Arnsberg. Die ersten Plädoyers am Schwurgericht Arnsberg sind abgeschlossen. Der Staatsanwalt fordert drei Jahre und acht Monate für die zehnfache Mutter.

Elfter Verhandlungstag im Prozess gegen eine zehnfache Mutter aus dem Raum Winterberg: Die ersten beiden Plädoyers am Schwurgericht Arnsberg sind abgeschlossen. Staatsanwalt Klaus Neulken fordert drei Jahre und acht Monate Haft für die zehnfache Mutter – wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge und gefährlicher Körperverletzung, beides durch Unterlassen.

Die Mutter habe beide Kinder sehentlich verhungern lassen, erklärt Neulken, allerdings auf keinen Fall mit dem Vorsatz, sie sterben zu lassen. Allerdings habe sie ihre Fürsorgepflicht verletzt. Auch, indem sie erst zum Arzt ging, als es für den Zweijährigen zu spät und für seine neun Monate alte Schwester fast zu spät war.

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Der Anwalt des Nebenklägers fordert eine Freiheitsstrafe von vier Jahren. Das Plädoyer des Verteidigers soll am 7. Februar erfolgen.

Zuvor hatte das Gericht gesagt, es könne wegen der geständigen Einlassung eine Wertung vorzunehmen – trotz der späteren schriftlichen Relativierung ihrer Aussage: Die Angeklagte hatte gegenüber einer Jugendhilfe-Mitarbeiterin gesagt, sie habe mit ihrer Aussage vermeiden wollen, dass die Kinder aussagen müssen. Die Angeklagte wollte auch am Mittwoch keine weiteren Angaben mehr machen.

Gericht wies Antrag auf Zweitgutachter zurück

Den Antrag der Verteidigung auf einen Zweitgutachter wies das Gericht zurück und unterstrich die Kompetenz der ersten Gutachters, mit dem die Angeklagte zudem ja im Januar noch einmal gesprochen habe. Es geht letztlich darum, ob eine „Körperverletzung mit Todesfolge im minderschweren Fall“ in Frage kommt. Nur dann hätte die Angeklagte die Chance, eine Bewährungsstrafe (bis zwei Jahre) zu bekommen, denn ansonsten stehen für „Körperverletzung mit Todesfolge“ mindestens drei Jahre bis hin zu zehn Jahren Freiheitsentzug im Gesetz.

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Immer wieder war in den ersten drei Verhandlungsstunden unterbrochen worden. Zum Beispiel. weil der Verteidiger darauf bestand, die Personalien eines Besuchers feststellen zu lassen, der auf ihn einen verdächtigen Eindruck machte und eventuell sogar als Zeuge in Frage käme? Der Mann durfte bleiben, nachdem er dem Staatsanwalt seinen Personalausweis gezeigt hatte und auch die Angeklagte bestätigt hatte, dass sie ihn nicht kenne.

Staatsanwalt will am Nachmittag plädieren

Gegen 12.40 Uhr schloss die Richterin die Beweisführung, um 14 Uhr will Staatsanwalt Neulken plädieren. Zuvor hatte die Angeklagte dem Gericht noch Fotos aus den Jahren 2011 bis 2013 gezeigt, die ihr Familienleben in der Zeit vor dem Tod des Zweijährigen darstellen sollten. Es waren Fotos, die ihre Kinder bei Ausflügen in Erlebnisparks, Einschulungen, im Wald, beim Bekleben von Knusperhäuschen und ganz oft im Schwimmbad zeigten.

Auch schilderte sie noch einmal ihre aktuelle Familiensituation. Zwei der ältesten von insgesamt zehn Kindern, die sie bekommen hat, leben bei ihr, zu allen hält sie regelmäßigen Besuchskontakt. Sie besuche nahezu täglich eines der Kinder - bis auf die jüngste Tochter von neun Kindern aus dieser Beziehung. Die Tochter, der die Ärzte Anfang 2014 gerade noch das Leben retten konnten. Sie könne sie nicht besuchen, „weil sie mir einfach entzogen worden ist“.

Körperverletzung mit Todesfolge

Seit September muss sich die 40-Jährige wegen des Vorwurfs der Körperverletzung mit Todesfolge und der Körperverletzung durch Unterlassen vor dem Arnsberger Landgericht verantworten. Ein Sohn (2 Jahre) war 2014 gestorben, weil er massiv unterernährt war. Die kleine Schwester (9 Monate) war ebenfalls in einem schlechten Pflege- und Ernährungszustand, konnte aber gerettet werden.