Hagen. . Die teure Abschiedsfeier für Harald Kaerger – sie hat vor allem Mieter der Hagener Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft (HGW) erbost. Auch der Bund der Steuerzahler kritisiert die Kosten für die Abschiedsfeier im Karl-Ernst-Osthaus-Museum als unangemessen hoch.
Dass der ehemalige Geschäftsführer des städtischen Unternehmens mit einer opulenten 35.000-Euro-Party in den Ruhestand trat, können die Bewohner der 5200 HGW-Immobilien nicht nachvollziehen. Denn es sind ihre Mieten, mit denen die Supersause finanziert wurde. Auch der Bund der Steuerzahler kritisiert die Kosten für die Abschiedsfeier im Karl-Ernst-Osthaus-Museum als unangemessen hoch.
Gegen den Schimmel im Haus unternimmt niemand etwas
„Das sind ja Zustände wie beim ehemaligen Bundespräsidenten Wulff“, empört sich Rainer Bernshausen (62). „Der hat auch einen goldenen Abschied bekommen.“ Der Rentner aus einer HGW-Wohnung in der Eckeseyer Straße hält die Abschiedsparty für Kaerger „völlig überzogen“. Eine Feier am Ende der beruflichen Laufbahn sei angebracht, aber eine solche müsse in vertretbarem Rahmen über die Bühne gehen. Bernshausen, der für seine 75-Quadratmeter immerhin 540 Euro Miete berappen muss, kritisiert einen weiteren Punkt: „Wir haben Schimmel im Haus. Aber dagegen unternimmt die HGW nichts.“ Auch andere Mieter fühlen sich von der Wohnungsgesellschaft nur unzureichend betreut und fordern, dass die Gewinne in den Bestand statt in Partys investiert werden. „Niemand kümmert sich um kaputte Türen oder Schlösser“, beschwert sich Vitali Meier (18), der die Abschiedsfeier als „große Ungerechtigkeit“ empfindet.
Für Friedrich Schmidt aus der Behrensstraße kommt der Party-Skandal nicht einmal überraschend, Finanzaffären im öffentlichen Diensten seien leider nichts Ungewöhnliches in unserem Land: „Sobald jemand einen höheren Posten erklommen hat, verliert er sein Verhältnis zu den einfachen Menschen.“ Während HGW-Mieterin Hildegard Schneider sich noch zurückhält („35 000 Euro für eine einzige Party ist doch arg viel, das gehört sich nicht“), findet ihre Nachbarin Monika Lebek (57) drastische Worte für das Verhalten des ehemaligen Geschäftsführers: „Eine Schweinerei ist das. Ich weiß gar nicht, auf welche Weise man soviel Geld verschleudern kann.“
Bund der Steuerzahler: Geld hätte in städtischen Haushalt fließen müssen
In einer Kommune, die mit 7033 Euro die NRW-weit dritthöchste Pro-Kopf-Verschuldung aufweise, sei diese Feier „mindestens eine Nummer zu groß ausgefallen“, kritisiert auch Eberhard Kanski, Vorstandsmitglied im Bund für Steuerzahler NRW. Die HGW als 100prozentiges Tochterunternehmen der Stadt Hagen führe schließlich ihre Gewinne in den städtischen Haushalt ab. „Dieser Gewinn könnte ohne diese ausschweifende Feier um 35 000 Euro höher ausfallen. Eine so hoch verschuldete Stadt wie Hagen braucht jeden Euro.“ Mit diesem Betrag, der innerhalb weniger Stunden verjubelt wurde, könne man auch ein Jahr lang eine eine halbe Erzieherinnen-Stelle finanzieren.
Die exzessiven Kosten des Kaerger-Abschieds beschäftigt demnächst auch den Aufsichtsrat des Unternehmens. Der Vorsitzende des Gremiums, Timo Schisanowski, hat die Mitglieder zu einer außerordentlichen Sitzung eingeladen. „Wir wollen möglichst bald zusammenkommen“, sagt Schisanowski und greift der Sitzung schon einmal vor: „Wenn langjährige Geschäftspartner solche Rechnungen stellen, muss man das zum Anlass nehmen, eine Beendigung der Zusammenarbeit zu prüfen.“ Allein die Agentur „Die Schreibweisen“, die die HGW in ihrem Internetauftritt als Referenz ausweist, hatte 11.000 Euro u.a. für Redebeiträge in Rechnung gestellt. „Das ist so nicht hinnehmbar. Das passt nicht zur HGW“, so Schisanowski.