Eslohe-Reiste. Mit dem höherklassigen Fußball ist es für Jan Büsse vorbei. Die schlimme Leidensgeschichte des Eslohers – ein Blick zurück und nach vorn

Es geht nicht mehr. Zumindest nicht mehr im höherklassigen Amateurfußball. Und ob Jan Büsse überhaupt jemals wieder seiner großen sportlichen Passion, dem Fußball, wird nachgehen können – wer weiß das schon? „Ich kann mir aktuell leider nicht vorstellen, dass das mit Fußball noch mal etwas wird“, betont Büsse selbst im Gespräch mit dieser Zeitung. Der erst 23 Jahre alte Stürmer, der seine beste Zeit in der Jugend und bei den Senioren in der Bezirksliga 4 beim TuS Sundern erlebte, als ein riesengroßes Talent im Fußball-Sauerland galt, hat eine unfassbare Leidensgeschichte hinter sich. Schon mehrfach hatte der junge Kicker teils starke gesundheitliche Probleme.

Rückblick: Schon in jungen Jahren war Jan Büsse von einem lebensbedrohlichen Krankheitsbild betroffen. Wie berichtet, kollabierten beim Sauerländer, der aus Eslohe-Reiste stammt, im Alter von 17 und 18 Jahren mehrfach die Lungenflügel. Ausgelöst wurden die schlimmen Erfahrungen dabei stets durch einen Spontanpneumothorax. Bei diesem Krankheitsbild stehen beide oder ein Lungenflügel nicht oder nur noch eingeschränkt für die lebensnotwendige Atmung zur Verfügung.

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Mal waren die Folgen für Büsse drängender, mal lief alles vergleichsweise glimpflich ab. Am 22. August 2018 beispielsweise versagte der rechte Lungenflügel dem Fußballer zum dritten Mal den Dienst. Der Reister wachte mitten in der Nacht auf, weil er kaum Luft bekam. „Ich hatte richtig Panik. Das war die schlimmste Erfahrung“, so Büsse. Es ging direkt nach Münster, er wurde operiert und lag mehr als drei Wochen im Krankenhaus: „Ich hatte die Schnauze ziemlich voll.“ Leider ist der 1,93 Meter lange, dünne Schlaks wohl „prädestiniert“ für dieses Krankheitsbild, zumal Papa André, ebenfalls früher starker Fußballer im HSK, in diesem Alter Ähnliches erlebte.

TuS Sundern: Jan Büsse erlebt viele Tiefs, aber auch Hochs

Bei seinem Re-Start im Fußball war Jan Büsse anfangs gehemmt, arbeitete sich dann aber durch viel Training auf dem Platz und Lungentraining mit einem Atemgerät zurück. Auch sein Verein, der TuS Sundern, half dem Angreifer durch die schwere Zeit, sprach ihm Mut zu. In der „Bundesliga des Sauerlandes“ steuerte Büsse schon in seinem ersten Seniorenjahr Treffer bei, war stets anspielbereit, pfeilschnell und torgefährlich. Schnell rückte er in das Interesse höherklassig aktiver Vereine, konkret interessiert war auch der SC Neheim, doch zu einer Verpflichtung kam es nicht.

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Im Oktober 2021 dann aber verletzte sich Jan Büsse auf dem Sportplatz, konkret im Röhrtalstadion des TuS Sundern, schwer. Unter anderem brach er sich das Schien- und Wadenbein. Der Stürmer musste um die Fortsetzung seiner bis dato so hoffnungsvollen Karriere bangen. Fantastisch damals: die breite Unterstützung. Es gab Genesungswünsche des nächsten Sunderner Ligagegners, TuRa Freienohl, oder Aktionen seiner Mitspieler, die unter anderem mit seiner Rückennummer zum Warmmachen aufliefen. Das Fußball-Sauerland wünschte Büsse eine schnelle Rückkehr, die im März 2023, insgesamt 505 Tage nach der Horrorverletzung, gelang. Im Glücksgefühl nach seinem Comeback wünschte sich Jan Büsse damals, dass er „irgendwann wieder Startelf-Einsätze erhalte – und: verletzungsfrei bleibe“.

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Bundesliga des Sauerlandes

Leider kam es anders. Ganz anders. Richtig emotional wurde es am 14. Mai 2023. Büsses Klub, der TuS Sundern, krönte sich an diesem Tag zum Meister der „Bundesliga des Sauerlandes“ und Aufsteiger in die Landesliga. Der Stürmer aus Reiste aber erlebte die Feier wieder schwer verletzt: Beim 7:1 gegen den TuS Bremen hatte auch der Stürmer getroffen, sicher aber erneut verletzt. Ein Krankenwagen wurde gerufen, es folgte eine emotionale Ansprache von Basti Held, Ex-Kapitän des TuS Sundern. „Jan, das ist auch für dich“, rief er aus dem Halbkreis in Richtung Krankenwagen. Dort flossen auch Tränen. Die Teamgefährten applaudierten ihrem so beliebten Mitspieler, der sich in den seitdem vergangenen 14 Monaten von diesem Schicksalsschlag sportlich nicht mehr erholte.

TuS Sundern: Das sagt Trainer Fabio Granata

„Das ist tragisch und bitter“, sagt Fabio Granata, Büsses Coach beim TuS Sundern. Der langjährige Jugendtrainer von Arminia Bielefeld hebt neben dem großen sportlichen Verlust aber vor allem „die sozialen Aspekte“ hervor. Granata: „Stell‘ dir vor, du bist Anfang 20, und jemand sagt zu dir: Du kannst deinem Hobby nicht mehr nachgehen. Jan ist extrem ehrgeizig, holt immer das Beste aus sich heraus, ist extrem talentiert und wäre seinen Weg weitergegangen. Aber die menschliche Seite beschäftigt mich da noch viel mehr – und ihn sicher auch.“

Jan Büsse selbst ist froh, „dass ich wieder problemlos joggen kann, aber der Knochen ist noch nicht wirklich gut verheilt“. Er wolle es „niemals ausschließen, dass ich irgendwann noch mal anfangen möchte“ – doch die Realität, so bitter sie ist, sieht anders aus. Wobei: Angesichts der Kranheitsgeschichte dieses erst 23-jährigen Fußballers ist auch klar: Es gibt Wichtigeres als diesen Sport – auch für Jan Büsse.