Hagen. Hagens Oberbürgermeister Jörg Dehm hat illegal gehandelt, als er dem Ersten Beigeordneten Dr. Christian Schmidt seine Zustimmung gab, sich über die NRW-Nebentätigkeitsverordnung hinwegzusetzen. Das hat eine RPA-Sonderprüfung ergeben. Nun melden sich andere Hagener Politiker zu dem Vorfall zu Wort.

Die Wellen der Empörung über die für Oberbürgermeister Jörg Dehm eher peinlichen Fakten aus dem Bericht des Rechnungsprüfungsamtes (RPA) schlagen höher. Am Donnerstag war die Berichterstattung der WAZ Mediengruppe vom Pfingstwochenende bestätigt worden, dass der Umgang mit dem mit 37.000 Euro dotierte Beratervertrag des Ersten Beigeordneten Dr. Christian Schmidt bei der Hagen-Agentur nicht rechtmäßig war.

Schmidt hatte bislang darauf verzichtet, seine Einnahmen jenseits des in der NRW-Nebentätigkeitsverordnung festgesetzten 6000-Euro-Limits an die Stadtkasse abzuführen. Dazu hatte ihn Oberbürgermeister Dehm illegalerweise in einer einsamen Entscheidung am Aufsichtsrat vorbei ausdrücklich autorisiert. Jetzt wird eine Rückzahlung von 31.000 Euro erforderlich.

Anzeigen aus der Bürgerschaft

Ein klarer Rechtsbruch, wie eine RPA-Sonderprüfung jetzt zeigt. Entsprechend gingen gestern auch schon die ersten Anzeigen aus der Hagener Bürgerschaft bei der Staatsanwaltschaft ein. Bei der Ermittlungsbehörde an der Lenzmannstraße läuft bereits ein Vorermittlungsverfahren gegen Dezernent Schmidt. Vor dem Hintergrund des jetzt vorliegenden 25-seitigen RPA-Berichts prüft die Anklage, ob noch weitere Personen in die laufenden Ermittlungen einbezogen werden müssen.

Aus der Politik meldeten sich gestern ebenfalls die ersten Stimmen: Während die CDU/FDP-Koalitionäre sich mit offener Kritik am Handeln des Hagener Oberbürgermeisters zurückhielten, nutzten SPD und Grüne vorbehaltlich der ausführlichen Lektüre des RPA-Berichtes Vokabeln wie „Sonnenkaiser“ und „Ohrfeige“. Hagen Aktiv forderte sogar die Einschaltung der Kommunalaufsicht. Hier die ersten Reaktionen im Wortlaut:

Wolfgang Röspel (CDU):

„Ich bedauere, dass das so gestaltet worden ist. Von der Sache her war es ja richtig, Herrn Schmidt eine Abfindung für das Auslaufen seines unbefristeten Vertrages zukommen zu lassen. Aber die rechtlichen Bedingungen im kommunalen Bereich sind eben hoch kompliziert. Diese rechtliche Brisanz hat keiner gesehen, auch Jörg Dehm nicht. Ich kann hier jedoch kein Fehlverhalten sehen, schließlich ist das auch nicht so gewollt gewesen. Wir müssen jetzt sehen, wie das Ganze wieder geheilt werden kann. Schließlich ist von Herrn Schmidt auch eine Leistung erbracht worden, die jetzt vergütet werden muss.“

Claus Thielmann (FDP):

„Zunächst einmal finde ich es positiv bemerkenswert, dass das Rechnungsprüfungsamt einen wohltuend unabhängigen Bericht vorgelegt hat. Der Oberbürgermeister hat sicherlich einen Fehler gemacht, und es ist anständig, dass er diesen eingeräumt hat. Eine weitere Bewertung scheint mir jedoch erst nach genauer Lektüre des Berichts möglich. Allerdings sind die Verfehlungen in meinen Augen nicht so tiefgreifend, dass man weitere Schlüsse daraus ziehen müsste.“

Jochen Riechel (Grüne):

„Im Kern war die freihändige Entscheidung des Oberbürgermeisters, dass Schmidt Einnahmen aus Nebentätigkeiten nicht abführen muss, schon ein wenig schräg. Dabei war seine politische Intention, Schmidts Knowhow in EU-Fragen weiter nutzen zu wollen, ja richtig. Alles in allem kommt Dehms Grundhaltung des Allesmachens hier zum Ausdruck. Letztlich bedeutet der RPA-Bericht eine schallende Ohrfeige für den OB. Ich bin jetzt vor allem gespannt, in welche Richtung sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bewegen.“

Mark Krippner (SPD):

„Es ist schon erschreckend, wie Jörg Dehm an dieser Stelle seinem selbst formulierten Anspruch, ein Verwaltungsfachmann zu sein, nicht gerecht wird und schlichtweg versagt hat. Städtische Putzfrauen werden outgesourct sowie im Lohn gedrückt und auf den obersten Ebenen wird das Geld verteilt. Für den Hagener Ruf ist die gesamte Affäre schlichtweg peinlich. Wir werden in der nächsten Sondersitzung des Rechnungsprüfungsausschuss auch die politische Verantwortung des OB einfordern. Das Thema steht am Wochenende auf der Klausurtagung des SPD-Unterbezirks ganz oben auf der Tagesordnung. Offenbar haben wir nach dem Sonnenkönig jetzt den Sonnenkaiser.“

Josef Bücker (Hagen Aktiv):

„Zur Kommunalwahl wurde uns OB Dehm als ausgewiesener Verwaltungsfachmann präsentiert. Mit diesen Vorschlusslorbeeren hat er in der Vergangenheit stets kokettiert, insbesondere im Zuge der Haushaltskonsolidierung und bei der Bewertung juristischer Streitfälle. Wir müssen jedoch feststellen, dass nicht nur der aktuelle Fall, sondern auch die Aufklärung der Derivatgeschäfte und Kaerger-Affäre jeweils falsch eingeschätzt worden sind. Zu unserem Bedauern wirken sich diese Fehleinschätzungen und Alleingänge jeweils negativ auf das städtische Vermögen aus. Deshalb fordern wir eine eingehende Aufarbeitung und Bewertung durch die Kommunalaufsicht. Eine offene und rückhaltlose Mitarbeit unseres OB setzen wir dabei voraus. Je nach Schwere der Einschätzung durch den RP erwarten wir auch persönliche Konsequenzen.“