Hagen/Koblenz. Zwölfjährige aus Freudenberg war von zwei Mitschülerinnen getötet worden. Die Angehörigen sind mit einer Klage vor Gericht gezogen.
Im Fall der getöteten zwölfjährigen Luise aus Freudenberg, die im März 2023 von zwei etwa gleichaltrigen Mitschülerinnen erstochen worden war, ist die Entscheidung ein Stück näher gerückt, ob es zu einer Verhandlung vor dem Landgericht Koblenz kommt. Zwei Gutachten, die die Auswirkungen der schockierenden Tat auf die Eltern und die minderjährige Schwester von Luise untersuchen sollen, liegen inzwischen vor. Das hat das Landgericht Koblenz auf Anfrage der WESTFALENPOST bestätigt.
„Die Gutachten müssen nun von der Kammer gesichtet werden. Danach werden sie in der Regel an die Prozessbeteiligten gegeben mit der Gelegenheit zur Stellungnahme. Gegebenenfalls werden die Gutachten ergänzt. Dann entscheidet die Kammer, ob es zur mündlichen Verhandlung kommt oder ob vorher noch weitere Beweise eingeholt werden müssen“, erklärte ein Gerichtssprecher. Allein die Frist für die Stellungnahme zu den Gutachten durch Kläger und Beklagte betrage üblicherweise drei Wochen.
Im November 2023 reichten die Hinterbliebenen die Zivilklage ein
Luises Eltern und Schwester hatten im November 2023 Zivilklage beim zuständigen Landgericht Koblenz eingereicht. Sie verklagen die beiden Täterinnen. Diese hatten die Tat zwar grundsätzlich eingeräumt, waren strafrechtlich aber nicht für die Tötung von Luise zur Verantwortung gezogen worden, da sie zum Tatzeitpunkt noch keine 14 Jahre alt und damit strafunmündig waren.
Laut Klageschrift beträgt der Streitwert 162.000 Euro. Die Kläger hatten die Höhe eines Schmerzens- und Hinterbliebenengelds in das Ermessen des Landgerichts gestellt. Der Anwalt der Familie hält aber unter anderem ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 50.000 Euro für die Eltern (als Erben von Luise) sowie ein Hinterbliebenengeld in Höhe von jeweils mindestens 30.000 Euro pro Kläger für angemessen.
Dauer des Leidens von Luise wird bezweifelt
Die beiden Täterinnen (heute 14 und 15) hatten Luise am 11. März 2023 in ein Waldstück in Freudenberg-Hohenhain im Grenzgebiet zwischen Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz gelockt und dort erstochen. Laut Klageschrift der Hinterbliebenen dürfte es 72 Minuten gedauert haben, bis die beiden Täterinnen Luise 74 Stiche zugefügt hatten, denn für die genannte Dauer – eine Stunde und zwölf Minuten – soll das Smartphone der jüngeren Täterin ein GPS-Signal vom Tatort gesendet haben.
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Luises Hinterbliebene hatten in der Zivilklage Auswirkungen der fatalen Tat auf sich dargelegt und von den Täterinnen dafür eine Entschädigung gefordert. Laut einer früheren Auskunft des Landgerichts Koblenz bestreitet jedoch die jüngere Täterin (beziehungsweise ihr Anwalt) das Ausmaß des Leidens der getöteten Luise und der Familie des Opfers. Die jüngere Täterin habe im Rahmen einer beantragten Klageabweisung zwar „unstreitig gestellt“, zusammen mit der zweiten Beklagten an der Tötung von Luise beteiligt gewesen zu sein. Bestritten werde jedoch unter anderem „die von den Klägern vorgetragene Dauer des Leidens von Luise“. Auch würden andere Rechtsauffassungen bezüglich der Höhe eines angemessenen Schmerzens- und Hinterbliebenengeldes geäußert, so das Landgericht.
Die zuständige 1. Zivilkammer hatte daher im Frühjahr die Einholung von medizinischen Gutachten durch Experten aus den Bereichen (Jugend-)Psychiatrie und Psychotherapie angeordnet: eines über die Eltern von Luise, ein zweites über die minderjährige Schwester. Die Gutachten sollen die Frage klären, ob und in welcher Höhe ein Hinterbliebenengeld gerechtfertigt ist. Weder der Anwalt der Familie noch der Anwalt der einen Täterin haben auf eine aktuelle Anfrage der WP reagiert. Der Kreis Siegen-Wittgenstein, dessen Jugendamt die Vormundschaft der anderen Täterin hat, will sich auf Anfrage nicht äußern.
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