Hagen. Die Hagener Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft will an der Elmenhorststraße neue Mietwohnungen entstehen lassen. Zum Unmut einiger Bewohner:
Von der Hektik der Großstadt ist hier wenig zu spüren. Man wohnt im Grünen, kennt seine Nachbarn, zum Teil schon seit Generationen. Entlang der Elmenhorststraße am Rande von Hagen-Emst dominieren Gleichmaß und Beständigkeit. Das spiegelt sich auch in der Art der Wohnbebauung wider. Die Hagener Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft (HGW) verfügt entlang der schmalen Straße, die eine Verkehrsverbindung zu Delstern schafft, über insgesamt elf Mehrfamilienhäuser. Diese stammen nach Angaben der HGW aus den 60er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts, Bewohner sprechen sogar von Vorkriegsbauten aus den 1920er-Jahen. Die Immobilien sind zwar regelmäßig instandgehalten worden, aber inzwischen hinsichtlich des energetischen Zustandes, der Schnitte der Wohnungen und angesichts einer Größe zwischen 40 und 45 Quadratmetern einfach nicht mehr zeitgemäß und marktgerecht. Auch die Zusammenlegung einiger Einheiten ließ zuletzt keine modernen Grundrisse entstehen. „Hier wäre eine Kernsanierung teurer als ein Neubau“, kündigt HGW-Geschäftsführer Alexander Krawczyk für die nächsten Jahre hier eine Investitionsoffensive der städtischen Wohnungsgesellschaft im Volumen von etwa 20 Millionen Euro an.
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Mieter bleiben skeptisch
Dennoch dominiert bei vielen Bewohnern der Häuser die Skepsis: „Wir hängen schon seit Jahren in der Schwebe“, spiegelt Melanie Hac, die nach Großeltern und Eltern selbst bereits seit mehr als fünf Jahrzehnten in der Elmenhorststraße lebt, stellvertretend die Gefühlswelt vieler Mieter wider. „Mal hieß es, dass saniert wird, dann sollte wieder abgerissen werden.“ Doch jetzt scheinen die Würfel endgültig gefallen zu sein: „Für uns ist das eine strategische Entscheidung und somit Teil der Bestandsentwicklung“, bestätigt Krawczyk, dass das Projekt bereits seit geraumer Zeit ein Teil der Zehn-Jahres-Planung in den Gremien seines Hauses und somit reiflich überlegt sei. Entsprechende Rücklagen finden sich in der mittelfristigen Wirtschaftsplanung des Unternehmens wieder, sodass die Grundsatzentscheidung für den Abriss der bestehenden Gebäude und die Neuentwicklung eines Wohnquartiers Ende 2023 auch im Aufsichtsrat die Zustimmung fand.
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Dass diese Gedankenspiele schon seit Jahren bestehen, dürfte auch den verbliebenen Mietern in der Elmenhorststraße kaum entgangenen sein. Denn seit gut drei Jahren werden in der Häuserreihe mit 60 Wohneinheiten freigezogene Wohnungen schon nicht mehr langfristig nachvermietet: „Inzwischen liegt die Leerstandsquote bei 40 bis 50 Prozent“, weiß der HGW-Geschäftsführer, der im April im Rahmen einer bestens besuchten Informationsveranstaltung im Emster Kulturhof seine Mieter mit den geplanten Entwicklungen vertraut gemacht und zugleich Anregungen, Wünsche und Idee eingesammelt hat. „Dort wurde viel im Konjunktiv berichtet“, gab es in den Augen von Melanie Hac bei der Veranstaltung jedoch mehr offene Fragen als Antworten. „Viele von uns befürchten, völlig in der Luft zu hängen und suchen sich eine neue Bleibe, weil sie Angst haben, sonst eines Tages auf der Straße zu stehen. Ich lebe schon mein ganzes Leben auf Emst und möchte auch nicht in einen anderen Stadtteil ziehen.“
In Abstimmung mit den Bewohnern
„Ich stelle mir eine dynamische Projektentwicklung vor“, favorisiert Krawczyk eine schrittweise Vorgehensweise: „Wir wollen sanft entmieten und keinesfalls alle verbliebenen Bewohner auf einen Schlag kündigen. Daher werden wir – wenn es denn soweit ist – mit jedem persönliche Gespräche führen und nach individuellen Lösungen suchen“, steht allen Mietern die Möglichkeit offen, in den geplanten Neubauten wieder ein attraktives Zuhause zu finden. Dabei lässt sich die HGW auch auf konkrete Wünsche der Mieter ein: So war ursprünglich angedacht, durchweg mit Drei-Zimmer-Wohnungen ab 74 Quadratmetern zu planen, jetzt sollen aufgrund individueller Wünsche auch kleinere Einheiten mit zeitgemäßeren Schnitten entstehen.
Zurzeit liegt die konzeptionelle Vorbereitung der Millionen-Investition in den Händen des Bielefelder Projektentwicklers Goldbeck GmbH, der zuletzt auf dem Campus der Fernuniversität Hagen auch das Vorzeige-Gebäude der Psychologie-Fakultät realisierte. Von dem ostwestfälischen Büro wird aktuell der Bauantrag vorbereitet, der nach der Sommerpause im Hagener Rathaus eingehen soll. Somit könnte die Baugenehmigung zu Beginn des Jahres 2025 vorliegen, sodass der Abriss der ersten leergezogenen Gebäude noch im selben Jahr beginnen könnte: „Das hängt natürlich auch von den Mietern ab, die wir bei ihren Umzügen gerne unterstützen“, stellt der HGW-Chef in Aussicht, dass es im Wohnungsbestand seines Unternehmens durchaus gewisse Kapazitätspuffer für Umzüge gebe.
Geringe Nebenkosten
Insgesamt neun Mehrfamilienhäuser mit 78 Wohneinheiten sollen in den nächsten Jahren nicht zuletzt dank öffentlicher Förderung entlang der Elmenhorststraße parallel zu den Kleingärten entstehen. Das Terrain der Gartenfreunde bleibt dabei völlig unangetastet und wird mithilfe einer schmalen Erschließungsstraße künftig sogar besser angebunden. Einschließlich einer Souterrain-Etage entstehen in der Hanglage viergeschossige, energetisch auf Klimaneutralität ausgerichtete Gebäude. Dabei lässt Krawczyk zurzeit in Zusammenarbeit mit Enervie prüfen, ob eine Versorgung der Immobilien mit Fernwärme ermöglicht werden kann. Andernfalls sollen die Objekte über Photovoltaik- und Wärmepumpentechnik beheizt werden: „Das senkt die Energiekosten“, blickt der HGW-Geschäftsführer auch auf die Nebenkostenabrechnungen seiner künftigen Mieter.
Bei der Preisgestaltung geht Krawczyk davon aus, dass bei geförderten Wohnungen ein Preis unter sieben Euro/qm gehalten werden kann, die übrigen Einheiten sollen unter zehn Euro/qm vermietet werden. Potenzielle Interessenten können schon heute ihr Interesse bei der HGW hinterlegen. Wobei die heutigen Mieter mit Priorität Berücksichtigung finden sollen.