Arnsberg/Winterberg. . Wegen Körperverletzung mit Todesfolge und Körperverletzung muss sich auch am sechsten Verhandlungstag eine zehnfache Mutter verantworten.

  • Prozess um zehnfache Mutter braucht weitere Verhandlungstage
  • Zeugin aus dem Vogtlandkreis kann sich kaum noch erinnern
  • Plädoyers und Urteil sind jetzt für den 8. Dezember vorgesehen

Dreieinhalb Jahre sind eine lange Zeit. So lange ist es her, dass die heute 51-jährige Mitarbeiterin beim Jugendamt des Vogtlandkreises mit der Großfamilie zu tun hatte. Was kann sie heute noch zu den damaligen Wohn- und Lebensverhältnissen der Familie sagen? Kann sie Ansatzpunkte zur Erklärung dafür geben, warum ein zweijähriger Junge später im Raum Winterberg verhungern musste und warum seine Schwester fast verhungert wäre? War die Mutter (40) der Kinder maßlos überfordert oder hat sie den schlechten Zustand vielleicht sogar gebilligt?

Kaum noch Erinnerungen

Der sechste Verhandlungstag gegen die zehnfache Mutter, der Körperverletzung mit Todesfolge und vorsätzliche Körperverletzung zur Last gelegt werden, hat das Schwurgericht gestern Nachmittag nicht wirklich weiter gebracht. Die Zeugin, die schon zum zweiten Mal aus Sachsen anreisen musste, weil der erste Tag ihrer Ladung durch andere Zeugenanhörungen zeitlich aus dem Ruder gelaufen war, hat so gut wie keine Erinnerungen mehr an den Fall.

Die 51-Jährige arbeitet inzwischen in einer anderen Abteilung. Sie nickt zustimmend, wenn Richterin Dorina Henkel ihr Auszüge aus der Jugendamtsakte vorliest. Dass der Großfamilie eine Familienhilfe auferlegt wurde, kann sie noch rekapitulieren. Aber wie der Umgang der Frau mit ihren Kindern war, wie das Verhältnis zum Vater - all das hat sie nicht mehr auf dem Schirm. „Wenn es da so steht, wird es so gewesen sein. Aber es ist einfach zu lange her. Ich habe die Situationen nicht mehr vor Augen.“

Keine Situation konkret beschrieben

Weder auf Nachfragen von Staatsanwalt Klaus Neulken noch von Verteidiger Stephan Lucas oder von Rechtsanwalt Oliver Brock, der den neunfachen Vater der Kinder und Ex-Lebensgefährten der 40-Jährigen als Nebenkläger vertritt, kommt die Erinnerung zurück. In einer 20-minütigen Verhandlungspause wird der Zeugin ihr eigener Bericht vom Juni 2013 noch einmal zur Verfügung gestellt. Ergebnis: „Ich kann auch jetzt keine Situation konkret beschreiben.“

Neun Verhandlungstage

Die Vorsitzende Richterin verliest daraufhin den Brief, den der Vogtlandkreis an das HSK-Jugendamt beim Umzug der Großfamilie ins Sauerland geschickt hat. Dem ist zu entnehmen, dass die Familie angeblich nicht in der Lage gewesen sei, dauerhaft in dem großen Haushalt für Ordnung und Sauberkeit zu sorgen. „Die Familie benötigt dauerhaft Anleitung und Unterstützung bei der Betreuung, Versorgung und Förderung der Kinder.“ Der Vater habe wenig mit dem Jugendamt kooperieren wollen; der Umgang der Mutter mit ihren Kindern wird als liebevoll beschrieben.

Urteil am 8. Dezember

Als weiterer Gutachter soll am 24. November Prof. Dr. Heymut Omran zu Worte kommen. Der Direktor der Universitätskinderklinik Münster hatte im ersten Prozess gegen die Mutter vor dem Medebacher Amtsgericht von einer möglichen Interaktionsstörung zwischen Mutter und Kind berichtet.

Für den 8. Dezember sind Plädoyers und Urteil vorgesehen. Wenn dieser Termin nicht eingehalten werden kann, kommt es bei einigen Prozessbeteiligten zur terminlichen Problemen.

Am 14. November wird der Prozess fortgesetzt. Aus ursprünglich vier Verhandlungstagen werden damit neun. In drei Wochen sollen dann zwei der vier ältesten Kinder gehört werden und die Mitarbeiterin des HSK-Jugendamtes ist geladen. Die Kinder werden der Mutter vermutlich keinen schlechten Leumund ausstellen; die Jugendamtsmitarbeiterin kann von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen.

Für den 24. November steht ein Mammut-Tag an: Zwei weitere Kinder und zwei Gutachter sollen dann zu Worte kommen. Der eine ist Dr. Thomas Schlömer, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, der die Angeklagte schon einmal untersucht hat und jetzt eine Nach-Exploration durchgeführt hat. Damals war er zu dem Schluss gekommen, dass die Mutter in ihrer Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nicht beeinträchtigt ist.

Folgen Sie der WP Altkreis Brilon auf facebook.