hochschule auf dem Haardter Berg einst für rund 7500 Studierende ausgelegt war und baulich nur marginal erweitert wurde, so Rektor Burckhart. Auch hier entstehe auf dem Campus „Luft zum Atmen“, weil Uni entzerrt werde, statt immer mehr Menschen zusammenzudrängen.
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