Hagen. . Wehringhausen gilt als Multikulti-Stadtteil mit kreativem Flair für Lebenskünstler. Mit dem Projekt „Soziale Stadt“ sollen in Zukunft die Stärken des Quartiers noch besser herausgekitzelt werden.
Grüne Pflanzen und liebevoller Schriftzug im Schaufenster, davor eine Holzbank im Freien und ein Mann, dessen Finger achtsam über die Saiten seines Instruments streicheln – diese Szene könnte wohl ganz gut das Lebensgefühl vieler Bewohner im Viertel umschreiben. Wohl nicht ganz zufällig ist der Mann, der sich Joshua OfW nennt, an diesem Ort gelandet, als er vor einiger Zeit ein Domizil für seinen Pünktchen-Laden suchte.
Kreative Impulse
Vor seinem Tauschladen sitzt er gerade auf den Treppenstufen. Es ist schwül draußen, aber viele Passanten auf der Straße wirken entspannt. Einige tragen Einkaufstüten vom Markt auf dem Wilhelmsplatz oder den Läden entlang der Lange Straße nach Hause. „Ich bin erst seit kurzer Zeit in Wehringhausen. Ich glaube, daher fallen mir vielleicht viele Dinge eher auf. Wehringhausen gilt immer noch als kreativer Stadtteil“, sagt er unter anderem. Es gebe aber auch viele junge Künstler, die stärker unterstützt werden sollten.
Das Viertel ist aber nicht nur Zuhause vieler (Lebens-)Künstler, die hier kreativen Nährboden finden. „Alt und Jung sowie Menschen aus vielen Kulturen leben hier.“, sagt Jutta Formella (39). „Das Miteinander der Kulturen klappt gut. Man respektiert sich gegenseitig. Sicherlich gibt es auch hier Eigenbrötler – wie in jedem Stadtteil. Aber es liegt auch sehr an einem selbst, wie man aufgenommen wird. Wenn man offen ist, klappt es überall.“
Ohne Angst auf die Straße
Wehringhausen sei eher ein Dorf, als ein Stadtteil, so ihr Eindruck. Jeder kenne jeden. Man helfe sich und sei freundlich zueinander. Auch abends könne man ohne Angst auf die Straße gehen. „Man sagt, der Stadtteil ist, was die Bausubstanz angeht, so alt. Aber es wird jetzt viel gemacht.“ Tatsächlich existieren neben Häusern, denen ein wenig Erneuerung gut zu Gesicht stünde, bereits liebevoll gestaltete Fassaden.
Projekt: Soziale Stadt Wehringhausen
Mit dem Projekt „Soziale Stadt Wehringhausen“ soll sich zukünftig noch mehr tun. Auch der statistische Bezirk Wehringhausen-Ost ist dabei Teil des NRW-Landesprogramms. Erste Fördergelder sind bereits zugesagt. Nach Informationen der Stadt Hagen soll das Fördervolumen insgesamt rund sieben Millionen Euro betragen. Nicht nur auf den Bereich Stadtplanung, sondern auch den sozialen Bereich soll sich das Augenmerk richten. Mit dem Projekt soll zudem ein Quartiersmanagement betraut werden.
Seit Kurzem existiert eine Lenkungsgruppe, der unter anderem auch Vertreter unterschiedlicher Gruppen bzw. engagierter Stadtteil-Initiativen angehören werden. „Für die Lenkungsgruppe suchen wir auch noch Menschen mit Migrationsgeschichte, die mitarbeiten und mitgestalten wollen“, sagt Melanie Purps, die vor zehn Jahren wieder hierher zurückgekehrt ist und sich im Wohnquartier engagiert.
Das Miteinander fördern
Auch „Garten.Reich – Urbanes Grün“ ist Bestandteil von „Soziale Stadt Wehringhausen“ geworden. Das Projekt habe zudem einen Teil des Fördergeldes in den Stadtteil geholt, sagt Silke Pfeifer, die gemeinsam mit Sigurd Christian Evers ein entsprechendes Konzept erarbeitet hat: „Das Land wird ,Garten.Reich’ zwei Jahre lang mit 50.000 Euro unterstützen“, sagt sie. „Wir wollen explizit Bürger ansprechen, die sich engagieren möchten, aber hier noch nicht vernetzt sind.“ Auch Menschen unterschiedlicher Nationalitäten sollen mit einbezogen werden. Eine Idee wäre unter anderem in einer Baulücke zwischen zwei Häusern einen interkulturellen Garten zu bewirtschaften, um das Miteinander zu fördern.
Sauberkeit ist ebenfalls regelmäßiges Thema. Während die einen die Entwicklung im Bezug auf Leerstand, Sauberkeit und Hundekot eher kritisch sehen, engagieren sich andere aktiv für ein schöneres Umfeld. Blaue Schilder mit der Aufschrift „Wehringhausen ist sauber schöner“ stecken zudem hinter Schaufenstern oder etwa im liebevoll gestalteten Beet vor einem neuen Blumenladen in der Sternstraße. Ein Stück weiter entfernt haben Künstler Kunstwerke aus alten Autoreifen geschaffen.
Engagement wird groß geschrieben
Karin Trapp beschäftigt ein anderes Problem: Der Parkplatz-Mangel. Oberhalb der Buscheystraße, dort, wo auch viele Villen die Straßen säumen, arbeitet sie im Pauluskindergarten. „Sie kurven die Straße rauf und runter, um einen Parkplatz zu finden“, sagt die stellvertretende Leiterin der Einrichtung. „Alle Kollegen haben dieses Problem.“
Um ihren Bezirk an vielen Stellen stetig zu verbessern, darum bemühen sich viele Bewohner und Initiativen. „In Wehringhausen wird Engagement groß geschrieben“, bestätigt Gabriele Haasler, die sich unter anderem auch seit acht Jahren in der Werbegemeinschaft „Wir in Wehringhausen“ für den Stadtteil engagiert. „Wenn es Ehrenamtliche nicht gäbe, würde hier vieles nicht laufen.“
Zwischen den unterschiedlichen Kulturen gebe es eigentlich keine Probleme. Menschen aus vielen Nationen engagierten sich in verschiedenen Initiativen. Allerdings gibt es der 60-Jährigen zufolge auch Menschen, bei denen es schwieriger sei, einen Weg zu finden, sie mit ins Boot zu nehmen. Auch sie ist Teil der Lenkungsgruppe für „Soziale Stadt Wehringhausen“. Das Projekt sei notwendig, so Gabriele Haasler und setzt sich für ein sinnvolles Konzept ein. „Nur schöne Fassaden nützen gar nichts. Auch in den Wohnungen muss etwas geschehen“, weiß die 60-Jährige auch deshalb, weil sie vor zwei Jahren selbst auf Wohnungssuche war. „Es werden Wohnungen gesucht, die renoviert sind.“ Für sie persönlich kam kein anderer Ort als Domizil in Frage: „Wehringhausen ist der liebenswerteste Stadtteil in Hagen. Man wird hier schnell aufgenommen.“