Brilon/Berlin. Windräder müssen auch dort genehmigt werden, wo Kommunen und Bürger sie nicht wollen. So will das SPD-Bauministerium das nun ändern.
Vier Wochen nach der Unionsfraktion legt nun auch das SPD-geführte Bundesbauministerium einen Gesetzentwurf vor, mit dem ein Wildwuchs von neuen Windenergieanlagen verhindert werden soll. Der ungezügelte Zubau von Windrädern droht wegen einer Regelungslücke in der Gesetzgebung: Im vergangenen September hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster entschieden, dass das Land NRW Genehmigungsverfahren für neue Windräder, die nicht in den von der Regionalplanung dafür vorgesehenen Gebieten liegen, nicht für ein Jahr aussetzen darf. Das widerspreche dem Bundesrecht, so das OVG. Investoren dürfen also Anlagen auch in Bereichen beantragen, in denen weder Kommunen noch Bevölkerung sie sehen wollen. Allein im Sauerland geht es um eine dreistellige Zahl von Windrädern, in ganz NRW sollen es etwa eintausend sein.
Seit der OVG-Entscheidung schieben sich sowohl Land und Bund als auch Union und SPD gegenseitig die Verantwortung für die Regelungslücke zu.
Dirk Wiese: Wir brauchen eine rechtssichere Lösung
Jetzt schlägt das SPD-geführte Bauministerium eine Änderung des Baugesetzbuches vor, das in Paragraf 245e den Ausbau der Windenergie an Land regelt. Der Entwurf liegt der WESTFALENPOST vor. Ein Jura-Studium ist hilfreich, um die komplizierte Materie zu verstehen. „Wir brauchen eine rechtssichere Lösung“, sagt Dirk Wiese, SPD-Fraktionsvize aus Brilon. Nur so lasse sich verhindern, dass Investoren erneut gegen die Regelungen klagen, so wie sie es in NRW erfolgreich getan haben.
Ziel sei es, durch Planungsrecht sicherzustellen, dass ein bestimmter Prozentsatz der Landesflächen für Windenergie ausgewiesen wird, während gleichzeitig die Außenbereichsprivilegierung außerhalb dieser Gebiete entfällt, sagt der SPD-Politiker. Demnach sollen Gemeinden und Länder die Möglichkeit erhalten, Bauanträge für Windenergieanlagen zu untersagen, wenn sie außerhalb der in den Regionalplänen dafür vorgesehenen Gebieten installiert werden sollen. Landesrechtliche Regelungen zur Untersagung oder Zurückstellung von Windenergieprojekten sollen trotz der neuen bundesrechtlichen Instrumente bestehen bleiben.
Repowering-Projekte, also der Austausch bestehender Anlagen durch leistungsstärkere, sollen von diesen Einschränkungen ausgenommen werden. Befristet ist die Regelung bis zum Ende des Jahres 2027. Dann müssen die Bundesländer eine vom Bund festgelegte Fläche für Windenergieanlagen ausgewiesen haben. Der Regionalplan im Regierungsbezirk Arnsberg soll bereits im März gültig werden; NRW möchte die Flächenziele schon 2025 erreichen.
Mit dem Florett oder mit dem Vorschlaghammer?
„Die Änderungen zielen darauf ab, die Planungs- und Genehmigungsverfahren für Windenergieprojekte rechtssicher, transparent und effizient zu gestalten“, sagt Wiese. Anträge, die vor der Einleitung der Öffentlichkeitsbeteiligung vollständig eingereicht wurden, müssten allerdings auch weiterhin in den Außenbereichen genehmigt werden, da sich Baurecht nicht rückgängig machen lasse. Der Entwurf des Bauministeriums sei eine Lösung mit dem Florett, während die Union das Problem mit dem Vorschlaghammer angehe, so Wiese. Die Regelungslücke müsse geschlossen werden, „ohne den Ausbau der Windenergie komplett zum Erliegen zu bringen“.
Derzeit liefen die Verhandlungen zwischen Union und SPD sowie den Grünen über die beiden Gesetzentwürfe. Eine Entscheidung könnte der Bundestag Ende Januar in der vorletzten Sitzungswoche vor den Neuwahlen treffen. „Ich hoffe, dass die Union sich bewegt und wir gemeinsam zu einer Lösung kommen“, sagt Wiese.
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