Hagen. Alexander Krawczyk setzt als neuer Chef der HGW auf bezahlbares, aber auch zunehmend klimaneutrales Wohnen in Hagen.
Wenn führende Köpfe der Hagener Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft (HGW) nach jahrelangem Wirken das Haus verlassen, wurde einst opulent gefeiert – wenn auch mit juristischem Nachspiel. Diese verstörenden Zeiten scheinen allerdings vorbei: Denn als im März Alexander Krawczyk die Nachfolge von HGW-Geschäftsführer Marco Boksteen antrat, erfolgte der Staffelstabwechsel in der etwas in die Jahre gekommenen Zentrale an der Neumarktstraße betont geräuschlos.
781 Vermietungsobjekte
Der Wohnungs- und Immobilienbestand der HGW stammt zum Großteil aus der Zeit vor den 80er-Jahren und gilt somit als ein wenig überaltert.
Derzeit verfügt die kommunale Wohnungsgesellschaft über 781 Vermietungsobjekte mit gut 5000 Wohnungen in Hagen.
Der Jahresumsatz lag zuletzt bei etwa 30 Millionen Euro bei einem Überschuss von etwa zwei Millionen Euro.
Die Eigenkapitalquote der HGW wird mit 27 Prozent ausgewiesen.
Das war längst nicht immer so: Denn Boksteens Amtsvorgänger erarbeitete sich vor zehn Jahren mit seiner öffentlichen Verabschiedungsparty, die nahe an die legendären Geburtstagsfeiern von Stadtwerke-Vorständen im Hengsteyer Wasserwerk heranreichte, in der Bürgerschaft einen unrühmlichen Ruf. Mehr als 30.000 Euro kostete seinerzeit die protzige Sause im Hagener Kunstquartier, als der scheidende Chef zur Würdigung seiner selbst mit Kulturprogramm im gediegenen großen Saal des Osthaus-Museums Hof hielt. Selbst die Lobreden wurden von einer professionellen Agentur vorformuliert und den ausgesuchten Laudatoren in die Hand gedrückt.
7500 Euro für die Suppenküche
Erst als der Unmut in der Stadtgesellschaft vernehmbar eskalierte und selbst der damalige Oberbürgermeister Jörg Dehm sich distanzierte, weil er Schaden für den Konzern Stadt witterte, übernahm der scheidende Geschäftsführer die Hälfte der Partykosten und verschwand geräuschlos aufs Altenteil. Gegen eine Zahlung von weiteren 7500 Euro für die Suppenküche – diesen augenzwinkernden Förderhinweis konnte sich der Staatsanwalt dann doch nicht verkneifen – klappte die Ermittlungsbehörde den Untreue-Aktendeckel zu.
Ein Eklat, der es dem promovierten Juristen Marco Boksteen (Oberhausen) leicht machte, nach zehn Jahren an der HGW-Spitze sich ohne großen Bahnhof wieder aus Hagen zu verabschieden. Als er am 1. März 2012 die Aufgabe übernommen hatte, galt der Geschäftsführer der Ruhrwert Immobilien- und Beteiligungs-GmbH mit gerade einmal 32 Lebensjahren neben zwei gerade übernommenen Azubis als der drittjüngste Angestellte bei dem kommunalen Wohnungsunternehmen. Dennoch wird sein Wirken immer damit verbunden bleiben, erheblich in die Zukunftsfähigkeit der HGW investiert zu haben. Außerdem, so auch die ausdrückliche Würdigung des HGW-Aufsichtsratsvorsitzenden Werner König, sei es ihm gelungen, die wenig schmeichelhafte Leerstandsquote von zwölf auf drei Prozent zu senken.
Einst Kicker in Garenfeld
Eine positive Bilanz, an der der neue Geschäftsführer Alexander Krawczyk (39) gerne weiter feilen möchte. Der verheiratete Vater zweier Kinder stammt ursprünglich aus Schwerte, spielte einst in Garenfeld Fußball und arbeitete in den vergangenen 19 Jahren bei der Unnaer Kreis-Bau- und Siedlungsgesellschaft. Dort schaffte er es vom Auszubildenden über eine Sachbearbeiter-Tätigkeit sowie ein berufsbegleitendes Studium zuletzt auf die Prokuristen-Ebene. Jetzt also die Rückkehr nach Hagen – diesmal nicht als Kreisliga-Kicker im Fußballtrikot, sondern klassisch im Business-Anzug als Geschäftsführer einer kommunalen Wohnungsgesellschaft.
„Ich bin hier herzlichst aufgenommen worden“, gibt sich „der Neue“ betont freundlich und schiebt gleich noch ein Lob fürs Team hinterher: „In diesem Unternehmen weiß man, wovon man redet.“ Damit er mit entsprechender Kompetenz so schnell wie möglich mitgestalten kann, befindet sich Krawczyk zurzeit auf Tournee: „Ich unternehme gerade ,Drive-and-Talk-Touren‘ durch unsere Bestände“, hat er sich mit Blick auf exakt 5086 Wohnungen einiges vorgenommen. Aber auf diesen Rundfahrten lässt sich eine Menge über das künftige Aufgabenfeld erfahren: „Wir werden überall gerne angesprochen – das Ganze entwickelt sich zu einer rollenden Mietersprechstunde“, saugt der Geschäftsführer alles Wissenswerte auf. „Erst im Anschluss macht es für mich Sinn, Portfoliostrategien für die kommenden Jahre aufzustellen.“
Teil der Stadtentwicklung
Dabei hat er durchaus schon seine Vorstellungen, wohin die HGW sich in den nächsten Jahren entwickeln soll: „Als kommunales Wohnungsunternehmen spielen wir eine wichtige Rolle bei der kommunalen Daseinsvorsorge, gerade für Bevölkerungsschichten, die sich derzeit am Wohnungsmarkt nicht aus eigener Kraft behaupten können“, kennt der 39-Jährige die Erwartungen an sein Haus im Reigen der lokalen Wohnungsunternehmen bereits genau: „Ich möchte die HGW nicht nur als einen Wohnungsvermieter positionieren, sondern eine zentrale Rolle bei der Umsetzung von wohnungs-, klima- und stadtentwicklungspolitischen Zielen einnehmen“, hat er das Thema Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 bereits heute fest im Blick.
Aber auch die personelle Erneuerung steht im Fokus seines Wirkens. Dass die HGW aktuell keinen einzigen Immobilienkaufmann in den Reihen ihrer Auszubildenden hat, befremdet den Chef durchaus – zumal die Hälfte der Belegschaft bereits das 50. Lebensjahr überschritten hat. Dabei kommt Krawczyk zugute, dass er Immobilienkaufleute und Fachwirte am Europäischen Bildungszentrum der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Bochum ausbildet und auch im Prüfungsausschuss der IHK Mittleres Ruhrgebiet agiert. „Dadurch profitiert die HGW“, möchte der Geschäftsführer seine Netzwerke an dieser Stelle gerne nutzen: „Es ist mir dadurch möglich, die Erfahrungen von anderen Unternehmen gewinnbringend für die HGW einzusetzen sowie potenzielle Talente für uns zu gewinnen.“